Börse Seoul trotzt politischen Risiken

Index Kospi seit Jahresbeginn mit 4 Prozent im Plus - Ausländer bleiben südkoreanischen Aktien treu

Börse Seoul trotzt politischen Risiken

Trotz der politischen Risiken auf der koreanischen Halbinsel haben die Aktiennotierungen der Börse Seoul seit Jahresbeginn recht ansprechende Gewinne erzielt. Der Leitindex Kospi ist um 4 % gestiegen.Von Ernst Herb, HongkongDie südkoreanische Halbinsel ist dieser Tage ein heißes Pflaster. Das hat nicht nur der gewaltsame Tod des im Exil lebenden Bruders des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-un gezeigt, sondern mehr noch der provokative Test einer nordkoreanischen ballistischen Rakete. Gleichzeitig ist im südlichen Teil der geteilten Nation infolge der gegen Präsidentin Park Geun-hye erhobenen Korruptionsvorwürfe und der daraus drohenden Amtsenthebung ein innenpolitisches Vakuum entstanden.Diesen toxischen Mix nannte der ehemalige australische Premierminister Kevin Rudd Ende 2016 an der Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft in Hongkong den potenziell weltweit gefährlichsten Gefahrenherd der Welt. Etwas anders schätzt die Ratingagentur Moody’s die Lage ein, hat sie doch Mitte Februar Südkorea mit Bezug auf die starken makroökonomischen Fundamente mit “Aa 2” die bisher höchste Bonität bescheinigt.Auch die Finanzmärkte selbst haben die politischen Risiken bisher weitgehend ignoriert. Im Gegenteil; der südkoreanische Won hat seit Jahresbeginn gegenüber dem Dollar 6 % zugelegt und ist damit einer der weltweit stärksten Schwellenländerwährungen. Der Leitindex der Börse Seoul wiederum hat seit Anfang 2017 beinahe 4 % zugelegt.Der Won und der Kospi haben in den vergangenen Wochen vor allem auch durch den Zufluss ausländischer Portfolioinvestitionen Unterstützung erhalten. Allein im Januar tätigten ausländische Investoren Nettokäufe im Wert von 1,8 Bill. Won (1,56 Mrd. Dollar). Damit befindet sich mittlerweile rund ein Drittel aller an der südkoreanischen Börse gehandelten Aktien im Besitz von Ausländern. Samsung überzeugtFür gute Stimmung sorgen seit einiger Zeit vor allem die sich deutlich verbessernden Außenhandelszahlen. Die Exporte sind im Januar den dritten Monat in Folge gestiegen und dies dazu im schnellsten Tempo in fünf Jahren. Beflügelt wurden die Kurse vor allem auch von einer guten Unternehmensnachricht. Samsung Electronics, der weltweit größte Hersteller von Smartphones und Speicherchips, hat im vierten Quartal einen 50 % höheren operationellen Gewinn ausweisen können. Die Aktien des gemessen an der Marktkapitalisierung gewichtigsten Unternehmens im südkoreanischen Hauptindex haben seit Jahresbeginn über 9 % und in den vergangenen zwölf Monaten rund 70 % zugelegt.Damit scheint der südkoreanische Vorzeigekonzern auch das Problem des im Vorjahr mit Fanfare lancierten Galaxy Note 7 hinter sich gelassen zu haben. Die Smartphones mussten wegen einiger in Brand geratener Batterien aus dem Verkauf gezogen werden. Bisher unbeschadet hat Samsung auch die Probleme ihres stellvertretenden Verwaltungsratspräsidenten Lee Jae-yong überstanden, der seit vergangenem Freitag unter anderem wegen angeblicher Bestechung von Staatspräsidentin Park in Untersuchungshaft sitzt. Wachstumsmotor ExportDiese Vorfälle drohten zeitweilig der ganzen südkoreanischen Exportindustrie einen Imageschaden zuzufügen und brachte im zweiten Halbjahr 2017 auch die Aktien anderer weltbekannter Unternehmen wie die der Automobilhersteller Hyundai oder KIA unter Abgabedruck. Doch ist die Außenwirtschaft erneut der starke Wachstumsmotor der viertgrößten asiatischen Volkswirtschaft geworden. An Fahrt verlorenen hat infolge eines sich abkühlenden Konsumklimas dagegen die Binnenwirtschaft.Die Kauffreude wird sowohl von der innenpolitischen Krise wie auch dem relativ hohen Verschuldungsgrad der Privathausalte gedämpft. Die Notenbank hat Ende Januar ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 2,8 % auf 2,5 % nach unten korrigiert. Mit Hinweis auf das anhaltend unsichere Umfeld ließ die Bank of Korea (BOK) am Donnerstag den Leitzins unverändert bei 1,25 %. Die BOK begründete ihre Entscheidung insbesondere auch mit dem sich in den kommenden Monaten möglicherweise deutlich verschlechternden externen Umfeld. Südkorea ist die weltweit achtgrößte Handelsnation, deren Elektronikexporte 2015 allein 46 % des Bruttoinlandproduktes ausmachten. Das Land wäre neben Vietnam in Asien auch der große Nutznießer der geplanten Transpazifischen Partnerschaft (TPP) und des damit verbundenen weitgehenden Abbaus von Handelshemmnissen geworden. Der neue amerikanische Präsident Donald Trump hat das Projekt allerdings kurz nach seinem Amtsantritt abgesagt.Sollten etwa die USA wie von Trump im Wahlkampf angedroht protektionistische Hürden sogar noch weiter hochziehen, so würde das Südkorea besonders stark zu spüren bekommen. Mit Hinweis auf einen möglichen Handelskrieg, aber auch auf die verworrene innenpolitische Lage raten Analysten der Credit Suisse trotz der steigenden Unternehmensgewinne zur Zurückhaltung gegenüber südkoreanischen Aktien.