Anleihen

China-Bonds fallen vom Podest

Ausländische Investoren wenden sich von chinesischen Staatsanleihen ab. Ihre Nettoverkäufe haben im Februar den mit Abstand bislang höchsten registrierten Wert erreicht.

China-Bonds fallen vom Podest

nh Schanghai

Knapp zwei Wochen nach Beginn des Ukraine-Kriegs bekommt der Ruf des chinesischen Staatsanleihenmarktes als Safe-Haven-Territorium die ersten heftigen Kratzer ab. Während chinesische Sovereign Bonds in den ersten acht Wochen des Jahres im Performance-Ranking der wichtigsten Staatstitelmärkte unangefochten vorn lagen, sind sie für den Zeitraum seit Beginn der russischen Invasion auf Rang 30 unter den insgesamt 46 von Bloomberg verfolgten Märkten gefallen.

Vor allem ausländische Anleger scheinen dem Markt vor dem Hintergrund der geopolitischen und wirtschaftlichen Krise den Rücken zu kehren. Die jüngsten Monatsdaten zum Engagement ausländischer Institutioneller in chinesischen Regierungsanleihen lesen sich einigermaßen erschreckend. Im Februar tätigten Ausländer Nettoverkäufe über 35 Mrd. Yuan (knapp 5 Mrd. Euro), was die mit Abstand größten Rückzugsbewegung aus Yuan-Staatstiteln seit Erfassung solcher Monatsdaten bedeutet. Analysten zufolge muss man davon ausgehen, dass der Ausstieg im März weiter an Fahrt gewinnt. Dies liegt nicht nur am grundsätzlich verschlechterten Anlegersentiment gegenüber China, das auf politischer Ebene dem Aggressor Russland weiterhin den Rücken stärkt und beim Unterlaufen von gegen Russland gerichteten Sanktionen behilflich sein dürfte. Für zusätzlichen Unmut sorgen die jüngsten konjunkturpolitischen Weichenstellungen der Pekinger Regierung anlässlich des Volkskongresses.

China setzt sich für 2022 ein anspruchsvolles Wachstumsziel von 5,5%, was ein Stärkesignal nach außen senden soll. Allerdings wirkt das Erreichen des Ziels nur dann realistisch, wenn man sich einen massiven Ruck in Sachen Konjunkturstimuli auf fiskalischer und geldpolitischer Ebene gibt. Das bedeutet zum einen massive schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme, die die Länderbonität negativ berühren könnten. Zum anderen sieht man einen latenten Zinssenkungsbedarf, der dem von der Fed signalisierten Zinstrend diametral gegenübersteht.

Der abweichende Zinstrend be­kommt den chinesischen Papieren nicht, weil er ihr Alleinstellungsmerkmal einer überaus sicheren und liquiden Anlage, die dennoch einen gewaltigen Renditevorteil gegenüber US-Treasury-Bonds hat, kompromittiert. Zehnjährige chinesische Bonds rentieren derzeit bei knapp über 2,8% und haben dabei einen Renditeaufschlag von 105 Basispunkten gegenüber zehnjährigen US-Treasuries. Anfang 2021, als die Zinswende in den USA und eine deutliche Abkühlung der chinesischen Wirtschaft noch nicht absehbar waren, hatte der Renditeabstand mit rund 220 Basispunkten mehr als das Doppelte betragen.