Danske Bank braucht Jahre zum Aufräumen
Von Tobias Fischer, Frankfurt
Die nach den ersten Geldwäschevorwürfen 2018 zum Inbegriff der Skandalbank avancierte Danske Bank schien sich nach turbulenten Jahren einigermaßen berappelt zu haben, da kam der nächste Schlag: Knall auf Fall ging vor gut zwei Wochen Dänemarks größtes Finanzinstitut ihres dritten Vorstandschefs binnen zweieinhalb Jahren verlustig. Chris Vogelzang stürzte über Vorwürfe, Missstände in der Geldwäscheprävention zugelassen zu haben. Allerdings bei ABN Amro, wo er viele Jahre zuvor das Retailgeschäft verantwortet hatte.
Umbau bis 2023
Einen Nachfolger, sogar aus dem eigenen Haus, hatte Danske mit Carsten Egeriis schnell parat. Dem 44-Jährigen obliegt es in den nächsten Jahren, die Aufräumarbeiten infolge des Geldwäscheskandals voranzutreiben, die teils seine Vorgänger auf den Weg gebracht haben, die Bank aus den Negativschlagzeilen zu bringen, die Folgen der Coronakrise einzuhegen und bis 2023 den Umbau in ein schlankeres, digitaleres, von vielerlei Kosten befreites Institut unter Dach und Fach zu bringen.
Unter dem Schlagwort „Better Bank“ hat sich Danske 2020 aufgemacht, Organisation und Management zu straffen, agile Arbeitsweisen einzuführen, von denen 4000 der gut 22000 Mitarbeiter betroffen sein werden, die Produktpalette auszumisten, an der Compliance zu feilen und insbesondere ihre Anti-Geldwäsche-Verfahren aufzubessern. Die Kostenbasis soll auf 24,5 Mrd. dkr (3,3 Mrd. Euro) gebracht werden. Im vergangenen Jahr waren es – auch aufgrund der Transformationskosten – 28,1 Mrd. dkr nach 27,2 Mrd. dkr 2019. Um das Kostenziel zu erreichen, trennt sich Danske von 1600 Angestellten und geht darüber hinaus von sinkenden Umstrukturierungsaufwendungen aus sowie nach den umfangreichen Compliance-Investitionen in den vergangenen Jahren von künftig niedrigeren Beträgen (minus 3,0 bis 3,2 Mrd. dkr).
Das von Danske für dieses Jahr ausgegebene Nettoergebnis-Ziel von 9 Mrd. bis 11 Mrd. dkr klingt im Vergleich mit dem von einer sehr hohen Kreditrisikovorsorge geprägten 2020, in dem unterm Strich 4,6 Mrd. dkr Gewinn verblieben, ordentlich, macht sich aber gegenüber den Vorjahren gering aus. 2019 und 2018 hatte die Bank noch jeweils gut 15 Mrd. dkr erzielt und in jedem der beiden Jahre davor noch rund ein Drittel mehr.
LBBW Research bescheinigt der nach dem Rückzug aus Russland und dem Baltikum 2019 in Skandinavien und Nordirland aktiven Danske eine dank diversifizierter Ertragslage im Kern gute Profitabilität, hohe Liquidität und Assetqualität angesichts einer Non-Performing-Loan-Quote von 1,2% zum Jahreswechsel.
Die Deutsche Bank erwartet durch die Kosteninitiative der Danske substanzielle Erleichterung. Zu rechnen sei auch mit höheren Provisionsüberschüssen und angesichts einer wahrscheinlichen Konjunkturerholung mit deutlich sinkender Vorsorge für Kreditausfälle. Weniger zufrieden zeigt sich die Deutsche Bank, die zum Halten der Danske-Aktie rät, mit dem prognostizierten schwächeren Wachstum des Zinsüberschusses. Auf Enttäuschung stößt dabei weniger das erwartete geringere Kreditwachstum oder der anhaltende Margendruck als vielmehr die schon eingepreiste Rolle, die der auf 100000 dkr (13500 Euro) abgesenkte Schwellenbetrag spielen dürfte, von dem auf Privatkunden 0,6% Negativzinsen abgewälzt werden. Die Deutsche Bank hätte sich hier offenbar mehr erhofft. Allerdings ist in der Angelegenheit das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die sozialdemokratische Regierung hat Widerstand gegen die Entscheidung des Managements, die ab 1. Juli greifen soll, angekündigt und die „Gier“ der Banker gegeißelt.
Anders als in den Niederlanden und in Schweden, wo ABN Amro, ING, Swedbank und SEB wegen Defiziten in der Geldwäscheprävention von heimischen Behörden belangt worden sind, wurde Danske bislang verschont. Die dänische Finanzaufsicht hatte dem Institut lediglich auferlegt, seine Kapitalpuffer aufzupolstern, um den gestiegenen Compliance- und Reputationsrisiken gerecht zu werden, nachdem das Ausmaß des Skandals ersichtlich geworden war. Das war im September 2018 der Fall, als Danske eine interne Untersuchung präsentierte, der zufolge 2007 bis 2015 verdächtige Gelder in Höhe von 200 Mrd. Euro durch die estnische Danske-Niederlassung geschleust worden waren.
Aktuell prüfen noch Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden aus den USA, aus Estland, Dänemark und Frankreich den Fall, darunter das US-Justizministerium und die Börsenaufsicht SEC. Hinzu kommen Klagen von Anlegern, die auf Schadenersatz dringen. Das Management zeigt sich außerstande abzuschätzen, ob, wann oder in welcher Höhe Strafen anfallen.
Aus dem Gröbsten raus ist Danske erst, wenn die US-Kontrolleure ihr Verdikt gesprochen haben. J.P. Morgan sieht die Equity Story der Danske von den laufenden Untersuchungen überschattet. Eine mögliche US-Strafe hält sie aber wie die Deutsche Bank für tragbar, weil die harte Kernkapitalquote von zu Jahresbeginn 18,1% ganze 490 Basispunkte über der Mindestanforderung liege. Dennoch sei nach wie vor davon auszugehen, dass die Prüfungen die Geschäftsdynamik bremsen und weitere Aufwendungen zur Geldwäscheprävention belasten. Zudem verweist J.P. Morgan auf ein schwieriges Handelsumfeld in den nordischen Märkten und die Bankensteuer, welche die Regierung im vergangenen Jahr ins Spiel gebracht hat. Sie soll von 2023 an dem Finanzsektor jährlich zusätzliche 200 Mill. Euro abverlangen. Die Danske-Aktie stuft die US-Bank mit „neutral“ ein.
Den Dänen eine Chance
Analysten geben den Dänen mehrheitlich eine Chance. Ihr Urteil fällt verhalten positiv aus. Fast jeder zweite der 29 von Bloomberg befragten Analysten plädiert zu kaufen, jeder Dritte, die Aktien zu halten, und nur fünf raten zum Verkauf. Auf Sicht von zwölf Monaten geben sie ein Kursziel von 134 dkr (18 Euro) aus, was 15% über dem aktuellen Wert von rund 116 dkr liegt. Die Aktionäre senkten zunächst den Daumen, nachdem die Geldwäschevorwürfe im September 2018 offiziell bestätigt waren. Der Aktienkurs hat seitdem zwar gut ein Drittel an Wert eingebüßt, erholt sich aber seit dem Tiefststand von März 2020 mit knapp 70 dkr leidlich.