Covid-19 ist der "Super Case" für Anbieter von Sicherheitslösungen
Viele externe Ereignisse verursachen bei uns Menschen Verunsicherung und sprechen unser Bedürfnis nach “Sicherheit” an. Nach dem subjektiven Gefühl ist die Welt in den letzten beiden Jahrzehnten “unsicherer” geworden, was unter anderem mit einer gestiegenen Komplexität unserer Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme zu tun hat.In der Tat hat sich die Bedrohungslage für unsere Unversehrtheit und die Integrität von Staaten, Unternehmen und Einzelpersonen dramatisch verändert. Eine neue Art des Terrorismus seit Ende der 1990er Jahre muss beantwortet werden, die zunehmende Vernetzung von IT-Systemen schafft neue Einfallstore für kriminelle Akteure, und die globalisierte Welt mit einem regen Austausch von Waren und Personen begünstigt die Verbreitung von Krankheiten und verunreinigten Lebensmitteln. Unerlässliche AusgabenDabei haben sich die Kosten, die mit einem Angriff auf die Sicherheit – egal in welcher zuvor genannten Dimension – verbunden sind, massiv erhöht. Ein Hackerangriff auf das Firmenwissen eines Unternehmens oder ein Abgreifen von Kundendaten kann existenzbedrohende Folgen für den Angegriffenen haben. Desgleichen sind die Folgen eines terroristischen Angriffs (oder eines Unglücks, wie kürzlich im Libanon) auf die kritische Infrastruktur eines Landes so verheerend, dass dies Regierungen stürzen lassen kann. Dadurch sind in den letzten Jahren die Ausgaben für alles, was wir mit dem Begriff Sicherheit verbinden, massiv angestiegen, häufig im Bereich langfristiger Investitionen. Hierbei kann man ein interessantes Phänomen beobachten: Aufgrund der Tatsache, dass die Folgen eines Angriffs prohibitiv teuer sein können, spielen Kostenüberlegungen bei den Ausgaben zum Schutz eine untergeordnete Rolle. Worauf es vornehmlich ankommt, ist die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen. Diese – sinnvolle – Fokussierung auf die Effizienz von Sicherheitslösungen eröffnet den Anbietern eine enorme Preissetzungsmacht. Der Wettbewerb wird häufig nicht über den Preis ausgetragen, sondern über die Qualität in der Gefahrenabwehr. Das sichert nicht nur hohe Gewinnmargen, sondern macht die Investitionen in Sicherheitslösungen weniger konjunkturabhängig. In einer Rezession wird ein Unternehmen die Investitionsbudgets herunterfahren müssen, allerdings werden die Ausgaben für Cybersicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit erst gekürzt, wenn das Unternehmen über gar keine Mittel mehr verfügt.Diese strukturelle Wachstumsstory einer steigenden Bedrohungslage, verbunden mit einer geringeren Zyklizität von Erträgen von Sicherheitsanbietern, ist genau das, was an der Börse gesucht wird. Daher haben sich die Kurse von Sicherheitsanbietern im Verlauf der letzten Jahre nicht nur überdurchschnittlich entwickelt, die positiven Wachstumsaussichten sind auch erkannt und in den Kursen eingepreist worden. Traditionell besitzt das Anlagethema Sicherheit eine höhere Bewertung als ein klassisches weltweites Aktienportfolio, teilweise sogar kräftig. Dennoch wird die langjährige Ertragskraft dieser Unternehmen von Analysten aus unserer Sicht systematisch unterschätzt. Wegen der überschaubaren Prognosezeiträume der Analysten wird typischerweise ein Abflachen der Wachstumsgeschwindigkeit in den Erträgen unterstellt – was aber in diesen Superwachstumsbereichen zumeist nicht eintritt.Die aktuelle Pandemie ist mit ihren verschiedenen Facetten (Gesundheitssysteme, schwere Rezession, die massenweise Verlagerung von Arbeitsplätzen in Privaträume, politische Unzufriedenheit) so etwas wie der “Super Case” für das Thema Sicherheit. Das Bewusstsein der Bevölkerung für ihre Verwundbarkeit ist ebenso gestiegen wie die Dringlichkeit der Implementierung von effektiven Sicherheitsmechanismen. Hierbei hat sich der Fokus gegenüber den vergangenen Jahren allerdings verschoben. Während zuvor die Terrorabwehr und die Vermeidung von Lebensmittelskandalen eine hohe öffentliche Wahrnehmung hatten, sind die Unternehmen der Themenbereiche Cybersicherheit, Gesundheitstests und Seuchenkontrolle sowie IT-Firmen, die ein Arbeiten von zu Hause erst ermöglichen (Cloud-Dienstleistungen, Datencenter, digitale Infrastruktur), besondere Profiteure der Covid-19-Pandemie. Gleichzeitig sind die anderen Bereiche des Sicherheitsthemas (Sicherheitsprodukte und Sicherheitsdienstleistungen) keineswegs unwichtiger geworden.Es ist in diesem Umfeld zu erwarten, dass sich in der Folge die Regulierungsdichte in den zuvor genannten Bereichen erhöhen wird – um für die nächste Bedrohung besser gewappnet zu sein. Dadurch ergeben sich weitere Chancen für die Anbieter von Sicherheitslösungen. Walter Liebe, Pictet Asset Management