DEVISENWOCHE

Dänemark ist nicht die Schweiz

Von Martin Hochstein *) Börsen-Zeitung, 10.2.2015 Ist etwas faul im Staate Dänemark? In Anlehnung an Shakespeares Hamlet und mit Blick auf die Spekulation über ein mögliches Ende der Anbindung der dänischen Krone an den Euro stellen sich derzeit...

Dänemark ist nicht die Schweiz

Von Martin Hochstein *)Ist etwas faul im Staate Dänemark? In Anlehnung an Shakespeares Hamlet und mit Blick auf die Spekulation über ein mögliches Ende der Anbindung der dänischen Krone an den Euro stellen sich derzeit viele Finanzmarktakteure diese Frage. Um zu verstehen, warum Dänemark verstärkt in den Fokus der Währungsmärkte gerückt ist, lohnt sich ein Blick auf die Schweiz. Mitte Januar löste die Schweizer Nationalbank (SNB) mit der unerwarteten Aufgabe ihres Mindestkurses von 1,20 Schweizer Franken je Euro ein mittelschweres Erdbeben an den internationalen Finanzmärkten aus. Während die negativen Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit der Schweizer Notenbank offensichtlich sind, ist derzeit unklar, wie stark andere Notenbanken und insbesondere die Politik der Dänischen Nationalbank (DNB) von den Entscheidungen der Eidgenossen betroffen sind. Breiter Konsens zur BindungDroht der Anbindung der dänischen Krone nun das gleiche Schicksal wie dem Mindestkurs des Schweizer Franken? Auf den ersten Blick ergeben sich einige Parallelen zwischen beiden Ländern. Sowohl die Schweiz als auch Dänemark sind offene, stark vom Außenhandel mit der Eurozone geprägte Volkswirtschaften mit historisch hohen Leistungsbilanzüberschüssen. In den Finanzmärkten genießen beide Länder auf Grund ihres “AAA”-Ratings den Status eines “sicheren Hafens”, was sich seit Ausbruch der Finanzkrise in Kapitalzuflüssen und steigenden Devisenreserven widerspiegelt. Nicht zuletzt hat sich der Aufwertungsdruck auf Franken und Krone im Vorfeld des erwarteten Einstiegs der Europäischen Zentralbank in die quantitative Lockerungspolitik erhöht.Stellt man diesen Gemeinsamkeiten die wesentlichen Unterschiede gegenüber, so ergibt sich ein deutlich differenzierteres Bild. Im Gegensatz zur Schweiz, wo der Mindestkurs als temporäres geldpolitisches Instrument die weitere Aufwertung der eigenen Währung stoppen sollte, steht die Währungsanbindung in Dänemark seit über 30 Jahren im Mittelpunkt der monetären Strategie. Auch außerhalb der DNB herrscht breiter gesellschaftlicher und politischer Konsens über die ökonomischen Vorteile des aktuellen Wechselkursregimes. Darüber hinaus hat sich Dänemark als EU-Mitglied im Rahmen des Europäischen Wechselkursmechanismus (ERM II) verpflichtet, die eigene Währung maximal 2,25 % um den festgelegten Referenzkurs von 7,46 Kronen je Euro schwanken zu lassen. Im Notfall sieht der ERM II zur Wahrung der Bandbreite unlimitierte Interventionen nicht nur der nationalen Notenbank, sondern auch der EZB vor.Des Weiteren verdeutlich der starke Anstieg der Schweizer Währungsreserven den ungleich höheren Aufwertungsdruck, dem sich der Franken ausgesetzt sah. Während die von der SNB im Zuge der Interventionen aufgebauten Währungsreserven seit September 2008 von knapp 8 % auf aktuell über 75 % des Bruttoinlandsprodukts gestiegen sind, erhöhte sich die Quote bei der DNB trotz des weiteren Anstiegs zu Jahresbeginn lediglich von etwa 9 % auf 29 %. Weder Franken noch Krone sind bedeutende Reservewährungen. Allerdings spielt die Schweizer Valuta mit einem Anteil von knapp 5 % an den täglichen Transaktionsvolumina eine deutlich stärkere Rolle an den weltweiten Devisenmärkten; der Anteil der Dänenkrone liegt hier unter 1 %.Mit welchen Mitteln kann sich die Dänische Nationalbank gegen die aktuellen Aufwertungstendenzen stemmen? Zunächst bietet sich eine weitere Lockerung der Geldpolitik an. Diesen Weg hat die DNB bereits mit der viermaligen Senkung ihres Einlagensatzes um insgesamt 0,70 Prozentpunkte auf – 0,75 % seit Jahresanfang beschritten. Obwohl dieses Instrument noch nicht vollständig ausgereizt ist und weitere Schritte, wie die Einführung eigener quantitativer Lockerungsmaßnahmen, zunehmend diskutiert werden, bleibt der Notenbank zur wirksamen Verteidigung des Wechselkurses wohl letztlich nur die unlimitierte Intervention am Devisenmarkt. Zu entsprechenden Transaktionen sah sich die Notenbank bereits in den vergangenen Wochen gezwungen. DNB-Gouverneur Lars Rohde warnte in der vergangenen Woche erneut davor, an der Entschlossenheit der Notenbank zu zweifeln. Restrisiko bleibt bestehenWir schließen uns dieser Aussage an und schätzen die Risiken für eine Aufgabe des aktuellen Wechselkursregimes auf Grund der hohen volkswirtschaftlichen Kosten und des Potenzials bilateraler Marktinterventionen durch DNB und EZB als derzeit gering ein. Wie das Beispiel Schweiz zeigt, besteht allerdings ein gewisses Restrisiko. Die Finanzmärkte könnten die Entschlossenheit der Dänischen Nationalbank in den kommenden Wochen weiter testen. Unter dem Verlust an Glaubwürdigkeit der Schweizer Nationalbank wird somit auch Dänemark bis auf Weiteres zu leiden haben.—-*) Martin Hochstein ist Senior Strategist bei Allianz Global Investors.