CS hält Ölkonzerne für attraktiv

Bank sieht europäische Konzerne im Vorteil - Favorisiert werden Royal Dutch Shell und Total

CS hält Ölkonzerne für attraktiv

Das Vierjahrestief beim Ölpreis macht vielen Unternehmen der Öl- und Gasindustrie zu schaffen. An der Börse gehörte die Branche daher zuletzt zu den Verlierern. Wie die Credit Suisse (CS) in einer Studie schreibt, gibt es allerdings einige interessante Anlagemöglichkeiten.amb Frankfurt – Autofahrer können sich freuen: Der Ölpreis fällt und fällt, die Notierung für die Nordseesorte Brent rutschte zuletzt das erste Mal seit 2010 wieder unter die Marke von 80 US-Dollar je Barrel. Für Unternehmen der Öl- und Gasindustrie sind die Folgen weniger erfreulich, die Aktienkurse blieben zuletzt deutlich hinter dem Marktdurchschnitt zurück. Nach Ansicht der Credit Suisse (CS) sind viele Titel mittlerweile durchaus attraktiv. In einer Studie rät die Schweizer Bank unter anderem zu Royal Dutch Shell und Total, für langfristig orientierte Anleger komme auch Chevron in Frage. Auf “Neutral” gesetzt werden hingegen etwa BP, ConocoPhillips und ExxonMobil, stark abgeraten wird von der BG Group und Eni.Nach drei Jahren mit wenig Bewegung beim Ölpreis geht es seit diesem Sommer steil nach unten: Ein Barrel Brent, für das im Juni noch über 115 US-Dollar bezahlt werden mussten, kostet aktuell nur noch 77 US-Dollar – so wenig wie zuletzt vor vier Jahren. Ähnlich sieht es aus bei der US-Leichtölsorte WTI, die nur noch bei 73 US-Dollar notiert nach 107 im Juni. Der Grund: Auf der Nachfrageseite machen sich das rückläufige Wachstum in China und die Schwäche der europäischen Wirtschaft bemerkbar. Gleichzeitig steigt das Angebot, vor allem durch die boomende Schieferölförderung in den USA, aber auch die anhaltend hohe Produktion Saudi-Arabiens. Es heißt, Saudi-Arabien nehme Preisrückgänge bewusst in Kauf, um Marktanteile zu halten – und Schieferölfirmen in den USA, die zu viel höheren Kosten produzieren, aus dem Markt zu drängen. Quartalsbilanz verhageltDer Preissturz blieb nicht ohne Folgen für die Ölmultis. So meldeten z. B. die französische Total, der britische BP-Konzern und Statoil aus Norwegen für das dritte Quartal einbrechende Gewinne. Statoil rutschte sogar zum ersten Mal seit 2001 wieder in die roten Zahlen. Aktienanleger trennten sich daher lieber von der Branche: Der europäische Branchenindex Stoxx Europe 600 Oil & Gas ist seit Juni um 17 % gefallen. Der Stoxx Europe 600 kommt für denselben Zeitraum nur auf ein kleines Minus von knapp 3 %.Die Bank ist aber überzeugt, dass die großen Ölkonzerne widerstandsfähig sind. Die Analysten gehen davon aus, dass die Investitionsausgaben in der Branche nicht dem Ölpreis entsprechend fallen werden, das werde sich langfristig auszahlen. Die Weiterentwicklung von Projekten werde allenfalls verzögert werden. Die nach dem Höhepunkt der Investitionen 2013 und 2014 nun startenden Projekte würden zudem den Free Cash-flow anschieben – selbst bei einem sinkenden Ölpreis. Das schwierige Umfeld könne sich sogar positiv auf die Konzerne auswirken, meint die Bank: Diese würden gezwungen, sich noch mehr auf Effizienzsteigerungen und Kapitaldisziplin zu konzentrieren. “Ein Abschwung kann genutzt werden, um das Geschäftsmodell zu stärken.”Kurspotenzial sehen die Analysten vor allem für europäische Werte. “Mit Ausnahme von ExxonMobil ist die Abhängigkeit der US-Konzerne von der Ölpreisentwicklung größer.” Die stärker im Downstream-Geschäft (Raffinerien und Tankstellen) tätigen europäischen Unternehmen wie Royal Dutch Shell und Total könnten sogar von einem niedrigen Ölpreis profitieren. Nicht zuletzt seien die europäischen Titel an der Börse niedriger bewertet. In den USA wird vor allem zu solchen Unternehmen geraten, die im Schieferölgeschäft aktiv sind. Bei russischen Ölkonzernen wird grundsätzlich zu Vorsicht gemahnt, nur der Erdgas- und Erdölproduzent Novatek und der Ölriese Lukoil landen auf der Empfehlungsliste.Favorit ist aber Royal Dutch Shell (“Outperform”), das Kursziel wird von 2 625 auf 2 660 britische Pence angehoben (aktuell 2 202 Pence). Gelobt wird die Philosophie konstanter Investitionen über den Zyklus hinweg. Gelinge es dem Konzern, die Kostendisziplin noch zu verbessern, sei angesichts der guten Aufstellung und des hervorragenden Flüssiggasgeschäfts mit steigenden Dividenden zu rechnen. Der britisch-niederländische Konzern, der noch vor dem Ölpreisverfall ein Restrukturierungsprogramm aufgelegt hatte, konnte für das dritte Quartal einen Gewinnsprung von fast einem Drittel auf 5,8 Mrd. US-Dollar melden – Hintergrund sind Zuwächse bei der Gasförderung sowie bei der Weiterverarbeitung von Öl. Ebenfalls mit “Outperform” wird Total eingestuft, der Aktie wird jetzt ein Kurs von 52,50 statt 51,50 Euro (aktuell 45,58 Euro) zugetraut. Bei der Generierung von Cash-flow werde das Unternehmen zu einem der besten der Branche werden, heißt es. Daher sei auch von steigenden Dividenden auszugehen. Chevron OutperformFür Langfristanleger eignet sich der Studie zufolge auch Chevron (“Outperform”), als Kursziel werden 145 US-Dollar (aktuell 115,72 US-Dollar) genannt. Das Geschäftsmodell sei solide, neue Projekte versprächen hohe Margen. Die Nummer 2 im US-Markt hat ihren Gewinn im abgelaufenen Quartal überraschend deutlich gesteigert. Während die Förderung weniger abwarf, lief es dafür im Raffinerie- und Tankstellengeschäft besser. Die Aktie war von über 144 im Sommer auf zwischenzeitlich 109 US-Dollar gefallen, hat sich zuletzt aber deutlich erholt. Empfohlen (“Outperform”) werden außerdem die beiden kanadischen Konzerne Suncor Energy, einer der großen Akteure in Kanadas Ölsandindustrie, und Canadian Natural Resources, der kanadische Erdgas- und Erdölförderer, sowie Novatek und Lukoil aus Russland.Die Finger lassen sollten Anleger dagegen von Aktien des britischen Öl- und Gaskonzerns BG Group und des italienischen Erdöl- und Energieriesen Eni (“Underperform”). Für die BG Group wird ein Kursziel von 1 050 Pence genannt (aktuell 1 027 Pence), begründet wird das mit Risiken des Konzerns in Australien und Brasilien. Für Eni liegt das Kursziel bei 17,30 Euro (aktuell 16,23 Euro). Bemängelt werden der schwache Raffination & Marketing-Bereich sowie Risiken im Fördergeschäft durch Aktivitäten in zahlreichen tendenziell unsicheren Ländern. Auch von Gazprom wird abgeraten. “Neutral” lautet das Votum der Credit Suisse derweil für ExxonMobil, BP, ConocoPhillips, Occidental Petroleum Company, Statoil, Rosneft, Imperial Oil, Repsol, Galp und OMV.Auch andere Häuser sind für Royal Dutch Shell optimistisch: So haben Deutsche Bank und UBS die Aktie zuletzt zum Kauf empfohlen, J. P. Morgan stuft sie mit “Overweight” ein. UBS nennt ein Kursziel von 2 450 Pence und verweist auf Aussagen des Konzernchefs Ben van Beurden, der davon ausgehe, dass der niedrige Ölpreis nicht von Dauer sein werde. Die Deutsche Bank zeigt sich zwar grundsätzlich skeptisch gegenüber dem Ölsektor, der Konzern zählt aber zu den bevorzugten Werten der Bank in der Branche. Das Kursziel wird allerdings leicht von 2 850 auf 2 600 Pence reduziert.Bei Total fällt das Analystenvotum ebenfalls überwiegend positiv aus: UBS, Deutsche Bank, die Citigroup und S & P Capital raten zum Kauf, nur Goldman Sachs stuft die Aktie mit “Neutral” ein. Die UBS hält an ihrem Kursziel von 55 Euro fest, der Fokus des Ölkonzerns auf Kostensenkungen im Fördergeschäft werde durch eine Phase mit niedrigeren Ölpreisen noch verstärkt werden. Die Deutsche Bank bleibt zwar bei ihrer Kaufempfehlung, hat das Kursziel aber von 55 auf 50 Euro gesenkt – in Erwartung eines noch weiter fallenden Ölpreises. Die Citigroup ist davon überzeugt, dass die großen Ölkonzerne ihre über den Kapitalkosten liegenden Kapitalrenditen trotz Ölpreisrückgang verteidigen und den Buchwert weiter steigern werden. Goldman Sachs moniert hingegen, dass Total weiter Probleme bei der Generierung des Free Cash-flow habe und keine Anzeichen einer Verbesserung erkennbar seien.