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Börsenlink als Einstiegsluke zu Chinas New Economy

Von Norbert Hellmann, Schanghai Börsen-Zeitung, 23.8.2016 In einem bislang äußerst trüben Jahr an Chinas Aktienmärkten soll die nach langem Zögern von der chinesischen Regierung nun doch beschlossene Handelsverknüpfung zwischen den Börsen im...

Börsenlink als Einstiegsluke zu Chinas New Economy

Von Norbert Hellmann, SchanghaiIn einem bislang äußerst trüben Jahr an Chinas Aktienmärkten soll die nach langem Zögern von der chinesischen Regierung nun doch beschlossene Handelsverknüpfung zwischen den Börsen im südchinesischen Shenzhen und der gegenüberliegenden Sonderverwaltungszone Hongkong neue Akzente zur Belebung des Kapitalmarktgeschehens setzen. Noch gibt es kein genaues Startdatum für den sogenannten Shenzhen Hongkong Stock Connect, fest steht aber, dass es noch in dieses Jahr und vermutlich in die zweite Dezemberhälfte fallen wird. Bilateraler ZugangDer neue Börsenlink wird in sehr ähnlicher Art und Weise wie der im Oktober 2014 mit großen Fanfaren gestartete Shanghai Hongkong Stock Connect aufgezogen, mit dem eine Handelsbrücke zwischen der führenden chinesischen Festlandbörse und dem zuvor stark abgeschotteten Hongkonger Markt geschaffen worden war. Seitdem können chinesische Anleger erstmals an der Hongkong Exchanges gelistete chinesische Börsenwerte über ihre gewohnten Handelsmechanismen und Brokerverbindungen von Schanghai aus handeln, während umgekehrt Hongkonger Anleger und vor allem auch ausländische Investoren über die Systeme der Hongkong Exchanges einen direkten Zugang zu chinesischen Festlandaktien erhalten.Shanghai Hongkong Stock Connect wurde vor zwei Jahren als bahnbrechender Schritt für eine Öffnung und Internationalisierung des chinesischen Aktienmarktes gefeiert, hat in dieser Hinsicht allerdings die hochgesteckten Erwartungen längst nicht erfüllt. Die von den chinesischen Behörden für das Handelsvolumen in beide Richtungen jeweils abgesteckten täglichen wie auch aggregierten Quoten wurden überraschenderweise praktisch nie ausgeschöpft. Verhaltener ZuspruchAnfangs zeigten vor allem chinesische Anleger kaum Interesse an einem Engagement in Hongkong, weil sie inmitten eines heftigen Spekulationsfiebers und Börsenbooms ganz auf den heimischen Markt fokussiert waren. Von Hongkonger Seite wiederum war der Zuspruch eher magerer als erwartet, weil die institutionellen Anleger den überzogen wirkenden Bewertungsrelationen auf dem Festland misstrauten und ausländische Institutionelle lange Anlaufzeiten brauchen, um Engagements auf dem Festland in Einklang mit Investment Guidelines und Berichts- und Risikomanagementsysteme zu bringen. Die Frage ist nun, inwiefern der zweite Börsenlink zwischen China und Hongkong mit den Werten aus Shenzhen einen großen Unterschied machen wird und signifikant zur Öffnung des chinesischen Marktes beziehungsweise der Bereicherung des Anlagespektrums von ausländischen Investoren für die Anlage in chinesischen Unternehmenswerten beitragen kann. Hier allerdings ist durchaus Optimismus angesagt, denn mit dem Link nach Shenzhen eröffnet sich ein wesentlich vielfältigeres Spektrum für ein Engagement in Werten des Shenzhen Component Index beziehungsweise des Shenzhen Small/Mid Cap Index.Während das Geschehen an der Börse Schanghai von chinesischen Blue Chips und der gesamten Latte der staatskontrollierten Unternehmen in traditionellen Industriezweigen und der Finanzwirtschaft dominiert wird, ist Shenzhen das Tor für Chinas private und mittelständische Unternehmen mit einem starken Einschlag hin zu Technologie- und Wachstumswerten, man könnte auch sagen, die Gateway zur New Economy.Zahlreiche ausländische Fondsmanager haben in der Vergangenheit ein starkes Interesse an einer Zugangsmöglichkeit zu diesem Spektrum von chinesischen Aktien bekundet, zumal bei den herkömmlichen Quotenprogrammen für Wertpapieranlagen, die seit Anfang der Dekade an ausländische Fondsmanager gingen, stets der Schanghai-Markt im Vordergrund stand.Shenzhen Hongkong Stock Connect dürfte aber noch in einer ganz anderen Hinsicht eine gewisse Schubwirkung für eine Öffnung des chinesischen Marktes für ausländisches Anlagekapital zeitigen. Er gilt nämlich als eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, dass der weltweit führende Aktienindexanbieter MSCI die auf dem Festland notierten chinesischen Aktien in seine globalen Benchmark-Indizes mit aufnimmt und damit Handlungsbedarf für ein verstärktes China-Engagement bei Indexfonds und passiv gemanagten Vehikeln der großen ausländischen Fondsmanager auslöst. Hoffnung in Sachen MSCIZuletzt hatte MSCI im Juni die von manchen bereits erwartete Aufnahme von chinesischen Aktien nochmals verschoben und dabei explizit auch auf die noch fehlende Zugangsschiene zu einem wichtigen Ausschnitt des chinesischen Festlandmarktes via Shenzhen Hongkong Stock Connect verwiesen.Mit dem Anlauf des Programms dürften bei der nächsten Überprüfung und Anpassung der MSCI-Indexwelten Chinas Festlandaktien nun tatsächlich Eingang in die Benchmark-Indizes finden und damit eine längerfristig nachhaltige Investmentschiene für ausländisches Kapital im Reich der Mitte schaffen.