Autozulieferer vor harten Zeiten

UBS erwartet wegen Wandel in der Branche sinkende Umsätze und Margen für viele Unternehmen

Autozulieferer vor harten Zeiten

Die Autobranche inklusive der Zulieferer steht vor großen Umbrüchen, viele Komponenten werden in Zukunft nicht mehr benötigt. Der UBS zufolge sind auch solche Unternehmen nicht auf der sicheren Seite, die Bauteile für Elektroautos oder das autonome Fahren produzieren.amb Frankfurt – Der Trend hin zu Elektromobilität und autonomem Fahren, nachlassende Wachstumsraten in der Autobranche und dann auch noch neue Konkurrenz: Für die Autozulieferer stehen nach Ansicht der UBS schwierige Zeiten an. Die Schweizer Bank, die in einer Studie die Branche unter die Lupe genommen hat, geht davon aus, dass der Markt für die meisten Komponenten schrumpfen wird und viele Unternehmen unter Druck geraten werden. Zum Kauf rät sie in Europa bei Autoliv, Hella, Valeo und Michelin, in den USA bei Dana, Lear, BorgWarner, Tenneco und Adient. Continental stuft sie nur auf “Neutral”, Veoneer, Leoni, Schaeffler und Faurecia sogar auf “Sell”. 1 Bill. Dollar VolumenDer Markt für Autobauteile ist riesig, die Analysten schätzen ihn auf weltweit 1 Bill. Dollar. “Allerdings gibt es mindestens 30 wichtige Gruppen, mit deutlich abweichenden Wachstumstrends und Wettbewerbsumfeldern”, heißt es in der Studie. Zuletzt hat die Branche von zwei Faktoren profitiert, wie die UBS erläutert: von einer stark steigenden Autoproduktion mit Wachstumsraten von 3 % p.a. seit dem Jahr 2000, getrieben vor allem durch China, und von der steigenden Zahl der Bauteile pro Auto. Für die kommenden zehn Jahren prognostiziert die Bank wegen der nachlassenden Dynamik in China nun allerdings nur noch ein Wachstum der Autoproduktion von 1,2 % im Jahr kombiniert mit einer schrumpfenden Nachfrage nach vielen Komponenten. Unterschiedliche AussichtenUm die Aussichten für die unterschiedlichen Segmente und Produkte zu ermitteln, hat die Bank ein interaktives Modell entwickelt mit variierbaren Einflussgrößen. In ihrem Basisszenario geht sie von einem Wachstum der globalen Autoproduktion von durchschnittlich 1,2 % in den kommenden zehn Jahren aus, einem Anteil der batteriebetriebenen Fahrzeuge am Gesamtmarkt von 17 %, einem Anstieg der Rohstoffpreise um 1 % im Jahr, einem Anteil autonomer Fahrzeuge mit mindestens Level-2-Automatisierung (mit z. B. automatischem Einparken und Spurhalten) sowie durchschnittlichen Preisrückgängen für die Bauteile von 2,5 % im Jahr. Steigende KostenIm Ergebnis rechnen die Analysen damit, dass die Kosten für die Bauteile pro Fahrzeug (Component Content per Vehicle/CPV) noch um 1 365 auf 15 110 Dollar steigen, davon aber allein 300 Dollar auf den Anstieg der Rohstoffpreise und 1 040 Dollar auf Batteriezellen entfallen werden. “Netto bleibt für die traditionellen Zulieferer fast nichts übrig”, resümieren sie. Wachstum prognostizieren sie lediglich noch für Bauteile für das autonome Fahren und die Cockpit-Elektronik sowie Komponenten für den Batterieantrieb (ex Batterien selbst). Interaktives ModellDer Markt für alle anderen Bauteile werde hingegen schrumpfen, also etwa für Komponenten der Innen- und Außenausstattung sowie für Verbrennungs- und Hybridmotoren. “Unser interaktives Modell prognostiziert, dass sich der Markt für Bauteile von Verbrennungsmotoren und Innenausstattung in den kommenden zehn Jahren schlechter entwickeln wird als die weltweite Automobilproduktion. Um auf eine Outperformance zu kommen, müssen Lieferanten in diesen Segmenten Marktanteile dazugewinnen”, heißt es in der Studie. Schlecht positionierte Zulieferer seien in Zukunft mit rückläufigen Umsätzen und niedrigeren Gewinnmargen konfrontiert.Doch auch die Anbieter in wachstumsstarken Bereichen wie Elektronikteile und Komponenten für den Batterieantrieb sind laut Studie nicht unbedingt auf der sicheren Seite. Hier sieht die UBS große Risiken durch ein Insourcing der Autobauer: Bezüglich der Elektronikteile verweisen sie auf die hohen Investitionen der Autokonzerne in autonomes Fahren und das Ziel, die Software zum großen Teil selbst zu entwickeln. Auch bei Bauteilen für den Batterieantrieb sei die Maxime, diese “inhouse” zu produzieren. Ein großes Thema sind laut Studie auch die Arbeitsplätze: Sollen diese nicht im großen Stil wegfallen, müssten die Autobauer ihre Angestellten in anderen Bereichen unterbringen – schlechte Nachrichten für die Zulieferer also. Viel KonkurrenzNicht zuletzt rechnet die Bank mit viel Konkurrenz in diesem Bereich durch große Technologieunternehmen wie Google oder auch durch kleine Start-ups. Auf der anderen Seite stehen laut Studie nicht alle Anbieter von Komponenten für Autos mit Verbrennungsmotoren auf der Verliererseite. Zukunftsträchtig seien etwa die Bereiche Emissionstechnik, Turbolader oder die kraftstoffsenkenden 48-Volt-Systeme, die gebraucht würden, um die steigenden Anforderungen hinsichtlich sparsamen Verbrauchs und geringerer Emissionen zu erfüllen. Andere Branchen bevorzugtGenerell kommt die Autozuliefererbranche bei der Schweizer Bank nicht gut an. Sie bevorzugt Technologiezulieferer für andere Branchen. Favoriten unter den Autozulieferern sind Autoliv, Hella und Valeo in Europa und BorgWarner und Tenneco in den USA, die alle auf “Buy” gesetzt werden. Kursziele werden keine genannt. Gute MarktpositionSo profitiere der schwedisch-amerikanische Sicherheitstechnikspezialist Autoliv von seiner ziemlich guten Marktposition, auch wenn sich das Wachstum im Segment passive Sicherheit abschwächen werde. Hella als Lichtspezialist werde die zunehmende Marktdurchdringung von LED-Beleuchtung zugutekommen. Außerdem gebe es in diesem Segment vergleichsweise wenige Player.Ebenfalls auf “Buy” setzt die UBS den französischen Reifenhersteller Michelin. In den USA sehen die Analysten BorgWarner als Profiteur des Geschäfts mit Turboladern, die in immer mehr Verbrennungsmotoren zum Einsatz kämen. Tenneco punkte mit seinem Know-how in der Abgastechnik. Außerdem auf “Buy” gestuft werden die Autozulieferer Dana und Lear.Für Continental lautet das Votum hingegen nur “Neutral”. Die UBS hält den Konzern zwar für gut positioniert für das Wachstum im Bereich Elektronik, die Analysten sehen aber Risiken aufgrund der Aufstellung für Komponenten für das autonome Fahren. Sogar auf “Sell” setzen sie Veoneer, das Elektronik-Spin-off von Autoliv. Begründet wird das mit dem fragmentierten Markt, dem Insourcing der Autobauer und neuen Wettbewerbern im Elektronikbereich. Autoliv hatte im Sommer 2018 den Geschäftsbereich Electronics ausgegliedert, um sich auf Sicherheitstechnik zu konzentrieren.Auch für den Nürnberger Anbieter von Kabeln und Bordnetzsystemen Leoni lautet das Votum der UBS “Sell”, ebenso für Schaeffler aus Herzogenaurach und Faurecia aus Frankreich.