Assekuranz lehnt Haftung für Folgekosten des Coronavirus ab
mic/rec/arp/swa/ck/md Frankfurt – Die deutsche Wirtschaft kann die Kosten für Betriebsschließungen infolge der Corona-Epidemie nicht auf die Assekuranz abwälzen. Dieser Ansicht sind der Rückversicherer Munich Re und der Erstversicherer Allianz. “Betriebsunterbrechung ist im Grundsatz weltweit nicht gedeckt, wenn nicht ein versicherter Sachschaden vorausgeht”, sagte Munich-Re-Vorstand Torsten Jeworrek. Wenn die Ursache nicht ein echter Sachschaden sei, greife die Versicherung nicht, sagte auch Allianz-Finanzvorstand Giulio Terzariol.Diese Sicht wird unter den Dax-Konzernen nicht durchgängig geteilt. Es gebe Überlegungen, sich auf höhere Gewalt (“Force majeure”) zu berufen, hieß es in der Vorstandsetage eines Multis. Jedoch habe man diesen Schritt noch nicht getan.Hilfe erhalten die Unternehmen von der Bundesagentur für Arbeit. Sie erklärte am Freitag, dass auch bei Produktionseinschränkungen durch fehlende Lieferungen Anspruch auf Kurzarbeitergeld bestehe. Diese Situation falle unter ein unabwendbares Ereignis. Ein solches stelle auch eine Betriebsschließung wegen staatlicher Schutzmaßnahmen dar.Die Versicherungswirtschaft erwartet Schäden in anderen Bereichen als der Betriebsunterbrechung. “Das Coronavirus kann Bedeutung haben für Erst- und Rückversicherer”, betonte Jeworrek in der Bilanzpressekonferenz des Rückversicherers. Beim Ausfall von Veranstaltungen könnten Kunden eine Entschädigung erhalten. Doch hänge dies im Einzelfall davon ab, ob die Police dies einschließe. Er wollte nicht offenlegen, ob dies bei der Versicherung der Munich Re für die Olympischen Sommerspiele in Tokio der Fall ist. Außerdem biete die Munich Re Entschädigungen in der Lebens- und Krankenversicherung, sagte Jeworrek. Der Vorstand erwartet jedoch keine größeren finanziellen Belastungen für den Rückversicherer: “Bevor es materiell wird, muss es in die Hundertausende Tote weltweit gehen.”Auch die Bundesbank zeigt sich beunruhigt. Das Coronavirus sei ein neuer Risikofaktor, der sich “zum Teil auch materialisieren dürfte”, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann bei der Vorstellung des Jahresberichts der Notenbank. Beziffern lasse sich der Schaden bislang kaum. Aufgrund vorangegangener Erfahrungen rechne man mit einer “Gegenbewegung” im zweiten Halbjahr. “Insgesamt”, so erklärt Weidmann, “könnte das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr in Deutschland etwas geringer ausfallen, als unsere Experten im Dezember vorausgeschätzt hatten”. Seinerzeit prognostizierten die Bundesbank-Ökonomen, dass die hiesige Wirtschaft 2020 kalenderbereinigt um 0,6 % zulegt. BASF hält China die TreueDerweil geht die Deutsche Bank davon aus, dass das Coronavirus Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Rezession und die Euro-Währungsunion an den Rand einer solchen bringe. Dies würde dann auch die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank zu weiteren Zinssenkungen veranlassen. Chefvolkswirt David Folkerts-Landau hält die offiziellen Daten aus dem Iran und China für wenig valide und geht von höheren Zahlen und damit auch gravierenderen wirtschaftlichen Folgen aus.Der weltgrößte Chemiekonzern BASF hat ungeachtet der Corona-Krise ein klares Bekenntnis zum chinesischen Markt abgegeben und die strategische Bedeutung der Region hervorgehoben. Das Unternehmen rechnet auch mit wirtschaftlichen Belastungen nach der Ausbreitung des Virus und erwartet nicht, dass die Corona-Effekte im Jahresverlauf vollständig ausgeglichen werden können, auch wenn sich die Situation in der zweiten Jahreshälfte weltweit wieder stabilisieren würde.BASF-Chef Martin Brudermüller bekräftigt die Investitionspläne in China. Für den Aufbau eines integrierten Produktionsstandorts in der südchinesischen Provinz Guangdong hat der Konzern bis 2030 rund 10 Mrd. Dollar vorgesehen. “Wer auf dem Weltmarkt wachsen will, muss am Wachstum Chinas teilhaben”, sagt Brudermüller. In der aktuellen Lage habe BASF die bestehenden Kapazitäten in China seit 17. Februar wieder anlaufen lassen. Man habe abhängig vom Kundenkreis unterschiedliche Produktionsniveaus erreicht. Besonders schwierig gestalte sich aktuell die Belieferung über die Provinzgrenzen hinaus.Die Deutsche Post DHL teilte mit, dass das Coronavirus bzw. die Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Eindämmung der Seuche bislang deutlichere Effekte für die Bereiche DHL Global Forwarding und DHL Express gehabt hätten; die Geschäfte liegen hier im grenzüberschreitenden Güterverkehr. Konzernweit belaufen sich die negativen Ergebnisauswirkungen der Corona-Krise den Angaben zufolge im Februar auf etwa 60 Mill. bis 70 Mill. Euro. Die Belastungen seien ganz überwiegend in China und Teilen Asiens entstanden, sagte Finanzvorstand Melanie Kreis in einer Telefonkonferenz. Sollte sich die weltwirtschaftliche Situation normalisieren, könnten sich für Logistikunternehmen positive Effekte ergeben, so Kreis. Anders als in der Passagierluftfahrt könne es hier zu Nachholeffekten kommen.Die Aktienmärkte gaben auch am Freitag stark nach. Der Dax fiel bis auf 11 724 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit dem 29. August 2019. Zuletzt lag er mit einem Verlust von 3,9 % bei 11 890 Zählern. Damit hat der Dax mit einer Einbuße von nahezu 13 % seine schwächste Woche seit der Weltfinanzkrise 2008 hingelegt. Zu den wenigen Gewinnern zählten Drägerwerk. Getrieben von der hohen Nachfrage nach Atemschutzmasken legte der Titel um bis zu 20 % zu. Die Flucht der Anleger in Sicherheit stützte erneut die Bundesanleihen. Die zehnjährige Bundrendite sank bis auf ein Fünfmonatstief von -0,63 %. – Nebenstehender Marktplatz Berichte Seiten 3, 5, 7, 8, 13 und 20 Wertberichtigt Seite 6 Interview Seite 13