"Das Wachstum hat enttäuscht"
Herr Ribeiro, Brasiliens Aktienmarkt hat sich lange Zeit unterdurchschnittlich entwickelt. Woran liegt das? Das hat verschiedene Ursachen. Die Regierung hat einige Maßnahmen ergriffen, die an den Märkten den Eindruck erweckt haben, dass sich der Interventionismus deutlich verstärkt. Außerdem waren die Äußerungen der Regierung zu Inflation, Zinsen und Wechselkurs verwirrend und wurden dahingehend interpretiert, dass sie bereit sei, mit höherer Inflation zu arbeiten und die Zentralbank zu beeinflussen. Auf fundamentaler Seite hat das Wachstum stark enttäuscht. Erwarten Sie nun Verbesserung?Analysten erwarten, dass sich das Wachstum auf 3 bis 3,5 % steigern wird. Wenn das nicht geschieht, wird eine neue Runde von Gewinnprognosesenkungen zu einer weiteren Marktschwäche führen. Andererseits sind die meisten Investoren für Brasilien sehr skeptisch. Positive Überraschungen von Konjunkturseite könnten dazu führen, dass die unterdurchschnittliche Entwicklung des Marktes endet. Die zuletzt etwas weniger interventionistische Rhetorik der Regierung hilft bereits. Wie sieht es mit der Bewertung aus?Brasilien hat jetzt ein gleitendes Zwölf-Monats-KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von 10,5, verglichen mit 17 in Mexiko, 16,5 in Chile und 12,5 in Indien. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis beträgt 1,3 und liegt damit eine Standardabweichung unter seinem Zehn-Jahres-Durchschnitt. Aus Bewertungssicht sieht Brasi-lien interessant aus. Aber für eine entsprechende Markt-Performance muss zunächst ein Impuls her.Wie wichtig sind Rohstoffe für das Land?Die Tatsache, dass Brasilien ein wichtiger Rohstoffproduzent ist, ist langfristig positiv. Allerdings macht der Umstand, dass Rohstofftitel ein großes Börsengewicht haben, den Aktienmarkt volatiler und anfällig für Schwankungen der Rohwarenpreise. Eine deutliche Wachstumsabschwächung in China würde die Marktindizes in Mitleidenschaft ziehen. Luiz RibeiroLeiter lateinamerikanische Aktien bei DWS Investments