Kryptobörse

Coinbase ist untrennbar mit Bitcoin verbunden

Coinbase konkurriert mit mehr und mehr Wettbewerbern um eine schrumpfende Retail-Kundengruppe. Eine höhere institutionelle Adoption digitaler Assets dürfte für die Kryptobörse entscheidend werden.

Coinbase ist untrennbar mit Bitcoin verbunden

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Die Börsengeschicke der Handelsplattform Coinbase Global sind untrennbar mit der Entwicklung des Kryptomarkts verbunden. In die Aktie des Marktplatzbetreibers zu investieren heißt, auf eine fortschreitende institutionelle Adoption von Bitcoin, Ether und anderen Cyberdevisen zu wetten. Denn eine größere Präsenz liquider Marktteilnehmer im Segment dürfte auch höhere Handelsvolumen nach sich ziehen, wie Analysten und Digital-Assets-Enthusiasten betonen.

Für Coinbase ist dies ein entscheidender Punkt, weil die Kryptobörse den Großteil ihrer Erlöse über Transaktionsgebühren generiert. Zeitweise machten diese über 90% des Umsatzes aus, im zweiten Quartal 2022 waren es immerhin noch fast 82%. Der Rest setzt sich aus Abonnement- und Dienstleistungsgebühren, Verkäufen eigener Kryptowährungsbestände und Zinserträgen zusammen.

Blackrock weckt Hoffnung

Bisher fallen die institutionellen Handelsvolumen bei Coinbase wesentlich geringer aus als die Retail-Erlöse. Allerdings sind die Hoffnungen der Investoren, dass die institutionellen Zuflüsse am Kryptomarkt wieder anziehen, über den Sommer gestiegen. Dazu hat neben regulatorischen Fortschritten in der Europäischen Union auch Coinbase selbst beigetragen. Denn die Kryptobörse vermeldete Anfang August eine Kooperation mit dem weltgrößten Assetmanager Blackrock. Die institutionellen Kunden des Vermögensverwalters erhalten dadurch Zugang zur Profi-Plattform Coinbase Prime, was ihnen das Trading digitaler Assets erleichtern soll.

Auf die Ankündigung hin schoss die Coinbase-Aktie Anfang August binnen eines Handelstages um 44% in die Höhe, was Shortsellern laut dem Researchanbieter S3 Partners vorübergehend herbe Verluste einbrachte. Damals waren ungefähr 20% der umlaufenden Coinbase-Aktien leerverkauft, Spekulationen um einen Short Squeeze machten die Runde – bei einem solchen Ereignis müssen Leerverkäufer ihre Positionen infolge steigender Kurse schnell glattstellen, was für weiteren starken Auftrieb sorgt. Doch weitere steile Kursavancen blieben aus, die Aktie der Kryptobörse liegt im laufenden Jahr noch immer mit mehr als 70% im Minus.

Kooperation mit Google

Tatsächlich zeigt sich bei Coin­base wiederholt, dass Anleger nach positiven Unternehmensereignissen schnell Gewinne mitnehmen. Zuletzt war dieses Verhalten laut Händlern auch nach Bekanntmachung einer langfristigen strategischen Partnerschaft mit der Alphabet-Tochter Google sichtbar. In deren Rahmen soll der Technologiekonzern der Kryptobörse Cloud-Kapazitäten zur Verfügung stellen, auf deren Basis der Digital-Assets-Dienstleister eine globale Datenplattform aufbauen will. Im Gegenzug sollen ausgewählte Kunden die Cloud-Services von Google künftig über die Bezahlanwendungen von Coinbase mit Kryptowährungen bezahlen können.

Laut den Analysten von Bloomberg Intelligence stärkt der Deal zwar die Potenziale des Marktplatzbetreibers, höhere Erlöse abseits des Trading zu generieren. Auch die Analysten der britischen Großbank Barclays bezeichnen die Partnerschaft zwar als ermutigendes Zeichen für die Wettbewerbsfähigkeit von Coinbase und die Attraktivität der Plattform bei Marktteilnehmern abseits des reinen Krypto­segments. Doch der Einfluss der Kooperation auf die Gewinn-und-Verlust-Rechnung des Digital-Assets-Anbieters dürfte laut den Analysten noch länger auf sich warten lassen. Diese Meinung teilen offenbar auch viele Investoren, verfiel die Coinbase-Aktie nach anfänglich deutlichen Kursanstiegen in Reaktion auf die Google-Partnerschaft doch recht schnell wieder in einen Zick-Zack-Kurs.

Parallele zu „Meme Stocks“

Angesichts der hohen Volatilität der Aktie bemühen Marktbeobachter gerne Vergleiche zwischen Coinbase und sogenannten „Meme Stocks“ wie dem Papier des Videospieleinzelhändlers Gamestop. Wenngleich in Bezug auf die Bewertungen durchaus signifikante Unterschiede bestehen – die Kryptobörse kommt auf Basis der Gewinnschätzungen für die kommenden zwölf Monate auf ein vergleichsweise moderates Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16,25 –, stellt die rege Aktivität von Leerverkäufern bei dem Titel doch eine weitere Parallele dar.

Dies erschwert eine Bewertung von Coinbase nach fundamentalen Kriterien erheblich. Unter den Analysten, die sich dennoch an dieser Aufgabe versuchen, herrscht entsprechend Uneinigkeit. So empfehlen laut dem Informationsdienstleister Bloomberg 15 Investmenthäuser den Titel zum Kauf, während 11 auf „Halten“ votieren und 6 zum Verkauf raten. Die Zahl der Verkaufsempfehlungen ist dabei zuletzt gestiegen.

Für zusätzliche Unsicherheit sorgen dabei anhaltende rechtliche Risiken. Denn Coinbase liegt mit der US-Börsenaufsicht SEC im Clinch. Die Behörde erhebt den Vorwurf, dass mehrere auf der Kryptoplattform gelistete digitale Vermögenswerte unregistrierte Wertpapiere seien. Coinbase streitet dies ab und sucht auch in anderen Punkten die Konfrontation mit der SEC. So unterstützt der Marktplatzbetreiber den Vermögensverwalter Grayscale bei einer Klage gegen die Aufsicht – diese weigert sich, der Umwandlung des von dem Assetmanager aufgelegten Bitcoin Trust in einen ETF zuzustimmen.

Die Auseinandersetzung mit der mächtigen Behörde birgt laut Analysten die Gefahr, die geschäftlichen Perspektiven der Digital-Assets-Dienstleister weiter erheblich einzutrüben. Hinzu kommt, dass der Konkurrenzdruck für Coinbase zunimmt. So hat der Broker Robinhood sein Krypto-Angebot in der laufenden Woche erweitert, inzwischen sind über die Plattform 19 Token handelbar, zudem hat Robinhood in diesem Jahr für ihre Nutzer auch Wallet-Dienste aufgelegt. Im vergangenen Quartal machten Gebühren aus dem Trading digitaler Anlagen ungefähr 20% der Erlöse des Brokers aus.

Robinhood ist stark auf Retail-Anleger fokussiert – Coinbase bisher auch. Diese Kunden haben sich aber angesichts der restriktiven Geldpolitik der Federal Reserve sowie mehrerer Insolvenzen von Digital-Assets-Dienstleistern stark aus dem Segment zurückgezogen. Die Handelsdienstleister konkurrieren also um eine schrumpfende Nachfrage – umso wichtiger dürfte es für Coinbase sein, im institutionellen Markt stärker Fuß zu fassen.

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