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China: Megatrend für Weitsichtige

Börsen-Zeitung, 11.12.2018 Es sind nicht immer die positivsten Schlagzeilen aus China, mit denen Anleger derzeit konfrontiert sind. Die chinesische Wirtschaft wächst so langsam wie zuletzt während der Wirtschaftskrise, die Volatilität an den...

China: Megatrend für Weitsichtige

Es sind nicht immer die positivsten Schlagzeilen aus China, mit denen Anleger derzeit konfrontiert sind. Die chinesische Wirtschaft wächst so langsam wie zuletzt während der Wirtschaftskrise, die Volatilität an den Aktienmärkten besorgt Anleger, und der Streit um Strafzölle mit den USA belastet die Stimmung. Trotz der Annäherung, die zuletzt zwischen US-Präsident Trump und Chinas Staatschef Xi beim G20-Treffen in Argentinien stattgefunden hat, ist unklar, wann und ob überhaupt eine Einigung im Handelsstreit erzielt werden kann.Angesichts dieses Konflikts und der niedrigeren Wachstumszahlen ist es leicht, in eine pessimistische Marktstimmung zu geraten, wir halten das derzeitige Sentiment für China jedoch für zu bearish. Investoren sollten trotz der Nachrichtenmeldungen die Weitsicht nicht verlieren, denn China ist ein langfristiger Megatrend, und Anleger, die einen kurzen Sturm auszusitzen vermögen, können von der dauerhaften Wachstumsstory und der profunden Transformation der chinesischen Wirtschaft profitieren. Land im WandelEin Blick auf die Wirtschaftszahlen zeigt: Chinas Wachstum ist im dritten Quartal 2018 etwas langsamer gewachsen, das Bruttoinlandsprodukt ist um 6,5 % anstatt der prognostizierten 6,6 % angestiegen. Dies ist jedoch immer noch ein gutes Ergebnis, speziell verglichen mit anderen großen Volkswirtschaften. Die Gründe für das etwas niedrigere Wachstumstempo liegen sicherlich zum Teil beim Handelskonflikt, haben jedoch auch mit innerchinesischen Faktoren zu tun.Die fundamentalen Wachstumselemente der chinesischen Wirtschaft sind mehr als intakt, wir sehen keinen bevorstehenden Konjunktur- oder Aktien-Crash. Das Land befindet sich jedoch inmitten einer Transformation und wandelt sich langfristig von einer Produktionswirtschaft hin zu einer Konsum- und Dienstleistungsgesellschaft. Es ist ein Übergang von einem Wirtschaftswachstum mit hoher Geschwindigkeit zu einem von hoher Qualität und Nachhaltigkeit, womit zwangsläufig eine Verlangsamung einhergeht. Dennoch ist China immer noch der Hauptmotor des globalen Wachstums und hat seit 2005 durchschnittlich ein Drittel zum gesamten Weltwirtschaftswachstum beigetragen. Anleger mit China-Allokation können somit von einem langfristigen, stabilen Wachstum profitieren.Die Maßnahmen zum Abbau der Schulden, wenn auch notwendig, tragen ebenfalls zur Verlangsamung des Konjunkturaufschwungs bei. Seit längerem schon besorgt die hohe Verschuldung einiger chinesischer Unternehmen und der Lokalregierungen Anleger; der Schuldenabbau ist ein wichtiger Aspekt im Transformationsprozess der Wirtschaft und hat für die chinesische Regierung einen großen Stellenwert. Es ist ein wichtiger Balanceakt zwischen der Bekämpfung der Verschuldung und stimulierenden Investitionen zur Stabilisierung der Konjunktur.Peking hat hier bereits einige wichtige Fortschritte gemacht, die Verschuldung hat sich im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt stabilisiert, und Anleger brauchen sich nicht mehr so sehr wegen eskalierenden Schuldenniveaus zu sorgen, wie dies in der Vergangenheit der Fall war.Für Investoren bedeutet der Wandel der chinesischen Wirtschaft, dass einige Sektoren in Zukunft an Bedeutung gewinnen, wie etwa der Konsumsektor, wo wir einige attraktive Entwicklungen sehen. Es ist weithin bekannt, dass die chinesische Mittelklasse stetig wächst, sie zählt bereits mehr als 300 Millionen Menschen. Zudem sind chinesische Haushaltsersparnisse hoch, und Peking hat einige Maßnahmen verabschiedet, die darauf abzielen, den Konsum anzukurbeln. Mittels einer Anfang Januar in Kraft tretenden Steuersenkung auf privates Einkommen sollen Einzelhandelsumsätze um bis zu 1 % ansteigen.Auch der Ausbau der Kompetenzen in Hightech-Industrien und die Beschleunigung der industriellen Modernisierung sind positive Entwicklungen. Wir schätzen den Infrastruktursektor ebenfalls als einen Wachstumsträger ein und erwarten einen Anstieg des Infrastrukturausbaus durch zentrale Fiskalprogramme. Öffnung der MärkteChinas Regierung hat die Wichtigkeit ausländischer Anleger erkannt und zusätzliche Maßnahmen umgesetzt, um das Investitionsumfeld zu verbessern. Neben strengeren Governance-Standards für Unternehmen treibt Peking auch die Öffnung der Märkte für internationale Investoren weiter voran. Eine wichtige Anerkennung dieses Fortschritts war die Aufnahme der A-Aktien in den Schwellenländerindex des Indexanbieters MSCI im Juni dieses Jahres.Ausländisches Investment in China ist auch durch Initiativen wie das seit November 2014 bestehende Verbindungsprogramm zwischen den Börsen in Hongkong und Schanghai weiter angestiegen. Auch durch den in Kürze erwarteten Start des Verbindungsprogramms zwischen der Schanghaier und der Londoner Börse werden internationale Geldflüsse nach China zunehmen und große, institutionelle Investments immer üblicher werden. Es ist wohl zu früh, um Investments in China durch ausländische Anleger als Mainstream zu bezeichnen, dennoch nehmen Interesse und Nachfrage seitens der Anleger trotz der aktuellen Negativschlagzeilen beständig zu. Attraktiv bewertetDie chinesischen Aktienmärkte sind derzeit attraktiv bewertet, das Land öffnet sich für internationale Investoren und bietet interessante Chancen – eine ausgeprägte Marktkenntnis vorausgesetzt. Denn China birgt als Schwellenland seine Risiken, und sich am unbekannten Markt zurechtzufinden, ist nicht immer eine einfache Aufgabe.Anleger sollten daher sicherstellen, dass sie die richtige Strategie wählen, besonders um Marktvolatilitäten entgegenzuwirken und Sektoren mit hohen Verschuldungsraten unterzugewichten. Viele internationale Investoren sind jedoch mit dem chinesischen Aktienmarkt nicht ausreichend vertraut, hier können diversifizierte und innovative China-Fonds eine gute Strategie sein. Passiven Anlegern beispielsweise kann ein selektiver Ansatz wie Smart Beta dabei helfen, Bedenken wie Volatilität oder Verschuldung chinesischer Unternehmen effektiv zu adressieren.In den kommenden Monaten werden wohl Wachstumszahlen und weitere Fortschritte oder Rückschläge im Handelsstreit die Schlagzeilen dominieren. Anleger mit Weitsicht können jedoch von der langfristigen Wachstumsstory Chinas profitieren, wenn sie bei kurzfristigen Turbulenzen abwarten können.Danny Dolan, Managing Director bei China Post Global