Australien ächzt unter seiner starken Währung

Zentralbank lässt den Leitzins unverändert - Schwache Entwicklung am Aktienmarkt - Bauindustrie legt zu

Australien ächzt unter seiner starken Währung

Von Alexander Hofmann, SydneyDie australische Zentralbank hat die Märkte am Dienstag mit der Aussicht auf weitere Zinssenkungen auf Trab gehalten, die Referenzgröße aber zunächst unverändert bei 2,75 % gelassen. Das sei momentan angemessen, verkündeten die Währungshüter der Reserve Bank of Australia (RBA) nach ihrer monatlichen Sitzung. Der Vorstand sei der Meinung, die Vorhersagen für Inflation ließen “Spielraum für weitere Senkungen”.Seit Anfang 2012 hat die RBA den Leitzins um zwei volle Prozentpunkte auf den niedrigsten Stand in mehr als 50 Jahren gesenkt, um die nachlassende Aktivität im Bergbausektor zu kontern. Zudem ist die RBA über die Stärke des austr. Dollar besorgt. Die Valuta habe sich zwar seit dem jüngsten Vorstandstreffen vor einem Monat abgeschwächt, aber sie bliebe “immer noch hoch, wenn man den Rückgang der Exportpreise während der vergangenen anderthalb Jahre berücksichtigt”.Daraufhin gab der Aussie nach. Gegenüber dem Euro verlor er 1 %, zum Greenback büßte er 0,9 % ein und kostete damit 0,9683 Dollar. Vor der Zinssenkung wurde der Aussie noch mit mehr als 1,05 Dollar gehandelt.Der Wirtschaftswissenschaftler Professor Ross Garnaut hält den einheimischen Dollar aber immer noch für überbewertet. Er glaubt, dass erst ein Fall auf rund 70 Cent den benötigten Impetus gäbe, um die Wirtschaft von ihrer Rohstoffbasis hin zu Dienstleistungen, zum verarbeitenden Gewerbe und zum Tourismus zu orientieren. Hohe ProduktionskostenIn der jüngeren Vergangenheit haben mehr und mehr Unternehmen die hohen Kosten in Australien beklagt. Einen großen Schock löste jüngst die Ankündigung der Einstellung der Produktion von Ford Australia in drei Jahren aus. Ein Unternehmenssprecher erklärte, die Produktionskosten in Australien seien doppelt so hoch wie in Europa und vier Mal höher als in Asien. Bedeutender ist aber, dass die großen Bergbauunternehmen etliche Expansionspläne auf Eis gelegt haben, weil sowohl Preise als auch Nachfrage gesunken sind.Die australische Börse ist in den vergangenen Wochen deutlich abgesackt. Seit Mitte Mai ist der Leitindex S & P ASX 200 von mehr als 5 200 Punkten unter 4 800 abgerutscht. Das sind nur knapp 200 Punkte mehr als zu Jahresbeginn. Wenn man sich die verschiedenen Wirtschaftszweige ansieht, wird deutlich, wohin die Reise geht. Der Metall- und Bergbauindex XMM ging seit Jahresbeginn von 3 734 auf 3 101 Punkte zurück. Kein Wunder, Eisenerz ist seit Februar um 30 % abgesackt, und die Nachfrage aus China lässt nach.Gleichzeitig stieg der Finanzindex XFJ von 4 791 auf 5 348 Punkte. Dafür sind vor allem die Großbanken verantwortlich, Branchenführer Commonwealth Bank of Australia (CBA) kletterte von 62,72 auf 66,92 austr. Dollar, Westpac Banking Corporation von 26,2 auf 29 austr. Dollar, die National Australia Bank (NAB) von 25,1 auf 29,3 austr. Dollar und die Australia and New Zealand Banking Group (ANZ) von 25,09 auf 27,85 austr. Dollar. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum sanken die Aktien des weltgrößten Bergbaukonzerns BHP Billiton von 37,84 auf 34,09 austr. Dollar, Konkurrent, Rio Tinto schnitt mit einem Rückgang von 67,62 auf 53,8 austr. Dollar noch schlechter ab.Der starke Rückgang der Börse wird von Experten vor allem auf den gesunkenen Dollar und die fallenden Zinsen zurückgeführt. Vor allem Geld aus dem Ausland hatte die Kurse zu Jahresbeginn in die Höhe getrieben, weil die Gewinne in Australien höher waren als in der westlichen Welt. Nach Schätzungen von Fachleuten lag der Anteil der Ausländer am Aktienmarkt Australiens mehr als 10 % über dem langjährigen Durchschnitt.Zweites Problem ist der Rückgang des Wirtschaftswachstums in China, dem Hauptabnehmer australischer Rohstoffe. Aber auch der einheimische Konsum bleibt schwach. Nach Einschätzung von Ökonomen sind die Konsumenten immer noch damit beschäftigt, Schulden abzutragen, anstatt ihr Geld in die Geschäfte zu tragen. Ein Lichtblick ist die Bauindustrie. Zwar sind die Aktivitäten immer noch schwach, Häuserverkäufe haben aber deutlich zugenommen.