TECHNISCHE ANALYSE

Brasilien, Indien und Russland auf Hausse-Kurs

Von Achim Matzke *) Börsen-Zeitung, 4.12.2019 Die führenden Aktienindizes der Bric-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) haben aus technischer Sicht unterschiedliche Richtungen eingeschlagen. Der Shanghai Stock Exchange Composite Index,...

Brasilien, Indien und Russland auf Hausse-Kurs

Von Achim Matzke *)Die führenden Aktienindizes der Bric-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) haben aus technischer Sicht unterschiedliche Richtungen eingeschlagen. Der Shanghai Stock Exchange Composite Index, belastet vom Handelskonflikt zwischen den USA und China und der Lage in Hongkong, sollte auch in den nächsten Monaten seine relative Schwäche im Bric-Vergleich durchhalten. Demgegenüber befinden sich der brasilianische Ibovespa und der indische BSE Sensex in intakten Hausse-Bewegungen. 2020 sollten sich diese mit weiteren Allzeithochs fortsetzen, jedoch sollte sich nach einem sehr guten Aktienjahr die mittelfristige Aufwärtsdynamik deutlich abschwächen. Der russische RTS befindet sich seit Jahren in einem moderaten Hausse-Trendkanal, der sich auch im Jahr 2020 – ebenfalls mit deutlich reduzierten Aufwärtsmomentum – fortsetzen sollte.Der Ibovespa, ein nach Free-Float-Marktkapitalisierung gewichteter Index, umfasst die liquidesten brasilianischen Aktien der Sao Paulo Stock Exchange. Aus technischer Sicht bestehen die letzten neun Jahre bei diesem Index nur aus zwei Phasen. Zuerst startete der Index zum Jahreswechsel 2011/2012 bei Notierungen um 73 103 in eine Abwärtsbewegung, die sich im Laufe der kommenden Jahre zu einem Baisse-Kanal ausgeweitet hatte. Weder die Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2014 noch die Olympischen Spiele im Jahr 2016 haben dem Index Impulse geben können, so dass die Baisse erst im Jahr 2016 in einem technischen Sell-off bei Kursen um 37 050 endete. Wie im Bilderbuch Seitdem besteht aber auch die zweite technische Phase, eine technische Bilderbuch-Hausse. Zunächst war der Index im Jahresverlauf 2016 mit einem übergeordneten Kaufsignal aus dem mehrjährigen Baisse-Kanal herausgelaufen. Danach sorgten weitere Investment-Kaufsignale für eine Hausse bis auf neue Allzeithochs bei knapp 110 000. Der knapp vierjährige, zentrale Hausse-Trend liegt aktuell leicht unterhalb der steigenden 200-Tage-Linie bei 101 000. Aufgrund der mittelfristig überkauften Struktur sollte es dem Index schwerfallen, im Jahr 2020 dieses hohe Aufwärtsmomentum (mit einem Zugewinn von fast 24 % in lokaler Währung in 2019) durchzuhalten. Die technische Gesamtlage deutet ein Hereinlaufen in die Zone von 115 000 bis 120 000 für das neue Jahr an.Der BSE Sensex Index, der zurzeit auf Basis einer Gewichtung nach Free-Float-Marktkapitalisierung der Titel berechnet wird, umfasst die führenden indischen Aktien, die sowohl nach Handelbarkeit der Titel aber z. B. auch nach Branchenzugehörigkeit ausgewählt werden. Der Index, dessen Basis bei 100 aus den Jahren 1978 bis 1979 stammt, befindet sich seit dem Start in einer sehr langfristigen Aufwärtsbewegung. Der aktuelle Hausse-Zyklus (seit März 2009 und Notierungen um 8 050) hat seit dem Jahreswechsel 2011/2012 und einem Level um 15 140 einen feinen, technischen Hausse-Trend herausgebildet. Hier liegt der achtjährige, zentrale Hausse-Trend aktuell bei 33 000. Seit dem Jahreswechsel 2018/2019 hat sich zusätzlich ein mittelfristiger Aufwärtstrendkanal oberhalb der leicht steigenden 200-Tage-Linie herausgebildet, der insgesamt eine etwas reduzierte Aufwärtsdynamik aufweist und dessen untere Aufwärtstrendkanallinie bei 36 000 liegt. Deshalb überrascht auch die moderate relative Schwäche des Sensex im aktuellen Bric-Vergleich nicht. Mit Blick auf 2020 sollten sich beide Tendenzen fortsetzen. Einerseits fehlen die technischen Hinweise, dass der Sensex seinen moderaten, relativen Schwächestatus verändert, andererseits sollte sich der moderate Aufwärtstrendkanal mit dem Kursziel der Kursetablierung oberhalb von 42 000 fortsetzen. RTS zeigt relative StärkeDer RTS Index, der aktuell die 31 größten und liquidesten russischen Aktien der Moscow Exchange umfasst, startete am 1. September 1995 bei 100. Der Index, der in US-Dollar berechnet wird, weist aufgrund der Zusammensetzung eine hohe Rohstofflastigkeit auf. Aus technischer Sicht musste der Index im Umfeld des “Krim-Konflikts” und des “Ostukraine-Konflikts” in den Jahren 2014 bis 2016 eine verschärfte, technische Baisse hinnehmen. Diese mündete parallel zu den Konflikten in einem mittelfristigen technischen Doppelboden (“W-Formation”) mit Lows bei 578 und 607. Ab dem Jahreswechsel 2015/2016 setzte ein von mehreren Kaufsignalen begleitetes, technisches Comeback ein, das bereits ab Mitte 2016 und bei Notierungen um 870 in eine “normale” technische Hausse-Bewegung mündete. Diese hat sich in den letzten knapp vier Jahren zu einem moderaten Hausse-Kanal ausgeweitet, wobei die zentrale, untere Aufwärtstrendkanallinie zurzeit bei 1 190 liegt. Im Jahr 2019 konnte der RTS – ausgehend von 1 040 – innerhalb dieses Aufwärtstrendkanals einen zusätzlichen, mittelfristigen Aufwärtstrend etablieren, der den Index in den oberen Bereich des Aufwärtstrendkanals geführt hat. Hierdurch ergab sich ein Kursanstieg in 2019 von über 34 % (in US-Dollar) und eine ausgeprägte, relative Stärke im Bric-Vergleich. Einerseits sollte sich im neuen Jahr diese relative Stärke fortsetzen. Andererseits zeigt die mittelfristig überkaufte Struktur, dass eine Abschwächung der mittelfristigen Aufwärtsdynamik auf ein technisches Etappenziel von 1 550 bis 1 600 im Jahr 2020 hindeutet. *) Achim Matzke ist bei der Commerzbank im Bereich Technische Analyse & Index Research tätig.