GASTBEITRAG

Berichtssaison untermauert positive Dividendenerwartungen der Anleger

Börsen-Zeitung, 21.2.2015 Negative Einlagezinsen bei der EZB, positive Renditen für deutsche Staatsanleihen erst ab siebenjährigen Restlaufzeiten und nur noch bescheidene Risikoaufschläge für Zinspapiere aus Spanien und Italien - das...

Berichtssaison untermauert positive Dividendenerwartungen der Anleger

Negative Einlagezinsen bei der EZB, positive Renditen für deutsche Staatsanleihen erst ab siebenjährigen Restlaufzeiten und nur noch bescheidene Risikoaufschläge für Zinspapiere aus Spanien und Italien – das Niedrigzinsumfeld stellt Investoren am Rentenmarkt vor große Herausforderungen. Selbst Investments in Unternehmensanleihen bieten kaum Renditeanreize. So betragen die Renditen beim Gros der emittierten Zinspapiere der Dax-Unternehmen selbst bei zehnjährigen Laufzeiten weniger als 1 %. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der Aktienmarkt in diesem Dilemma eine attraktive Anlagealternative darstellt, obwohl auch er durch die von den Notenbanken angefachte “asset price inflation” auf ein historisches Rekordniveau getrieben wurde. Rendite von 2,8 ProzentDie erwarteten Dividendenausschüttungen für das Geschäftsjahr 2014, die überwiegend im April und Mai 2015 ausbezahlt werden, legen diesen Gedanken nahe. So bieten die Aktien der Dax-30-Unternehmen auf Basis dieser Erwartungen aktuell immer noch eine attraktive Dividendenrendite von 2,8 %, während der europäische Index Stoxx Europe 600 sogar einen Wert von stolzen 3,4 % aufweist.Während der aktuell auf Hochtouren laufenden Saison der Bilanzpressekonferenzen schlagen Vorstände und Aufsichtsräte für die anstehenden Hauptversammlungen die Höhe der geplanten Dividendenausschüttung vor. Ein willkommener Realitätstest für Aktieninvestoren, um nach dem makroökonomisch nicht einfachen Geschäftsjahr einzuschätzen, wie realistisch die Erwartungen an ihren jährlichen “Coupon” und die daraus resultierenden Dividendenrenditen wirklich sind. Während die Prognosen der Analysten für die europäischen Unternehmensgewinne in den vergangenen Monaten moderat nach unten revidiert wurden, blieben die Dividendenerwartungen auffällig stabil. Europas Unternehmenslenker haben die Lehren aus der Finanzkrise gezogen und die bilanzielle Situation so weit optimiert, dass offensichtlich Raum für höhere Ausschüttungsquoten besteht.Ein Zwischenfazit der aktuell laufenden Berichtssaison untermauert diese positiven Dividendenerwartungen. Zunächst ein Blick auf Deutschland und die Titel aus dem Dax. Von den Indexmitgliedern haben bislang erst zwölf in Form von klaren Dividendenabsichten oder konkreten Dividendenvorschlägen Aufschluss über die genaue Ausschüttungshöhe gegeben. Fünf zum Teil deutlichen Erhöhungen stehen in sechs Fällen unveränderte Dividenden bei nur einer Reduzierung gegenüber. Alle zyklischen Industrietitel konnten dabei die Hoffnungen auf steigende Ausschüttungen erfüllen: die Dax-Schwergewichte Daimler und Siemens mit Erhöhungen um rund 10 %, Infineon mit einer signifikanten Anhebung sowie ThyssenKrupp mit der Wiederaufnahme der Dividendenzahlung nach einer Durststrecke von zwei Jahren. Aber auch die substanzstarke Munich Re bestätigte trotz schwierigem Umfeld am globalen Rückversicherungsmarkt und niedrigen Zinsen den positiven Dividendentrend der vergangenen Jahre mit einer weiteren Anhebung. Bei den unter Dividendenaspekten kaum interessanten deutschen Banken bleibt die Commerzbank unverändert noch nicht dividendenfähig, während die Deutsche Bank auf die nach der Kapitalerhöhung gestiegene Aktienanzahl immerhin eine stabile Dividende zahlt. Ebenfalls unverändert bleiben die Ausschüttungen bei Beiersdorf, Lanxess und Deutsche Börse. Die Deutsche Telekom hatte bereits im Rahmen ihrer Mittelfristplanung angekündigt, die Dividende für 2014 stabil zu halten. Lediglich der von den deutlich fallenden Strompreisen belastete Eon-Konzern hat die Absicht kundgetan, weniger an seine Aktionäre auszuschütten. Ausschüttungsrekord im DaxDer bisherige Trend dürfte im weiteren Verlauf der Berichtssaison qualitativ an Dynamik gewinnen. Tresides geht insgesamt davon aus, dass 20 Dax-Unternehmen – das sind zwei Drittel aller Titel – Dividendenerhöhungen vorschlagen werden. In puncto Dividendenwachstum wird dabei der Versicherungskonzern Allianz herausragen. Bereits im November hat das Unternehmen dank seiner komfortablen Kapitalausstattung angekündigt, die Ausschüttungsquote deutlich anzuheben. Das zusätzliche Ziel, die Dividende auch künftig mindestens auf Vorjahresniveau zu halten, erinnert stark an die Ausschüttungspolitik des bei Dividendeninvestoren besonders beliebten Chemiekonzerns BASF. Mit BMW, Volkswagen und Continental werden weitere Vertreter der Automobilindustrie dem Beispiel von Daimler folgen und dank starker Branchenkonjunktur in den USA und China spürbare Dividendenanhebungen anregen. Auf der Negativseite drohen dagegen bei Lufthansa und RWE mögliche Einschnitte bei der Höhe der Gewinnausschüttung. Dank der im Dax stark gewichteten Automobil- und Versicherungstitel werden die Dax-Unternehmen insgesamt eine um gut 10 % auf rund 30 Mrd. Euro ansteigende Rekordsumme an ihre Aktionäre ausschütten. Dieser Dividendenrekord steht im Einklang mit den Kursrekorden am Aktienmarkt – Deutschlands Large Caps sollten den Realitätstest somit mühelos bestehen.Der Blick in andere wichtige Aktienmärkte der Eurozone zeigt ein ähnliches Bild, wobei die geringere lokale Wirtschaftsdynamik teilweise leicht ausbremst. Von den Unternehmen aus dem CAC 40 in Frankreich haben bereits 26 Indikationen für Ausschüttungen gegeben: 15 überwiegend moderaten Dividendenanhebungen stehen lediglich zwei Dividendensenkungen gegenüber. Unter Branchengesichtspunkten ergibt sich dabei ein klares Bild: Global ausgerichtete Unternehmen wie LVMH, Publicis, Renault oder Accor können überwiegend die Dividenden anheben, während eher vom schwachen französischen Heimatmarkt abhängige Branchen wie Versorger (GDF Suez und EDF) und Telekommunikation (Orange, Bouygues) stagnierende oder sogar fallende Zahlungen aufweisen. Dieser Trend dürfte auch im weiteren Verlauf der Berichtssaison anhalten. Bei knapp mehr als der Hälfte der Titel aus dem CAC 40 rechnet Tresides insgesamt mit steigenden Ausschüttungen. Eine etwas schwächere Bilanz als beim Dax, die aber durch eine etwas höhere Dividendenrendite von 3,1 % versüßt wird. Solide Qualität im SMIBesonders interessant erscheint aktuell die Entwicklung in Ländern, die von signifikanten Schwankungen ihrer Heimatwährung betroffen sind. So kann in der Schweiz beim SMI Index derzeit gewohnt solide schweizerische Qualität beobachtet werden: Voraussichtlich werden 15 der 20 Titel Dividendenerhöhungen vornehmen und einzig beim Spezialisten für Tiefseebohrungen Transocean besteht angesichts des Verfalls der Rohölpreise die Gefahr einer Dividendensenkung. Das Wachstum dieser Ausschüttungen bleibt aber vor allem bei den hochkapitalisierten Pharmakonzernen Novartis und Roche sowie auch beim Nahrungsmittelriesen Nestlé hinter den historischen Raten zurück. Die Unternehmen versuchen mit diesen eher konservativen Erhöhungen die Latte für das laufende Geschäftsjahr nicht zu hoch zu legen. Denn die Stärke des Schweizer Franken wird 2015 signifikant negative Translations- und Transaktionseffekte in den Bilanzen hinterlassen. Bei einer Dividendenrendite von 3,3 % lässt sich das allerdings gut verschmerzen. Schwache Krone stützt OMX 30Währungsseitigen Rückenwind durch die schwache schwedische Krone spüren dagegen die stark exportorientierten Unternehmen aus dem Königreich, wo die Berichtssaison bereits beendet ist. Dies schlägt sich eindrucksvoll in den Dividendenvorschlägen der Titel aus dem OMX 30 nieder. 20 der 30 Titel erhöhen die Ausschüttungen, das durchschnittliche Dividendenwachstum beträgt stattliche 12 % und stark kapitalisierte Unternehmen wie Atlas Copco oder Svenska Handelsbanken verwöhnen die Aktionäre mit zusätzlichen Sonderdividenden. Besonders auffällig ist zudem, dass die schwedischen Banken unisono über solide Bilanzen verfügen und bereits seit Jahren stetig steigende Ausschüttungen vornehmen können – eine große Ausnahme im europäischen Bankensektor. Die Dividendenrendite des schwedischen Aktienmarktes erreicht zudem mit 3,6 % einen europäischen Spitzenwert. Für den Investor mit Fokus auf Aktien mit überdurchschnittlichen Dividendenrenditen sowie zuverlässigen und steigenden Auszahlungen führt an Schweden kein Weg vorbei.—-Berndt Maisch, Fondsmanager und Partner der zur Südwestbank gehörenden Tresides Asset Management.