Börsen in Lateinamerika im Visier

Fonds reduzieren Investments in Argentinien und Chile - Keine Auswirkungen auf andere Schwellenländer

Börsen in Lateinamerika im Visier

Die Demonstrationen und Unruhen in Argentinien und Chile werden von der Finanzbranche genauestens beobachtet. Obgleich beide Länder innerhalb des Benchmarkindex MSCI Lateinamerika eine geringere Rolle spielen, sind die Schwellenländer-Portfoliomanager zunehmend vorsichtig.wbr Frankfurt – Besondere Aufmerksamkeit genießt unter den kleineren Märkten der Region die Börse in Santiago. Das Land galt lange als Musterschüler in Lateinamerika, in den Investoren das größte Vertrauen hatten. Mit seiner wirtschaftsliberalen Politik war Chile bei Investoren beliebt. Durch die Proteste gegen eine Fahrpreiserhöhung der U-Bahn rechnen die Portfoliomanager nun mit Folgen für die Wirtschaft des Landes. Dabei sind die U-Bahn-Preise nur Auslöser, Hintergrund der Proteste sind die hohen Kosten für Konsum und steigende Energiepreise.”In Chile gehe ich von einer Einigung der Regierung mit der Opposition aus. Doch das dürfte etwas kosten. Wenn die Versorgerpreise eingefroren werden, wäre das schlecht für Versorgeraktien. Es ist damit zu rechnen, dass höhere Steuern für Unternehmen kommen und die Fiskalausgaben steigen. Auch das wäre negativ für Investoren”, sagt Omar Abu Rashed, Fondsmanager bei Union Investment. “Die Aktien in Chile sind die teuersten in Lateinamerika. Das KGV liegt bei 17, was an einer großen lokalen Investorenbasis und einer defensiven Ausrichtung des Marktes liegt.” Er rechnet mit einer deutlichen Korrektur der Bewertungen. Kurssturz nach den Vorwahlen”Negativ ist, dass die Proteste in Chile Auswirkungen auf das Vertrauen in eines der stabilsten Länder Lateinamerikas haben”, meint auch Greg Konstantinidis, Fondsmanager bei Fidelity. Er erwartet ebenfalls, dass die Regierung eine sozialere Agenda einschlägt, die sich auf die öffentlichen Finanzen auswirken könnte. “Wir befürchten aber keine Auswirkungen auf den Rest der Region. Brasilien befindet sich auf einem Reformweg und Mexiko hat einen Präsidenten, der bislang keine linke Agenda umgesetzt hat.”Wie politisch die Börsen in den Emerging Markets sind, hat sich Mitte August in Argentinien gezeigt. “Wir hatten eine beispiellose Kursreaktion nach den Vorwahlen mit fast einer Halbierung der Märkte. Es war damit gerechnet worden, dass Amtsinhaber Macri gestärkt wird – es kam dann anders.” Ein solcher Kurssturz trifft alle Investoren, die dort investiert sind. Allerdings ist der Anteil Argentiniens an der Benchmark mit 0,7 % gering. “Nun bleibt abzuwarten, wie die Wahlen in Buenos Aires Ende Oktober ausgehen.”Bei der Fondsgesellschaft Franklin Templeton hat man schon länger keine Positionen mehr in Argentinien und ist in Chile untergewichtet, so Portfoliomanager Claus Born. Er glaubt nicht, dass sich die Proteste in der Region ausweiten: “Chile ist nicht nur geografisch ein isoliertes Land.” Auch Union-Experte Abu Rashed meint: “Die Krisen in Argentinien und Chile sind isolierte Probleme der jeweiligen Länder. Sie haben nichts mit anderen Ländern Lateinamerikas oder den Emerging Markets generell zu tun. Aber natürlich leidet das Sentiment für die Emerging Markets unter solchen Vorkommnissen. Das macht Investments volatiler – bietet aber auch Chancen.” Für seinen Fonds hat er die Position in Chile vorerst um die Hälfte reduziert.