Berichtssaison ohne positiven Impuls

Anleger können bis auf Weiteres nicht auf stützende Wirkungen der Gewinne für die Aktienmärkte zählen

Berichtssaison ohne positiven Impuls

Die Berichtssaison zum dritten Quartal wird keine positiven Impulse für die Aktienmärkte setzen. Von den Gewinnen können die Anleger auf absehbare Zeit keine stützenden Wirkungen für die Aktienmärkte erwarten. Getragen werden diese vielmehr durch die lockere Geldpolitik bzw. die niedrigen Zinsen.Von Christopher Kalbhenn, FrankfurtIn der laufenden Woche geht die Unternehmensberichtssaison in den USA in die Vollen, in Europa nimmt sie deutlich Fahrt auf. Dabei stehen nicht nur die Zahlen im Fokus, sondern vielleicht mehr noch die Ausblicke auf das kommende Jahr, mit denen viele Unternehmen üblicherweise im Herbst aufwarten. Weder die Zahlen noch die Ausblicke werden insgesamt gesehen bei den Investoren Begeisterungsstürme auslösen. Optimismus verflogenVon der noch zur Jahreswende erhofften Beschleunigung des Wirtschaftswachstums und einer damit einhergehenden Verbesserung der Unternehmensgewinnentwicklung ist nichts mehr übrig geblieben. So hat der IWF jüngst seine Prognose für das globale Wachstum dieses Jahres weiter auf nur noch 3 % reduziert, nachdem er zwölf Monate zuvor noch 3,7 % vorausgesagt hatte. Das spiegelt sich auch in den Gewinnprognosen wider. Je nach Konsens wird etwa für die Dax-Unternehmen nach einem ursprünglich für dieses Jahr erwarteten Gewinnwachstum von etwas mehr als 10 % mittlerweile Stagnation bzw. ein leichter Rückgang im Vergleich zum Vorjahr erwartet. Seit rund eineinhalb Jahren befinden sich die Prognosen für den Dax im Sinkflug. Lag die Erwartung für die Dax-Gewinne je Aktie vor 18 Monaten bei 1 045, liegt sie nur noch bei rund 846 Zählern. Die Berichtssaison, etliche Gewinnwarnungen haben einen entsprechenden Vorgeschmack gegeben, wird einen weiteren Rückgang zur Folge haben. Die Commerzbank geht davon aus, dass der Dax-Konsens für 2019 bis zum Jahresende weiter 810 Zähler sinken wird. Dies würde einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahr um etwas mehr als 3 % bedeuten, womit die Dax-Unternehmensgewinne das zweite Jahr in Folge sinken würden. Keine schnelle BesserungEine weitere Eintrübung erwartet auch die DZ Bank. Am deutschen Aktienmarkt, der stark von Industrieunternehmen und weniger von Dienstleistungsgesellschaften geprägt sei, mache sich die Auftragsschwäche im verarbeitenden Gewerbe seit einigen Monaten bemerkbar. Die heimischen Unternehmen hätten in der Berichtssaison zum zweiten Quartal reihenweise ihre Jahresplanungen für 2019 revidiert. “Inzwischen erwarten Aktienanalysten für 2019 eine ,Gewinnrezession` am deutschen Aktienmarkt, die Unternehmensgewinne sollten im Jahresvergleich also schrumpfen.” Es werde ein Gewinnrückgang von 3 % geschätzt, zudem würden die Analysten und Unternehmen im Rahmen der Berichtssaison zum dritten Quartal 2019 wahrscheinlich die Erwartungen weiter reduzieren. Zu stark wirkten die wirtschaftlichen Belastungen rund um den Handelskonflikt und die damit verbundene Abschwächung der weltwirtschaftlichen Dynamik auf die exportstarken deutschen Unternehmen. Es sei nicht davon auszugehen, dass eine deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen unmittelbar bevorsteht.Eine besondere Belastung des deutschen Aktienmarktes ist der Autosektor. Auf die ins Schlingern geratene Branche entfallen laut der Commerzbank 47 % der Erlöse und 30 % der adjustierten Reingewinne der Unternehmen des Dax. Einen solchen Klumpen hat der amerikanische Aktienmarkt nicht. Aber auch für die USA wird eine alles andere als berauschende Berichtssaison erwartet. UBS schätzt, dass die Ergebnisse je Aktie der S&P-500-Unternehmen im dritten Quartal um 2 % im Vergleich zum zweiten Quartal sinken. Das wäre das erste Ergebnisminus seit den Rückgängen, die durch den Verfall des Ölpreises in den Jahren 2014 bis 2016 ausgelöst wurde. Im Vergleich zum Vorjahr erwartet die UBS ein wenig verändertes Gewinnniveau. Das weltweite Wirtschaftswachstum habe sich vor dem Hintergrund des sich intensivierenden Handelskonflikts abgeschwächt. Auch wenn die Aussichten auf einen “dünnen Deal” zwischen den USA und China vielversprechend seien, werde dies nicht ausreichen, die auf der Investitionstätigkeit lastende Unsicherheit zu beseitigen.Von den Unternehmensgewinnen können vorerst keine stützenden Wirkungen auf die Aktienmärkte erwartet werden. Getragen werden sie zurzeit vom globalen Lockerungskurs der Notenbanken und den damit einhergehenden niedrigen Zinsen. Laut Morgan Stanley müsste der S&P 500 in etwa auf dem Niveau von vor zwölf Monaten liegen und nicht rund 6 % höher, wenn die Gewinnrevisionen zugrunde gelegt werden. Auf Basis der Entwicklung der Einkaufsmanagerindizes müsste der Index der Bank zufolge sogar um 10 bis 15 % unter seinem aktuellen Niveau liegen. “Wir glauben, dass dies den jüngsten sehr aggressiven Schwenk geldpolitischen Schwenk der Fed und andere Notenbanken reflektiert, d. h., dass die geldpolitische Veränderung eingepreist ist.”