Dax40 – geht das ohne gute Governance?
Mit Spannung wird die am 3. September durch die August-Rangfolge vorgegebene Liste der Dax-40- Unternehmen mit den Auf- und Nichtaufsteigern erwartet. Da nach 33 Jahren nun weitere zehn Adressen den deutschen Börsenolymp bereichern, ist angesichts der internationalen Ausstrahlung, der positiven Performance-Wirkung und der kaum vergessenen Wirecard-Pleite die Frage zu stellen, ob nicht auch gute Governance im neuen Dax40 verankert werden sollte.
Zwar gab es im Herbst 2020 zaghafte Bemühungen des Veranstalters Stoxx um eine Einbeziehung von ESG-Faktoren. Diese fielen aber wenig überzeugend aus: So wurde die Fokussierung auf den Ausschluss kontroverser Waffen-Aktivitäten schnell wieder zurückgezogen. In puncto Governance als entscheidende Voraussetzung für nachhaltige Unternehmensqualität bleibt bisher nur die Vorgabe eines Prüfungsausschusses. Diese ist allerdings inzwischen durch das Gesetz (FISG) geregelt und durch das Fehlen zwingender Unabhängigkeit der/des Vorsitzenden (sowie auch der Ausschussmehrheit) deutlich zu kurz gesprungen.
Anlehnung am Kodex
Auch die Voraussetzung zweijähriger Ebitda-Profitabilität ist unter der kritischen Lupe eher eine Mini-Anforderung für Blue-Chip-Werte. Sie unterliegt zudem noch einer zweijährigen „Schonfrist“, was gerade von der bereits im Dax30 enthaltenen Delivery Hero positiv vermerkt werden dürfte, da deren CEO bisher Umsatzsteigerungen als auch für die Vorstandsbezüge relevanten Wertmesser ansieht.
Gerade auch die aktuellen Untersuchungen einer klaren Positivwirkung guter Governance mittels konkreter Performanceeffekte belegen, dass eine Qualifizierung deutscher Unternehmen für das Top-Börsensegment nur nach dem Kriterium der Marktliquidität kaum überzeugen kann.
Wie kann man also Mindestvorgaben für befriedigende Governance in einem Index abbilden, der einfachen Ja/Nein-Regeln zu folgen hat? Eine Einhaltung der durch den Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) postulierten Vorgaben für gute Governance ist schon aufgrund der nachhaltig positiven Performancewirkung sinnvoll. Somit wäre es angezeigt, das Listing deutscher Unternehmen im Topsegment damit zu verbinden. Da ein Index nur auf einfachen Ja/Nein-Regeln aufbauen kann, ist die klare Nachvollziehbarkeit der hierfür entscheidenden Kriterien unerlässlich. Diese Voraussetzung kann durch die Bindung an die „Soll-Empfehlungen“ des DCGK erfüllt werden: Durch die gemäß § 161 Aktiengesetz jährlich abzugebenden Entsprechenserklärungen ist die Akzeptanz der Grundregeln deutscher Governance regelmäßig nachvollziehbar. Da die Überprüfung der Plausibilität der Entsprechenserklärung nicht vom Indexanbieter geleistet werden sollte, wäre hiermit ein externes Fachgremium unter der Leitung anerkannter Governance-Experten zu betrauen.
Anreizwirkung
Wie sähe das Bild des Dax40 bei einer Vorgabe der Erfüllung aller Soll-Empfehlungen des DCGK aus? Bei einer Analyse der Erfüllung der Soll-Empfehlungen des DCGK für die Unternehmen im neuen Dax40 zeigt sich allerdings, dass schon von den jetzigen Dax-30 Werten nur 16 durch ihre Entsprechenserklärungen zeigen, dass sie alle Empfehlungen erfüllen. Da von den meistgenannten Dax-40-Neulingen derzeit nur drei oder vier Unternehmen dieses Kriterium erfüllen, würde eine Pflichtvorgabe dazu führen, dass der neue Index nur mit 20 Werten starten könnte. Somit sollte für den Start des Dax40 die Erfüllung dieses wichtigen Qualitätskriteriums durch ein einfaches Stern-Kennzeichen vermerkt werden. Dies dürfte auch für die anderen Werte eine deutliche Anreizwirkung schaffen.
Da alle CEOs der Dax-30-Gesellschaften sich eindeutig zur ESG-Verfolgung erklärt haben, sollte jetzt mit dem „G“ durch die gut nachvollziehbare Akzeptanz der Soll-Empfehlungen des deutschen Kodex ein sichtbares Zeichen gesetzt werden. Und gibt es einen besseren Anlass dafür als die Einführung des Dax40?