Argentiniens Aktienmarkt haussiert

Hauptindex Merval seit Jahresbeginn um 15 Prozent gestiegen - Emerging-Market-Status in Aussicht

Argentiniens Aktienmarkt haussiert

Argentiniens Aktienmarkt erlebt einen fulminanten Aufschwung. Nachdem der Hauptindex Merval 2016 um 41 % geklettert ist, sind in den ersten Wochen des neuen Jahres weitere 15 % hinzugekommen. Das Land kann sich Hoffnungen machen, bald vom Frontier-Market- in den Emerging-Market-Status aufzusteigen.Von Andreas Fink, Buenos AiresAmerikas Süden blickt dieser Tage bange ins wintergraue Washington. Wie wird “el efecto Trump” die Pläne von Politikern, Wirtschaftsführern und auch Anlegern beeinflussen? Als sicher gilt, dass eine Abänderung des nordamerikanischen Freihandelsabkommens Mexiko schwer treffen wird, dessen Wirtschaft nach 24 Jahren Nafta eng mit den Vereinigten Staaten verflochten ist. Aber auch der Rest der Hemisphäre muss sich in diesem Jahr auf turbulente Kapitalmärkte, schwankende Währungskurse und volatile Rohstoffpreise einstellen. Allgemein erwarten die Marktbeobachter ein bewegtes Jahr, dessen Ausschläge durchaus auch positiv ausfallen können, ganz besonders im tiefen Süden Amerikas. Finanzierung für 2017 stehtVorige Woche kam etwa Argentiniens Finanzminister Luis Caputo mit guten Nachrichten aus New York zurück. In der Woche vor dem Stabwechsel in Washington konnte er die Finanzierung seines Landes für 2017 weitgehend unter Dach und Fach bringen. Banken liehen dem Land 6 Mrd. Dollar, und zusätzlich konnte Caputo Anleihen für 7 Mrd. Dollar platzieren, zu besseren Zinssätzen als im Vorjahr. Die fünfjährigen Anleihen (3,25 Mrd. Dollar) kosten Argentinien 5,62 % und die zehnjährigen (3,75 Mrd. Dollar) 7 %. “So konnten wir der Ungewissheit eines Trump-Effekts rechtzeitig vorbauen”, verkündete der zu Jahresbeginn vom Staatssekretär zum Minister aufgerückte Caputo. Der frühere Chef von Deutsche Bank Argentina hätte auf dem Anleihemarkt bis zu 22 Mrd. Dollar aufnehmen können, doch sei das nicht nötig gewesen. Vorläufig werde es keine neuen Emissionen geben. Rückläufige InflationDer Ansturm der Kreditgeber hat mehrere Ursprünge. Die Inflation, die im Gesamtjahr 2016 bei mehr als 40 % lag, hat zuletzt deutlich nachgelassen. Mit einem deutlichen Akzent auf die Fiskalpolitik visieren Regierung und Zentralbank eine Teuerung von 17 % an. Weil aber Energie- und Verkehrstarife auch dieses Jahr wieder angehoben werden müssen, um das Budgetdefizit wie geplant auf 4,8 % zu senken, kalkulieren die meisten Marktbeobachter mit Werten um die 20 %. Nach einem Rückgang der Wirtschaftsleistung im Übergangsjahr 2016 werde Argentiniens Wirtschaft 2017 um 2,7 % wachsen, prognostizierte der IWF vorige Woche.Vor den Parlamentswahlen im Oktober dürfte eine staatliche Infrastrukturoffensive die Bauwirtschaft ebenso anfachen wie private Aufträge. Nach langer Flaute bieten die Banken wieder Baukredite an. Deren Vergabe ist binnen weniger Monate um 380 % hochgeschnellt. Im Rahmen der erfolgreichsten Steueramnestie aller Zeiten konnte die Regierung schon mehr als 100 Mrd. Dollar Auslandsvermögen repatriieren, dadurch kamen über 5 Mrd. Dollar Steuern in die Staatskasse. Weil diese Maßnahme noch bis März laufen soll, dürfte noch ein Nachschlag folgen. Danach beginnt die Erntesaison, und auch diese soll Rekorde bringen, nachdem die Regierung gleich nach der Wahl 2015 die Exportsteuern auf Mais und Weizen aufhob und jene auf Soja reduziert hat. Hochstufung möglichSo erklärt sich, warum die Börse von Buenos Aires just im Ferienmonat Januar zu großer Form auflief. Bereits um 15 % hat der Merval-Index seit Jahresanfang zugelegt, nachdem er im Vorjahr schon um 41 % gestiegen war. Doch auch kurz vor der magischen 20 000-Punkte-Marke spüren viele noch erheblich Luft nach oben. Es häufen sich die Anzeichen, dass Argentinien vom Frontier-Market- auf Emerging Market-Status hochgestuft werden könnte. Das könnte eine neue Investitionswelle auslösen, denn viele Fonds dürfen ihnen anvertraute Gelder nicht in Frontier”-Staaten anlegen, in Emerging Markets jedoch schon.Finanzmedien in Buenos Aires berichten, dass J.P. Morgan im Februar drei argentinische Peso-Bonds in ihren GBI-EM-Index aufnehmen werde. Das wiederum könne bewirken, dass einige Passivfonds diese Papiere in ihr Portefeuille aufnehmen, was eine Nachfrage von bis zu 4 Mrd. Dollar auslösen könnte. Wertsteigerungen hier könnten wiederum andere Peso-Papiere nach oben mitziehen. Morgan Stanley optimistischWährend die Argentinier, die durch die enormen Preisanstiege bei Lebensmitteln, Energie und Dienstleistungen deutliche Reallohnverluste hinnehmen mussten, auf ein etwas besseres Jahr hoffen, prophezeien die Analysten von Morgan Stanley (MS) eine gleichsam goldene Zukunft am Aktienmarkt des Landes. In den kommenden fünf Jahren könnten Argentinien-Anlagen im Idealfall in Dollar gerechnet um bis zu 258 % steigen, kalkulierte das Bankhaus. Für sehr wahrscheinlich halten die MS-Prognostiker einen Fünfjahresertrag von 133 %. Im schlechtesten Fall wären allenfalls Verluste von 18 % zu befürchten. Die Ausweitung von Argentiniens bislang eher bescheidenem Kapitalmarkt könnte in den kommenden Jahren Finanz- und Direktinvestitionen von 230 Mrd. Dollar generieren, das entspricht etwa 8 % des BIP. “Die Reise hat erst begonnen und es ist noch längst nicht zu spät, argentinische Aktien zu kaufen”, heiß es in einer Studie des US-Hauses.