Der Citi-Aktienstratege Robert Buckland spricht von einem “Alice im Wunderland”-Marktumfeld. Die Zentralbanken hätten mit dem Aufdrehen des Geldhahns Zeit für eine Erholung der Unternehmensgewinne erkauft. Marktstratege Matt King hält vor diesem Hintergrund weiter steigende Kurse für möglich.hip London – Wenn Kurse steigen, während die Wirtschaft abschmiert, gibt das nicht nur Kleinanlegern Rätsel auf. Es gebe eine “massive Differenz zwischen den zugrunde liegenden Fundamentaldaten und dem Niveau der Märkte”, sagte Citi-Marktstratege Matt King auf einer virtuellen Presseveranstaltung der US-Großbank. “Alles scheint blödsinnig teuer zu sein.” Robert Buckland, der Aktienstratege des Instituts, sprach von einem “Alice im Wunderland”-Marktumfeld. Er hat Analystenschätzungen zur Entwicklung der Unternehmensgewinne aggregiert und kommt zu dem Schluss, dass die Aktienexperten schon für Ende 2021 davon ausgehen, dass beim Gewinn pro Aktie wieder Werte wie 2019 erreicht werden. “Das glaube ich einfach nicht”, sagte Buckland. “Niemals.” Er komme auf einen Wert, der um 30 % darunter liege. Eine starke Erholung sei zwar zu erwarten. Die Frage sei allerdings, wo man “auf der anderen Seite des V” herauskomme. Es könne ein wesentlich tieferes Niveau sein, als manche annähmen. Gemessen an den weltweiten Einkaufsmanagerindizes notierten die Aktienmärkte derzeit um 20 % bis 30 % höher, als die historische Wechselbeziehung der Daten nahelegen würde.Die Zentralbanken versuchten, bis zur Erholung der Unternehmensgewinne eine Brücke zu bauen, sagte Buckland. 2009 hätten sie das nicht geschafft. Das Drehbuch erinnere an die Zeiten, in denen es am Markt ausschließlich um die Zentralbanken ging, sagte King. Es sei die Geschichte des vergangenen Jahrzehnts, in dem es viel Ungewissheit gab, die Volatilität aber niedrig blieb. “Je mehr man sich gegen Risiken absicherte, desto schlechter hat man abgeschnitten”, lautete sein Fazit. “Je mehr man auf ,Value` achtete, desto härter wurde man abgestraft.”Buckland und King gehen davon aus, dass binnen zwölf Monaten Quantitative Easing im Umfang von weiteren 6 Bill. Dollar ansteht. Die Rally könne also noch sehr lange weitergehen, sagte King. Er könne derzeit nichts erkennen, was sie stoppen würde. Er wäre zuversichtlicher, wenn die Notenbanken die Märkte auf einem Niveau stabilisieren würden, das näher am “Fair Value” liege, sagte der Marktstratege.Für David Bailin, den Anlagechef der Citi Private Bank, hat mit dem Lockdown ein neuer Wirtschaftszyklus begonnen. Sein Anlagestratege Steven Wieting hat defensive Werte und Zykliker neu definiert. Die bislang für konjunkturabhängig gehaltene Informationstechnologie sei “Covid-defensiv”, Immobilien, die wegen regelmäßiger Mieteinnahmen als sichere Bank galten, seien dagegen “Covid-Zykliker”.