Bergbaukonzerne sind zurück in der Spur
Von Rüdiger Neeb *)Seit Mitte 2016 herrscht am Markt für Grundstoffe nach herausfordernden Jahren wieder Zuversicht. Die Preisnotierungen vieler wichtiger Rohstoffe nahmen eine äußerst positive Entwicklung. Ursächlich für diese Rally ist das gemeinsame Wirken verschiedener Faktoren: Die Weltwirtschaft verzeichnete ein dynamisches Wachstum, und insbesondere die Entwicklung der chinesischen Volkswirtschaft als wichtigstem Rohstoffkonsument verlief robust. Dies lag nicht zuletzt daran, dass die Regierung Chinas dem Industriesektor mit einem Ausgabenprogramm unter die Arme griff. Hierzu addierten sich angebotsseitige Engpässe aufgrund von Wetterkapriolen, Streiks oder Umweltüberlegungen. Gutes PreisumfeldDieses für viele Rohstoffe gute Preisumfeld hat den Bergbaukonzernen sichtlich dabei geholfen, sich deutlich schneller als erwartet von der Rohstoffpreiskrise 2014/15, welche durch jahrelange Überinvestitionen und Sorgen um den weiteren Entwicklungspfad der chinesischen Wirtschaft verursacht wurde, zu erholen. Die während des vorigen Rohstoffbooms von vielen Bergbauunternehmen angestoßenen Großprojekte erforderten aufgrund der langen Projektzyklen auch dann noch hohe Investitionen, als die Krise längst in vollem Gange war. Die Folge aus sinkenden Cash-flows und hohen Investitionserfordernissen waren erodierende Finanzprofile. Die Konzerne waren bemüht, die Konsequenzen für die Bonitätseinstufungen mittels anderer Stellschrauben abzufedern, und begannen Assets, die nicht dem Kerngeschäft zurechenbar waren, zu veräußern oder auszugliedern und mittels Effizienzprogrammen Kostenstrukturen zu verbessern.Die Portfoliobereinigungen und Sparprogramme haben die Konzerne schlanker und profitabler gemacht. In Verbindung mit der Rohstoffpreis-Rally hat dies zu einer deutlichen Erholung der operativen Cashflows geführt. Insgesamt erhöhte sich die Mittelgenerierung von Anglo American, BHP, Glencore, Rio Tinto und Vale, die zusammen knapp 90 % des iBoxx Basic Resources repräsentieren, im Jahr 2017 um 59 % gegenüber dem Vorjahr auf kumuliert 57 Mrd. Dollar. Darüber hinaus sind mittlerweile viele Neubau- und Erweiterungsprojekte abgeschlossen oder weit fortgeschritten und damit weniger kapitalintensiv. Mit neuen Projekten und Akquisitionen haben sich die Bergbauunternehmen bislang sehr zurückgehalten. Die Investitionsausgaben setzen sich überwiegend aus Instandhaltungsinvestitionen zusammen und fallen entsprechend gering aus. Das addierte Investitionsbudget der fünf Konzerne lag 2017 mit rund 19 Mrd. Dollar um 70 % unter dem Wert aus dem Jahr 2013 (64 Mrd. Dollar). Darüber hinaus haben sich die Unternehmen auch an die Ausschüttungspolitik herangewagt und diese der veränderten Situation angepasst. Dies bedeutet, dass die Bergbaugesellschaften von einer mehrheitlich progressiven Dividendenpolitik zu einem flexibleren Ausschüttungsmodus gewechselt sind, der sich besser an wirtschaftliche Gegebenheiten anpasst. Wenngleich die Dividenden und Aktienrückkäufe, einhergehend mit der 2017 verbesserten Gewinnbasis, gegenüber 2016 (8 Mrd. Dollar) auf 13 Mrd. Dollar stiegen, liegen die Ausgaben für die Aktionärs- und Aktienkurspflege nur marginal über dem Niveau von 2010 (12 Mrd. Dollar) und deutlich unterhalb des Durchschnitts der Jahre 2010 bis 2017 (18 Mrd. Dollar). Die umsichtige Finanzpolitik der Konzerne hatte sichtbar positive Folgen für die Verschuldungssituation der Unternehmen. Die addierte Nettoverschuldung der Bergbauunternehmen sank von 124 Mrd. im Jahr 2013 auf zuletzt 63 Mrd. Dollar.Die deutliche Verbesserung der Finanzprofile innerhalb der vergangenen zwei Jahre hatte positive Auswirkungen auf den Ratingtrend der Minengesellschaften. Nachdem es in der Branche noch im Frühjahr 2016 zu zahlreichen Herabstufungen gekommen war, ging es ab dem dritten Quartal 2016 rasch in die andere Richtung, obgleich die Niveaus von 2013 noch nicht in allen Fällen wieder erreicht sind. Neben der zügigen Erholung der Kreditkennzahlen spielten dabei auch die soliden Geschäftsprofile der Bergbauunternehmen eine Rolle. So profitieren die großen Rohstoffkonzerne in der Beurteilung durch Ratingagenturen von signifikanten Skaleneffekten. Je größer ein Abbauprojekt ist, desto lohnenswerter sind hohe Investitionen in komplexe, (teil)automatisierte Abbauprozesse, welche nach der Inbetriebnahme geringere Stückkosten nach sich ziehen. Auch verfügen die Platzhirsche der Branche über eine ausreichende produktseitige Diversifikation und fördern allesamt ein breites Spektrum an verschiedenen Rohstoffen. Allerdings variiert der maximale Anteil, welcher ein einzelner Rohstoff im Umsatzmix einnimmt, recht deutlich. So erzielt Vale drei Viertel des Umsatzes mit Eisenerz, während bei Anglo American 2017 Kohle mit einem Anteil von 25 % der größte Umsatzbringer war. Absatzseitig dominiert China klar das Bild. Perspektivisch wird Chinas Rohstoffverbrauch angesichts des eingeleiteten Wandels des Wirtschaftsmodells hin zu einer Technologie- und Dienstleistungsgesellschaft zwar langsam abnehmen, doch noch ist das Land der mit Abstand bedeutendste Handelspartner der Rohstoffkonzerne. Im Hinblick auf die Produktionsstätten ergeben sich deutliche Unterschiede. Hier sind diejenigen Konzerne im Vorteil, welche einen Großteil der Förderkapazitäten in Industrienationen wie Australien oder Kanada unterhalten. Länderrisiken wie Engpässe in der Infrastruktur, Einflussnahme der Regierung oder schwache Governance-Strukturen und Korruption, die vornehmlich in Schwellenländern auftreten, stellen Risikofaktoren dar. Aktionäre im BlickVorausschauend ist für 2018 noch von einer konservativen Investitionstätigkeit der Unternehmen auszugehen, wenngleich der Hochpunkt der Sparsamkeit hinter der Branche liegen dürfte. Nachdem die sehr profitablen Jahre 2016/17 zur Sanierung der Finanzen beigetragen haben, stellt sich die Frage nach der Verwendung der wieder üppiger sprudelnden Einnahmen. So dürften Aktionäre in Form steigender Dividenden großzügiger bedacht werden. Doch erscheinen auch Investitionen in Rohstoffe mit positiven Zukunftsaussichten ebenfalls wieder möglich. So wird etwa Kupfer oder Nickel aufgrund der Bedeutung in der Batterietechnik und bei erneuerbaren Energien eine günstige Nachfrageentwicklung prognostiziert. Ferner gilt es, fehlende Produktion aufgrund der Erschöpfung bestehender Minen auszugleichen. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Konzerne eine Lehre aus den Folgen jahrelanger Überinvestitionen gezogen haben und weiter einen vorsichtigen Ansatz bei der Genehmigung neuer Projekte verfolgen werden. Zudem bleibt festzuhalten, dass die Bergbaukonzerne ihre Hausaufgaben gemacht und das zuletzt konstruktive Preisumfeld genutzt haben, um die finanzielle Ausgangslage wieder auf eine sehr solide Basis zu stellen. Damit scheinen die Unternehmen für kommende Herausforderungen in der Branche gut gerüstet zu sein.—-*) Rüdiger Neeb ist Senior Credit Analyst bei der DZ Bank.