Coronakrise setzt den Dollar unter Druck

Zinsdifferenzen spielen 2020 am Devisenmarkt eine immer geringere Rolle. Corona, Politik und Wirtschaftskrise entscheiden über die Kurse.

Coronakrise setzt den Dollar unter Druck

Von Wolf Brandes, FrankfurtAuch am Devisenmarkt haben die Investoren 2020 dramatische Tage erlebt. Zum Höhepunkt der Coronakrise im März führte ein Mangel an Dollar dazu, dass der Dollar-Index in kurzer Zeit um über 8 % stieg. Doch mit dem Höhenflug des Greenback war es bald vorbei. Seinen Status als Leitwährung büßte der Dollar in den folgenden Monaten ein. Die Safe-Haven-Funktion war 2020 nur selten zu sehen, wenn der Markt auf schlechte Nachrichten fast reflexartig mit einer verstärkten Dollarnachfrage reagierte. Das sei aber nicht gerechtfertigt, “wenn der Anlass nicht systemische Risiken birgt”, kommentiert Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank.Bis zum Ende des Jahres entwickelten sich nahezu alle G10-Währungen besser als der Dollar. Besonders gut lief es für die schwedische Krone, den Euro und den Franken. Währungen, die mit Niedrigzinsen ins Jahr gestartet waren und für die der Spielraum für “währungsschädliche” Zinssenkungen gering ausfiel. Anders der Dollar, bei dem die US-Notenbank den Leitzins weiter herunterschleuste und die Zinsdifferenz zwischen Euro und Dollar zusammenschmolz. Die US-Zinsen haben es dem Greenback schwer gemacht. Hinter der Schwäche des Dollar steht aber auch die Covid-19-Pandemie bzw. die damit verbundenen erheblichen Beeinträchtigungen für die US-Volkswirtschaft. Pfund im WechselbadDas britische Pfund startete im Januar indes bei 1,30 Dollar und stürzte nach dem Lockdown Mitte März auf 1,16 Dollar ab. Doch Woche für Woche erholte sich die Währung und stieg bis Anfang September auf 1,33 Dollar. Dann schlug der Brexit-Unmut des Marktes zu. Die britische Regierung hatte ein neues Gesetz ins Spiel gebracht, das Teile der Brexit-Übereinkunft mit der EU abändern würde. Das Pfund rauschte in den Keller. Devisenexperten sahen bereits einen “hässlichen Herbst” für die Währung voraus. Axel Botte vom Vermögensverwalter Ostrum meinte gar: “Es ist nicht auszuschließen, dass die britische Währung in den kommenden Wochen auf die Tiefststände von 2019 zurückfällt.” Es kam anders. Die Währung legte im Dezember kräftig zu, denn die Märkte hofften auf eine Vereinbarung mit der EU. Doch dann setzte ein mutiertes Coronavirus das Pfund kurzfristig unter Druck. Mit der EU-Einigung in letzter Minute stieg das Pfund zum Schluss auf einen Jahreshöchstkurs von 1,36 Dollar. Yuan steigt und steigtDie asiatischen Währungen erlebten 2020 ein Auf und Ab. Mitte März brachen sie scharf ein, was an die Asienkrise 1998 erinnerte. Der chinesische Yuan fiel gegenüber dem Dollar um über 3 %. Doch seit dem Tief haben sich die Währungen erholt – allen voran der Yuan. Seit August befindet sich die chinesische Währung in einem Aufwärtstrend und legte 2020 um 6 % zum Dollar zu. Chinas Währung wurde von mehreren Faktoren gestützt. Das Land hat die Epidemie schnell unter Kontrolle bekommen mit der Folge, dass die Wirtschaft Chinas 2020 gewachsen ist. Hinzu kommt die Schwäche des Dollar. Ein weiterer Treiber war der Sieg des Demokraten Joe Biden bei den US-Präsidentschaftswahlen. Die chinesische Währung und die Exporte des Landes hatten unter dem Handelskonflikt mit den USA gelitten. Durch den bevorstehenden Wechsel keimten Hoffnungen auf eine Entschärfung des Konflikts auf. Türkische Lira leidetDer Verfall der türkischen Lira 2020 übertraf die Prognosen der Experten. Die Währung verlor 2020 gegenüber dem Dollar 23 %. Es war eine Gemengelage aus negativen Realzinsen, schrumpfenden Devisenreserven und politischen Risiken, die das Land in Bedrängnis und die Lira zum Absturz brachte. Marktteilnehmer gehen davon aus, dass in den vergangenen Monaten Interventionen am Devisenmarkt in Höhe von mehreren Milliarden Dollar stattfanden, eine enorme Belastung für die Währungsreserven. Eine weitere Bürde war das Verhalten der Zentralbank. Bis Mitte des Jahres versuchte sie auf Geheiß von Präsident Erdogan mit einer “Niedrigzinspolitik” die Wirtschaft anzukurbeln. Bis in den Mai senkte die Bank die Rate von 12 % auf 8,25 % ungeachtet der hohen Inflation. Im September kam die Kehrtwende. Wenig später musste der erst 2019 eingesetzte Notenbankchef gehen, ehe der Nachfolger den Leitzins im November auf 15 % erhöhte. Damit war vorerst der weitere Verfall der Währung gestoppt. Die letzten Wochen des Jahres verliefen für die Lira friedlich.