Bei Ölkonzernen differenzieren
Der Ölpreis wird nach Ansicht von J.P. Morgan zwar wieder fallen. Die Ölkonzerne könnten damit aber mittlerweile ganz gut leben, heißt es in einer Studie der US-Bank. Die UBS rechnet unterdessen mit einer Seitwärtsbewegung im Ölpreis und sieht Aufwärtspotenzial von 10 % für die Ölaktien.amb Frankfurt – Nach schwierigen Jahren hat sich Ölindustrie mittlerweile gesundgeschrumpft. So eröffnen sich Analysten zufolge Chancen für Ölaktien. “Der langfristige Ausblick für den Sektor ist intakt”, heißt es in einer Studie von J.P. Morgan. Die Zeiten des Schuldenabbaus, niedriger Investitionen und der Bemühungen, Projekte profitabel zu machen, seien vorbei, nun müssten die Unternehmen offensiver vorgehen. Wichtig seien höhere Cash-flows und Ausschüttungen. Gut aufgestellt sind der Bank zufolge Royal Dutch Shell, BP und Galp, die alle mit “Overweight” eingestuft werden. Auf “Underweight” gesetzt werden hingegen Total, Eni, Repsol und OMV. Auch die UBS hat in einer Studie die Ölkonzerne untersucht. Sie weist ebenfalls darauf hin, dass die Restrukturierung in der Branche mehr oder weniger abgeschlossen ist. Nun seien Ausschüttungen, Schuldenreduzierung und die Ausgabenpolitik der Unternehmen entscheidend. Insgesamt sind die Analysten der Schweizer Bank aber positiver, sie nennen ein Aufwärtspotenzial für die integrierten Ölkonzerne von durchschnittlich 10 %. Sie gehen nämlich davon aus, dass der “sweet spot” für die Branche erreicht ist: Der Ölpreis habe sich erholt, das Downstream-Geschäft laufe gut und die Ausgaben seien unter Kontrolle. Ein Favorit der UBS ist – wie bei J.P. Morgan – Royal Dutch Shell. Favorit Nummer 2 ist Eni. Geraten wird aber auch noch zu MOL, BP, Statoil und Total. Mit “Neutral” eingestuft werden nur Galp, Repsol und OMV, Verkaufsempfehlungen gibt es unter den integrierten Ölkonzernen keine.Die Aktien der europäischen Ölkonzerne haben sich nach einer weit überdurchschnittlichen Performance 2016 in diesem Jahr eher schlecht entwickelt: Bis Ende November verzeichnete die Branche – gemessen am MSCI Europe Energy Index – ein Kursplus von 2,7 % gegenüber 9,4 % beim MSCI Europe. Allerdings verbergen sich dahinter sehr unterschiedliche Entwicklungen: Deutlichen Kursgewinnen von OMV und Neste steht zum Beispiel nur ein kleines Plus bei Eni gegenüber.Der Ölpreis, der im Januar 2016 auf unter 30 US-Dollar je Barrel Brent gefallen war, ist nach einem deutlichen Anstieg im vergangenen Jahr und einem Rücksetzer in der ersten Jahreshälfte 2017 in der zweiten Jahreshälfte wieder gestiegen. Aktuell wird das Barrel Brent zu 64,25 US-Dollar gehandelt. Eine weitere Erholung des Ölpreises erwartet J.P. Morgan nicht – im Gegenteil. Die US-Bank prognostiziert Preise von durchschnittlich 55 US-Dollar je Barrel bis 2020 bzw. mittelfristig Schwankungen zwischen 40 bis 60 US-Dollar. Begründet wird das mit den Kapazitäten der US-Fracking-Industrie und den vor allem an Marktanteilen interessierten Opec-Ländern. Die UBS ist etwas optimistischer und erwartet für das kommende Jahr einen Ölpreis um 60 US-Dollar, wobei auch hier mit einem großen Einfluss der US-Fracking-Aktivitäten gerechnet wird. Break-even-Point wird fallenZu den Favoriten von J.P. Morgan gehört der britisch-niederländische Ölkonzern Royal Dutch Shell, die Aktien (A und B) werden unverändert mit “Overweight” eingestuft. Als Kursziel werden weiter 28,50 (aktuell 24,53 Pfund) genannt. Nach Ansicht der Analysten hat sich das Geschäftsmodell durch die Übernahme des britischen Gaskonzerns BG deutlich verbessert, auch wenn der Zukauf mit dem Anstieg der Verschuldung einhergegangen sei. Zudem werde der Break-even-Point von Royal Dutch Shell, von dem an positive Cash-flows erwirtschaftet werden, in den kommenden Jahren von 48 auf 40 US-Dollar 2020 fallen. Nicht zuletzt werde die Verschuldung zurückgehen. Mittelfristig rechnet J.P. Morgan mit höheren Ausschüttungen und Aktienrückkäufen, die bereits jetzt attraktive Dividendenrendite von 5,8 % könne noch weiter steigen.Das Kursziel der UBS für Royal Dutch Shell (“Buy”) liegt bei 26,75 Pfund. Aufgrund von Chancen durch die BG-Übernahme und erstklassiger Geschäftsaktivitäten gehen die Analysten davon aus, dass das Unternehmen zu alter Stärke zurückkehren wird und zur Nummer 1 unter den integrierten Ölkonzernen werden kann. Effiziente ProduktionsstättenJ.P. Morgan rät außerdem zum britischen Ölkonzern BP, das Kursziel wird leicht von 5,40 auf 5,50 (aktuell 0,52 Pfund) erhöht. Bei BP wird der Studie zufolge der Break-even-Preis am deutlichsten sinken, und zwar von 59 Dollar 2017 auf 34 Dollar 2020, Folge der Inbetriebnahme neuer, sehr effizienter Produktionsstätten. Außerdem gehen die Analysten davon aus, dass die Dividendenrendite noch weiter steigen wird. Auch die UBS zeigt sich optimistisch bezüglich BP und votiert mit “Buy”, sie nennt ein Kursziel von 5,50 Pfund.Außerdem stuft J.P. Morgan den portugiesischen Öl- und Gaskonzern Galp von “Neutral” auf “Overweight” hoch, der Aktie wird nun ein Kurs von 17,50 nach zuvor 15,50 (aktuell 15,66 Euro) zugetraut. Den Experten zufolge wird es Galp gelingen, Wachstum mit steigenden Ausschüttungen zu kombinieren. Der Ausblick für die Cash-flows habe sich angesichts der Verbesserungen im Brasilien-Geschäft aufgehellt, für 2020 wird ein Break-even-Preis von nur 30 Dollar erwartet. Galp sei daher auch attraktiv für den Fall wieder sinkender Ölpreise. Bei Galp zeigt sich die UBS skeptischer: Sie stuft die Aktie nur mit “Neutral” ein und nennt ein Kursziel von 16,50 Euro. Schon zu teuerBei allen anderen europäischen Ölkonzernen ist J.P. Morgan skeptischer und rechnet mit einer lediglich neutralen oder unterdurchschnittlichen Entwicklung. Von “Neutral” auf “Underweight” zurückgestuft wird Total, außerdem wird das Kursziel leicht von 48 auf 46 (aktuell 46,47 Euro) gesenkt. Auch bei Eni wird mit “Underweight” votiert, als Kursziel werden jetzt nur noch 12,50 statt 13 (aktuell 14,02 Euro) genannt. Verwiesen wird auf die ungünstige Portfoliozusammensetzung, den hohen Break-even-Preis und Risiken bei einem wieder sinkenden Ölpreis. Der spanische Ölkonzern Repsol wird von J.P. Morgan ebenfalls auf “Underweight” gesetzt mit einem Kursziel von 13 nach bislang 13,50 (aktuell 15,04). Auch der österreichische Ölkonzern OMV wird nicht empfohlen (“Underweight”), das Kursziel wird aber von 40 auf 44 (aktuell 54,14 Euro) hochgesetzt. Den Analysten zufolge ist der Abbau der Verschuldung und die robuste Entwicklung des Downstream-Geschäfts am Markt nun mehr als ausreichend honoriert. Für den norwegischen Ölkonzern Statoil bestätigt J.P. Morgan das “Neutral”-Votum bei einem leicht von 164 auf 170 (derzeit 175 nkr) nach oben angepassten Kursziel. Statoil verfüge zwar über ein gutes Upstream-Portfolio, die Bewertung sei aber angemessen. Falle der Ölpreis wieder, könne sich eine attraktive Einstiegsgelegenheit ergeben.Von der UBS wird Total hingegen mit “Buy” eingestuft mit einem Kursziel von 51 Euro. Auf der Empfehlungsliste der UBS steht außerdem Eni (“Buy”, Kursziel 17 Euro). Am Markt werde die Restrukturierung des Downstream- und die Wettbewerbsfähigkeit des Upstream-Geschäfts unterschätzt, heißt es zur Begründung. Das Management müsse mehr Überzeugungsarbeit bezüglich des Geschäftsmodells leisten. Die Analysten gehen davon aus, dass das im nächsten Jahr der Fall sein wird. Bei Statoil ist die UBS ebenfalls positiver gestimmt und rät zum Kauf bei einem Kursziel von 185 nkr.Eine lediglich marktneutrale Entwicklung erwartet die UBS unterdessen für Repsol (Kursziel 15 Euro) und Total (Kursziel 51 Euro). Einigkeit herrscht bezüglich des finnischen Ölkonzerns und Biokraftstoffherstellers Neste: Der wird von J.P. Morgan und UBS mit “Neutral” eingestuft.