Kryptowährungen

Bitcoin-Anleger brauchen starke Nerven

Für den Bitcoin ist ein Seitwärtsmarkt zwischen 30.000 und 50.000 Dollar in der ersten Jahreshälfte nach wie vor möglich. Größere Ausbrüche nach oben oder unten liegen gegenwärtig nicht in der Luft.

Bitcoin-Anleger brauchen starke Nerven

Von Timo Emden*)

Für Kryptowährungsinvestoren verläuft das Jahr 2022 bislang alles andere als nach Maß. Während sich das nach Marktgröße wichtigste und gleichzeitig bekannteste Kryptoasset aus dem ersten Quartal des Jahres per saldo mit einem Minus von 5% verabschiedete, beläuft sich der Verlust im zweiten Viertel des Jahres bereits auf mehr als 10%. Am Dienstag mussten Anleger erstmals seit rund einem Monat wieder weniger als 40000 Dollar für eine Bitcoin-Einheit auf den Tisch legen. Damit notiert der Bitcoin rund 73% unter seinem Rekordhoch von Mitte November. Ein Potpourri an Belastungsfaktoren beschäftigt derzeit die Investoren. Aus charttechnischer Perspektive gibt es jedoch Hoffnungsschimmer, auch wenn die Gemengelage nach wie vor Gefahr läuft sich einzutrüben.

Furcht vor der Fed

Die Sorge vor raschen Zinserhöhungen auf US-amerikanischem Grund und Boden lässt Anleger dies- und jenseits des Atlantiks Kryptoassets in diesem Jahr tendenziell mit spitzen Fingern anfassen. Die Anleger fürchten, dass die amerikanische Notenbank angesichts der hartnäckig hohen Inflation ihre Geldpolitik stärker straffen könnte als bislang eingepreist. Die US-Verbraucherpreise inklusive der Treiber wie Energie und Lebensmittel sind im März per Jahresmonatsvergleich um 8,5% gestiegen und damit stärker als im Februar 2022 (7,9%). Vor diesem Hintergrund werden die Zinsfantasien bezüglich der US-Notenbank abermals befeuert. Diese Entwicklung geht nicht zuletzt zulasten von riskanten Anlageklassen und spielt zinstragenden Werten wie etwa amerikanischen Staatspapieren in der Regel in die Karten. Dazu gesellen sich der schwelende Ukraine-Konflikt sowie die zunehmenden Coronasorgen in der Wirtschafts- und Finanzmetropole Schanghai. Von einem Schutz in von Unsicherheit geprägten Marktphasen kann an dieser Stelle ausdrücklich nicht die Rede sein. Das Narrativ des vermeintlich „sicheren Hafens“ erweist sich in diesem Jahr abermals als ein Mythos.

Weiter korrekturanfällig

Der Blick auf den Bitcoin-Tageschart suggeriert auf eindrucksvolle Art und Weise die stabile Unterstützungszone bei rund 30000 Dollar. Wobei in diesem Kontext insbesondere der Zeitraum von Jahresbeginn 2021 an näher betrachtet werden soll. Die Hausse nahm insbesondere seit dem Coronatief vom März 2020 weitaus früher ihren Anfang, lediglich unterbrochen von einer Konsolidierungsphase zwischen Mai und Juli 2021. In diesem übergeordneten Bild lässt sich die jüngste Korrekturbewegung nun umso besser einordnen. Das als Leitwährung angesehene Krypto­asset Bitcoin stand in der vergangenen Handelswoche an einer entscheidenden Schwelle: der 200-Tage-Linie. Seit diesem Jahr handelte der Kurs konsequent unterhalb des MA200 (= schwarze Linie). Trotz zahlreicher Aufwärtsbewegungen bleibt eine Eroberung besagter Hürde für Anleger derzeit Wunschdenken. Übergeordnet springen die Börsenampeln damit immer noch nicht auf Grün. Gleichzeitig könnte das jüngste Scheitern neues Abwärtspotenzial auslösen.

30000 Dollar in Sichtweite

Vor diesem Hintergrund dürfte in diesem Szenario wie bereits im zweiten Quartal vergangenen Jahres die psychologische Marke von 30000 Dollar in Sichtweite rücken. Ausgehend von 2021 bietet besagte Unterstützungszone bis heute eine Support-Zone an. Trotz besonders starker fundamentaler Belastungsfaktoren wurde die 30000er Marke im Mai 2021 nicht nachhaltig unterschritten.

Erholungsversuche prallten in der Vergangenheit wie beispielsweise im vergangenen Frühjahr regelmäßig von dem gleitenden 200-Tage-Durchschnitt ab. Unterstützt von einer massiv überverkauften Marktlage. Wie der Stochastik-Oszillator veranschaulicht, könnte nun als erste Anlaufstation der MA50 (= blaue Linie) zur Disposition stehen.

Sollte der Bitcoin die Unterstützungsregion zwischen 40000 und 33000 Dollar markant unterschreiten, schrillen aus charttechnischer Perspektive sämtliche Alarmglocken. Folgerichtig würde der Kurs erneut Gefahr laufen die 30000-Dollar-Marke preiszugeben. Der übergeordnete Aufwärtstrend wäre damit gebrochen, was wiederum die Abwärtsrisiken auf der Unterseite erhöht. In diesem Szenario würde dann das Verlaufstief in Höhe von 20000 Dollar aus Ende 2020 in den Fokus rücken.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Ganz begraben müssen Marktteilnehmer die Hoffnungen auf einen neuen „Kryptofrühling“ allerdings­ an dieser Stelle nicht. Sollten die bereits eingangs genannten fundamentalen Risikofaktoren abklingen, könnte sich folgerichtig auch die charttechnische Konstellation wieder spürbar aufhellen. In diesem Kontext ist insbesondere der 200-Tage-Durchschnitt von hoher Bedeutung, welchen es zu egalisieren gilt. Eine signifikante Eroberung dürfte positives Marktmomentum erzeugen und Aufwärtspotenzial bis auf 50000 Dollar eröffnen.

In Summe bleibt ein Seitwärtsmarkt zwischen 30000 und 50000 Dollar in der ersten Jahreshälfte nach wie vor möglich. Größere Ausbrüche, weder gen Norden noch gen Süden, liegen gegenwärtig nicht in der Luft.

*) Timo Emden ist Gründer und Marktanalyst von Emden Research.

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