GASTBEITRAG

Beim Loser's Game erfolgreich sein

Börsen-Zeitung, 29.7.2016 Im Jahr 1975 erschien in der Fachzeitschrift "Financial Analysts Journal" eine wissenschaftliche Abhandlung von Charles D. Ellis mit dem Titel "The Loser's Game". Dieser bahnbrechende Bericht hatte Auswirkungen auf die...

Beim Loser's Game erfolgreich sein

Im Jahr 1975 erschien in der Fachzeitschrift “Financial Analysts Journal” eine wissenschaftliche Abhandlung von Charles D. Ellis mit dem Titel “The Loser’s Game”. Dieser bahnbrechende Bericht hatte Auswirkungen auf die gesamte Investmentbranche. Ellis lieferte darin statistisch signifikante Belege für die These, dass sich die Tätigkeit institutioneller Investoren durch eine rapide Professionalisierung der Aktienanlage von einem Winner’s Game in ein Loser’s Game verwandelt hatte. Dem neuen Paradigma zufolge hatte sich die Aussicht, besser abzuschneiden als der Markt, zum Nachteil der professionellen Anlageverwalter verändert.Um in dieser Situation zu bestehen, sollten Vermögensverwalter laut Ellis “weniger, aber dafür bessere Anlageentscheidungen” treffen, schrieb er und fügte hinzu: “Fast alle wirklich großen Probleme, welche im nächsten Jahr auf Sie zukommen, befinden sich schon jetzt in Ihrem Portfolio. Sollte es Ihnen gelingen, einige davon abzustoßen, besteht die Möglichkeit doch am Ende das Loser’s Game für sich zu entscheiden.” Ineffizienzen nutzenBei unserer Absolute-Return-Strategie lehnen sich Philosophie und Anlageprozess eng an Ellis’ Hypothese an. Um Marktineffizienzen erfolgreich zu nutzen, gilt es Fehler zu vermeiden und nicht selbst zu solchen Ineffizienzen beizutragen. Im Kern laufen seine Ausführungen aber darauf hinaus, dass Ineffizienzen zum eigenen Vorteil genutzt werden können und ein “Sieg” immer noch möglich ist.Unseres Erachtens liegt der Schlüssel zur erfolgreichen Kapitalanlage im Streben nach informationsbasierten und verhaltenspsychologischen Vorteilen, um die eigenen Chancen zu erhöhen. Wir verwenden eine Reihe empirisch überprüfter quantitativer und qualitativer Modelle, um von den Fehlern des Marktes noch besser profitieren zu können. Als Bottom-up-Anleger, die wir vornehmlich sind, nutzen wir quantitative Raster, um mögliche Titelideen für Long- und Short-Positionen ausfindig zu machen. Diese Screens basieren auf empirischen Hinweisen darauf, “was an den Märkten funktioniert”. Sie lenken unsere Aufmerksamkeit auf Unternehmen, die anhand einer Checkliste nach bestimmten Kriterien ausgewählt werden.Hinzu kommen Fundamentalanalysen, die uns ein Bild davon vermitteln, welche Erwartungen in die Aktienkurse eingepreist sind. Das erleichtert das Aufspüren potenziell unter- oder überbewerteter Titel. Schließlich versuchen wir auch bei jedem Titel herauszufinden, in wessen Besitz sich die Aktien befinden und wer Short-Positionen hält. Auf diese Weise können wir besser beurteilen, ob es eventuell gut informierte Marktteilnehmer gibt, deren Einschätzungen im Widerspruch zu unseren eigenen stehen – und wir können uns ein Urteil über das Risiko eines gleichzeitigen Ausstiegs einer großen Zahl von Marktteilnehmern aus einem Titel bilden. Den Erfolg messenEine sinnvolle Beurteilung des Erfolgs im Loser’s Game setzt voraus, dass man das risikobereinigte Ergebnis einer Strategie kennt und weiß, wie es erzielt wurde (d. h., welcher Teil davon auf das Können und welcher auf den Zufall zurückzuführen ist). Der Jupiter Global Absolute Return SICAV hat nachweislich eine gute Erfolgsbilanz bei Leerverkäufen von Einzelwerten. Während meiner Zeit als Fondsmanager bei Jupiter, also seit September 2013, hat die Strategie eine relativ solide, wenn auch hart erkämpfte absolute Rendite erzielt. In dem Zeitraum haben wir die meiste Zeit eine Long/Short-Strategie verfolgt und dabei auf Long-Positionen in einerseits nicht mehr gefragten Value-Titeln und andererseits Short-Positionen in überteuerten Werten “mit Katalysator” gesetzt. Den Hintergrund bildete eine Marktanomalie, die von einer ziemlich stetig wachsenden Kluft zwischen Value- und Wachstumswerten in den Jahren 2014 und 2015 gekennzeichnet war. Trotz des für die Strategie schwierigen Umfelds zeichnete sich eine relativ klare Tendenz ab. In der Mehrzahl der Fälle leisteten Short-Positionen sowohl in Phasen steigender als auch fallender Kurse positive Beiträge. Mit Leerverkäufen in einem steigenden Markt Geld zu verdienen, ist ein klarer Beleg für das von der Short-Komponente generierte Alpha. Im Kontext des Loser’s Game zeigt sich daran auch, dass wir die Fehler der anderen Marktteilnehmer im Durchschnitt stärker genutzt haben als umgekehrt.Einer alten Börsenweisheit zufolge ist Geldanlage “ein Marathonlauf, kein Sprint”. Seit Anfang des Jahres hat die Strategie von einer deutlichen Veränderung der Stimmungslage an den Märkten profitiert (an die Stelle von spekulativem Verhalten ist Risikoscheu getreten). Für uns ist jetzt eine ideale Zeit, um unseren Kompetenzvorsprung bei Leerverkäufen auszuspielen. Zwangsläufig wird das veränderte Umfeld jedoch auch neue Risiken bergen: Neue Fallen werden darauf warten, dass jemand in sie hineintappt. Um im Loser’s Game auch künftig die Nase vorn zu haben, müssen wir deshalb diszipliniert bleiben. Fehler möglichst zu vermeiden ist aus unserer Sicht der beste Weg, um die Erfolgschancen zu unseren Gunsten zu erhöhen.—-James Clunie, Fondsmanager des Jupiter Absolute Return SICAV