Dämpfer für Luxusgüterkonzerne
Chinesen mögen europäische Luxusartikel und kaufen diese vorzugsweise im Ausland – oder lassen sie kaufen. Genau das will China nun aber unterbinden. Einer Studie von Morgan Stanley zufolge wird das den Luxusgüterkonzernen schaden, denn die erwirtschafteten mittlerweile schon über ein Drittel ihrer Umsätze in China.amb Frankfurt – Angesichts der Handelsstreitigkeiten mehren sich die Sorgen um China. So haben Aktien von Unternehmen, die stark von China abhängen, mit dem Rücksetzer an den Märkten im Oktober besonders heftig an Wert verloren, darunter Europas Luxusgüterkonzerne. Morgan Stanley hat die Auswirkungen einer Konjunkturabkühlung Chinas sowie eines neuen Gesetzes zur Eindämmung von Käufen im Ausland untersucht und rät zum Differenzieren: Auf “Overweight” gestuft werden LVMH, Richemont und Swatch, “Equalweight” lautet das Votum für Kering und Moncler. Prada wird hingegen auf “Underweight” gestuft, ebenso wie Tods und Hugo Boss. Trübere AussichtenDie Aussichten für Chinas Konjunktur trüben sich ein: So hat der Internationale Währungsfonds IWF in seinem jüngsten World Economic Outlook die Wachstumsprognose für China für 2019 um 0,2 Prozentpunkte auf 6,2 % reduziert, für dieses Jahr werden noch 6,6 % erwartet, 2017 waren es noch 6,9 %. “Der Gegenwind wird vorerst wohl nicht abnehmen”, kommentiert Morgan Stanley. Chinas Konsum werde zurückgehen, auch wegen eines neuen Gesetzes, das “Daigou” verhindern soll. Bei “Daigou”, übersetzt “Auftragseinkauf (im Ausland)”, beauftragen Chinesen von China aus den Kauf bestimmter Produkte – meist Luxusgüter – außerhalb des Landes, wo sie billiger sind und mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht gefälscht. Durch “Daigou” geht dem offiziellen stationären und Online-Einzelhandel in China viel Geschäft verloren. Ab Januar 2019 gilt daher in China ein neues Gesetz, das “Daigou” eindämmen soll. Laut Morgan Stanley werden an den Flughäfen schon jetzt strengere Kontrollen durchgeführt.Zur abnehmenden Konsumlaune trügen aber auch eine restriktivere Vergabepraxis für Konsumentenkredite in China und verringerte Subventionen für den Immobilienerwerb bei. Allerdings rechnet die US-Bank mit Gegenmaßnahmen von Chinas Regierung, etwa in Form niedrigerer Sozialabgaben, einer niedrigeren Umsatzsteuer oder höherer Abzugsmöglichkeiten bei der Einkommensteuer. China dominiert MarktChina stehe mittlerweile für 34 % des globalen Luxusgütermarktes, wie Morgan Stanley in der Studie schreibt. Dabei gibt es eine Besonderheit: Während Europäer, Japaner und Amerikaner Designerkleidung, -schuhe, -taschen sowie hochwertige Kosmetika in ihren Heimatländern kaufen, greifen Chinesen eher im Ausland zu. Laut Morgan Stanley werden 70 % der Luxusgüterkäufe von Chinesen im Ausland getätigt. Geschätzt ein Fünftel davon fällt der US-Bank zufolge auf “Daigou”. Bei einem Verbot der Praxis seien damit insgesamt 5 % des globalen Luxusmarktes in Gefahr, heißt es in der Studie.Bislang sind laut Morgan Stanley noch keine Auswirkungen zu spüren, allerdings erwirtschafteten die Luxusgüterkonzerne zum Teil sehr hohe Umsatzanteile mit Chinesen – allen voran Swatch und Richemont mit 52 % und 42 %, gefolgt von Kering mit 37 %, Prada mit 36 %, LVMH mit 31 %, Moncler mit 30 % und Tod’s mit 28 %. Nur bei Hugo Boss entfielen lediglich 13 % der Umsätze auf China.Die Auswirkungen seien daher höchst unterschiedlich. Morgan Stanley stuft zum einen LVMH auf “Overweight”, als Kursziel werden 325 Euro genannt, deutlich oberhalb der aktuellen Notierung von 263,25 Euro. Ende September lag der Kurs allerdings noch bei 306 Euro. Die US-Bank lobt das überdurchschnittliche Wachstum des Konzerns, die Gewinnschätzungen würden immer wieder nach oben angepasst, zudem seien die Ergebnisse auch recht stabil. Außerdem sei LVMH im Vergleich zur Konkurrenz breit aufgestellt mit Mode und Lederwaren (Louis Vuitton, Givenchy, Marc Jacobs, Céline), Wein und Spirituosen (Moët & Chandon, Hennessy), Uhren und Schmuck (TAG Heuer, Hublot) sowie Parfüm und Kosmetika.Im dritten Quartal habe der Konzern zudem ein robustes organisches Wachstum vorgelegt und die Erwartungen bei Mode und Lederwaren übertroffen. Gut an kommt nicht zuletzt der positive Ausblick des Managements. Zudem liege die Bewertung auf KGV-Basis unter dem historischen Durchschnitt. Ebenfalls auf “Overweight” gestuft werden – trotz hoher Abhängigkeit von China – der französische Luxusgüterkonzern Richemont (Kursziel 111 sfr, aktuell 70,40 sfr) und der Schweizer Uhrenhersteller Swatch (Kursziel 530 sfr, aktuell 327,80 sfr), beide wegen der zu niedrigen Bewertung.Die Aktie des italienischen Luxuslederwaren- und Modeunternehmens Prada wird hingegen auf “Underweight” gesetzt, das Kursziel von 33 HK-Dollar liegt durch die deutlichen Kursverluste allerdings schon über der aktuellen Notierung von 27,85 HK-Dollar. Prada musste seit Mai, als die Aktie noch 47 HK-Dollar kostete, ordentlich Federn lassen.Morgan Stanley begründet die “Underweight”-Empfehlung mit dem hohen Umsatzanteil in China und dem hohen KGV von 29 für 2019. Ebenfalls auf “Underweight” gestuft werden der italienische Lederwarenkonzern Tod’s (Kursziel 55 Euro, aktuell 52,15 Euro) und auch Hugo Boss aus Metzingen (Kursziel 61 Euro, aktuell 60 Euro). “Equalweight” lautet das Votum für den französischen Luxusgüterkonzern Kering (Kursziel 460 Euro, aktuell 360,20 Euro) und Moncler aus Italien (aktuell 32,50 Euro, aktuell 30,40 Euro). Bei anderen Analysten beliebtFür LVMH gibt es im Moment sehr viele Kaufempfehlungen, unter anderem von RBC Capital, Credit Suisse, Goldman Sachs, Berenberg und J.P. Morgan. So hält Credit Suisse den jüngsten Kursrutsch für übertrieben und bestätigt das Kursziel von 340 Euro. LVMH bleibe bevorzugter Wert, bis sich der Staub gelegt habe, der Konzern verfüge über defensive Eigenschaften wegen seiner geografischen Aufstellung und der Produktpalette. Insofern könnten sich die Papiere in einem konjunkturellen Abschwung überdurchschnittlich entwickeln. Goldman Sachs hat LVMH nach Umsatzzahlen zum dritten Quartal auf “Buy” mit einem Kursziel von 326 Euro belassen. Der Luxusgüterkonzern habe erwartungsgemäß zugelegt, hieß es. Société Générale und Deutsche Bank stufen die Aktie hingegen nur auf “Hold”. Société Générale verweist auf die zunehmende Unsicherheit im Luxusgütersektor und hat das Kursziel in dieser Woche von 340 auf 282 Euro gesenkt. Viele EmpfehlungenDoch auch für die von Morgan Stanley auf “Underweight” gestufte Hugo Boss-Aktie gibt es derzeit viele Empfehlungen, etwa von UBS, Hauck & Aufhäuser, Equinet, Berenberg, RBC Capital und HSBC. Société Générale hat die Aktie in dieser Woche auf “Hold” hochgesetzt, Goldman Sachs rät zu “Sell”. Die UBS (“Buy”) nennt ein Kursziel von 85 Euro und verweist auf das ihrer Ansicht nach attraktive Chance-Risiko-Verhältnis. Positive Impulse vom Onlinehandel und die Entwicklung auf dem chinesischen Markt zeugten davon, dass die Neuausrichtung von Boss an Fahrt gewinne.Equinet votiert mit “Buy” bei einem Kursziel von 80 Euro. Der Jahresausblick des Modekonzerns sei nach wie vor erreichbar, heißt es. Zwar habe sich das Unternehmen wohl eher nicht der allgemeinen Marktschwäche im dritten Quartal entziehen können, doch dürfte es sich besser geschlagen haben als viele andere. Die Berenberg Bank senkte ihr Kursziel für Hugo Boss vor Zahlen von 82 auf 80 Euro, blieb aber bei “Buy”. Die Resultate für das dritte Quartal dürften eher schwach ausfallen, die Sommerhitze dürfte die Frequentierung der Läden gemindert und zu einem verstärkten Absatz von bereits reduzierter Sommermode statt der normal gepreisten Herbst-/Winterkollektion geführt haben. Der Ausblick für 2018 sei aber noch erreichbar. Die Quartalszahlen sollen am 6. November veröffentlicht werden.