"Brasiliens Aktienmarkt könnte unter Druck geraten"
Der Wahlsieg der brasilianischen Präsidentin Dilma Rousseff erregt bei Investoren rund um den Globus Aufmerksamkeit. Im Interview erläutert Will Landers, Chef für lateinamerikanische Aktien bei BlackRock, wie nun die Perspektiven für Investoren in dem Land aussehen.- Herr Landers, Was bedeutet die Wiederwahl von Dilma Rousseff für Brasiliens Aktienmarkt?Der Finanzmarkt hätte sicherlich einen Wahlsieg der Opposition bevorzugt. Daher könnten brasilianische Aktien in den nächsten Tagen unter Druck geraten. Der mittel- und langfristige Ausblick wird zu einem Großteil davon abhängen, wie das Kabinett von Dilma Rousseff aussehen wird. Grundsätzlich ist der brasilianische Aktienmarkt nach wie vor einer der günstigsten weltweit. Investmentgelegenheiten gibt es beispielsweise im Energiesektor. Mittelfristig finden wir nach wie vor den Bankensektor attraktiv, der gut kapitalisiert ist.- Wie werden sich die ausländischen Investoren verhalten? Ziehen sie Mittel ab oder kehren sie verstärkt in die brasilianischen Kapitalmärkte zurück?Aus Investorensicht ist nicht alles schlecht: Das Land verfügt über großzügige finanzielle Reserven, das Wirtschaftswachstum ist intakt, und der schwächere Real stützt die Konjunktur. Wir denken jedoch, dass Mexiko mittel- bis langfristig die besten Wachstumsaussichten bietet und Brasilien in den kommenden drei bis vier Jahren outperformen könnte – obwohl der Aktienmarkt schon recht teuer ist. Diese Aussicht könnte die Aufmerksamkeit der Investoren von Brasilien ablenken.- Was erwarten Sie für die brasilianische Währung?In den nächsten Tagen könnte die Währung unter Druck geraten, ebenso wie der Aktienmarkt. Der längerfristige Ausblick hängt davon ab, inwieweit die Regierung notwendige Reformen umsetzen wird. Ratingagenturen werden das Land genau beobachten, daher wird eine strengere Haushaltsdisziplin nötig sein. Brasilien könnte eine Herabstufung auf ein Niveau unterhalb des Investment-Grade-Status bevorstehen, falls die Reformen zu spät anlaufen. Dies könnte kostspielig werden und den Real weiter unter Druck bringen.- Rechnen Sie damit, dass Rousseff nun die drängenden Probleme des Landes – zerfallende Infrastruktur, schwaches Wachstum, zu hohe Inflation etc. – angehen wird? Sehen Sie Chancen für eine nachhaltige Verbesserung der Lage?Nötig wäre eine Vielzahl an Reformen. Zum Beispiel sollte die Regierung den privaten Sektor stärker beteiligen, besonders an Infrastrukturprojekten. Darüber hinaus wären eine Konsolidierung des Haushalts und mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt nötig. Auch Korruption ist nach wie vor ein Thema, daher wäre mehr Transparenz wünschenswert. Leider neigen Regierungen dazu, Reformen als letzten Ausweg anzusehen und sie nur unter großem Druck anzugehen. Aber ich bin voller Hoffnung, dass Brasilien dies vermeiden kann, denn das Land besitzt großes Potenzial.—-Das Interview führte Dieter Kuckelkorn.