Chinas Finanzmarkt bietet ungenutztes Potenzial

Privatanleger gehen starke Einzelrisiken ein - Neue Anlageoptionen am Bondmarkt

Chinas Finanzmarkt bietet ungenutztes Potenzial

xaw Frankfurt – Der Zollkonflikt zwischen Washington und Peking hat die globalen Börsen zwei Jahre lang in Atem gehalten und wird sie laut Experten auch nach der Unterzeichnung des Phase-1-Handelsabkommens weiter beschäftigen. Indes bietet der chinesische Finanzmarkt viel Potenzial, das gerade deutsche Privatanleger nach Einschätzung der Commerzbank nur unzureichend ausnutzen.”Der Anteil chinesischer Werte an den Depots liegt bei weniger als 1 %”, sagt Chris-Oliver Schickentanz, Chief Investment Officer der Commerzbank. Dies stehe im Kontrast zur Bedeutung der Volksrepublik für die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte. Schließlich belaufe sich der Anteil chinesischer Unternehmen am globalen Börsenwert auf 16 %. Anleihen verschmähtWenn deutsche Anleger in chinesische Wertpapiere investierten, gingen sie meist überproportionale Einzelrisiken ein. So setzten sie vor allem auf bekannte Hightech-Titel wie Tencent, Alibaba und Huawei und blendeten andere Sektoren der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt aus. Zudem tauchten im Großteil der deutschen Portfolios bislang keine chinesischen Anleihen auf. Der Zugang zum chinesischen Festland-Bondmarkt gestaltet sich für Privatanleger allerdings noch immer kompliziert. Hohe Kosten bei der Ausführung und die eingeschränkte Konvertibilität der chinesischen Währung verteuern den Handel.Für institutionelle Anleger sah es laut Harald Eggerstedt vom Beratungsunternehmen Faros Consultant bisher ähnlich aus. Allerdings erhöhe die Aufnahme chinesischer Onshore-Bonds in die großen Rentenindizes 2020 die Chancen zur Partizipation und wirke sich stark auf den Anleihemarkt aus. So verdopple sich der Anteil chinesischer Staatsanleihen im Barclays Global Aggregate Index in Kürze auf 6 %. Bereits in den vergangenen Jahren hatte China den Zugang zum heimischen Markt für ausländische Investoren stetig ausgeweitet. So können Teilnehmer auf dem chinesischen Festland und in Übersee seit 2017 durch das System “Bond Connect” in Anleihen des jeweils anderen handeln.Laut dem Vermögensverwalter Fidelity ist insbesondere die ausländische Beteiligung an chinesischen Staatsanleihen in den vorigen fünf Jahren mit einem Zuwachs von sechs Punkten auf 8 % deutlich gestiegen. Die öffentlichen Schuldverschreibungen bieten demnach im Vergleich zu ihren Pendants aus den USA, Großbritannien, Japan und Deutschland hohe risikoadjustierte Erträge. Öffnung am AktienmarktDie Rendite auf zehnjährige chinesische Staatsanleihen liegt bei über 3 %. Auch angetrieben durch ausländische Investitionen wird der Bondmarkt der Volksrepublik laut Fidelity-Anleiheexpertin Vanessa Chan im kommenden Jahrzehnt weiterhin kräftig wachsen. Die optimistischste Prognose geht von einem ausstehenden Volumen von bis zu 440 Bill. Renminbi (57,5 Bill. Euro) im Jahr 2035 aus (vgl. Grafik). Dies wäre mehr als das Vierfache der heutigen Marktgröße.Auch ihren Aktienmarkt wird die Volksrepublik laut Beobachtern weiter öffnen. Wie sich die Kurse an den chinesischen Börsen entwickeln, hängt laut Fidelity stark von weiteren wirtschaftlichen Reformen Pekings ab. Damit diese gelingen könnten, benötige China eine Währung mit geringer Volatilität. Experten rechnen damit, dass der Wechselkurs zwischen Dollar und Renminbi im laufenden Jahr stabil bleibt, nachdem die USA vor der Unterzeichnung des Phase-1-Handelsabkommens Vorwürfe der Währungsmanipulation gegen Peking fallen gelassen hatte. Wettbewerb mit WashingtonGrundsätzlich bleibt die wirtschaftspolitische Rivalität mit den Vereinigten Staaten laut Fidelity-Managerin Catherine Yeung allerdings auch am chinesischen Finanzmarkt ein bestimmender Trend. Gerade weil im November die US-Präsidentschaftswahlen anstünden, seien die geopolitischen Risiken noch nicht ausgeräumt. Zudem sei zu erwarten, dass chinesische Großunternehmen künftig stärker mit den US-Marktführern um Investorengelder konkurrieren werden.Was das Volumen der Börsengänge angeht, können sich die Vertreter der Volksrepublik bereits mit ihren amerikanischen Pendants messen. Laut Fidelity tauchen in den Top 10 der bislang größten IPOs drei Unternehmen vom chinesischen Festland auf. Der E-Commerce-Riese Alibaba liege mit 25 Mrd. Dollar an eingesammeltem Kapital auf Platz 2 des Rankings.