Defensive Aktien sind noch nicht teuer genug
Bloomberg Tokio – Nach Ansicht von Hedgefondsmanager David Snoddy liegen Investoren und Analysten falsch, die die weltweit sichersten Aktien als zu teuer betrachten. Unternehmen mit starkem Cash-flow und stabilen Dividenden verdienten höhere Bewertungen in einem Umfeld, in dem niedrige oder negative Zinsen die Anleihenrenditen zerstören, sagt der Chef der 2 Mrd. Dollar schweren Hedgefondsfirma Nezu Asia Capital Management.Ein Index für weltweite Aktien mit geringer Volatilität war im April auf den höchsten Stand überhaupt im Vergleich zu den Unternehmensgewinnen angestiegen. Für Snoddy ist das aber kein Grund zu verkaufen. “Die Leute, die die beiden letzten Jahre defensive, hochrentierende Aktien hochgelobt haben, schenken diesem Aspekt zu wenig Beachtung”, sagt Snoddy. “Es wird immer wichtiger, wie viel Rendite ich damit kriegen kann, weil ich sie anderswo eben nicht mehr kriege.”Der Zustrom kam aus zwei unterschiedlichen Richtungen: Anleihe-Flüchtlinge, die vor dem Hintergrund der quantitativen Lockerungen und der Negativzinspolitik in Europa und Japan nach höheren Erträgen suchen, und Aktieninvestoren, die sich aus Sorge um das globale Wachstum aus den riskanteren Marktsegmenten zurückziehen. Snoddys Meinung steht in Kontrast zu der von Templeton-Präsident Norm Boersma, der einen Crash bei solchen Aktien für möglich hält.Snoddy illustriert seine Argumente mit dem japanischen Markt, auf dem er seit Jahrzehnten unterwegs ist. Er hat sich an Nippon Telegraph & Telephone (NTT) beteiligt, dem ehemaligen Monopolisten, der noch immer zu 35 % in Staatsbesitz ist. Von Bloomberg zusammengestellten Daten zufolge hat das Unternehmen eine prognostizierte Dividendenrendite von 2,5 %. Im Vergleich dazu liegt die Rendite 30-jähriger japanischer Anleihen bei etwa 0,3 %, während mehr als 70 Prozent der Staatsanleihen des Landes unter null rentieren. “Wie hoch ist das Kreditrisiko bei NTT im Vergleich zum japanischen Staat?”, fragt Snoddy. Dagegen “würde es etwa acht Jahre Rendite japanischer 30-jähriger Papiere brauchen, um ein Jahr NTT-Rendite zu bekommen. Ich finde, das ist ein großer Unterschied.”Snoddys Äußerungen machen die Zwickmühle deutlich, in der die Anleger stecken, nachdem die mächtigsten Zentralbanken der Welt mit jahrelangen Konjunkturmaßnahmen zu künstlich aufgeblasenen Notierungen von Anlagewerten geführt haben. Für Hedgefondsmanager, die üblicherweise höhere Gebühren verlangen, ist die Herausforderung noch größer. Die Branche erlitt im ersten Quartal Nettoabflüsse von 15,1 Mrd. Dollar, so hoch wie seit dem zweiten Vierteljahr 2009 nicht mehr.Snoddy hält auch Aktien des Immobilienentwicklers Daito Trust Construction, den er wie auch den Haushaltsprodukte-Hersteller Kao als “Cash-Maschine” bezeichnet. Daito Trust hatte im Jahr bis Ende März einen freien Cash-flow in Höhe von 60,5 Mrd. Yen, bei Kao liegt der entsprechende Wert bei 116,8 Mrd. Yen. Zwar stieg das Kurs-Buchwert-Verhältnis von Daito Trust im Mai auf den Rekordwert von 5,2, jedoch liegt die Bewertung gemessen am freien Cash-flow rund 27 % unter ihrem Niveau von 2008. Viele “haben gesagt, defensive Konsumwerte und Qualitätsunternehmen seien im Vergleich zum Markt teurer denn je”, erklärt Snoddy. “Aber das gilt nur auf Basis des Kurs-Gewinn- oder des Kurs-Buchwert-Verhältnisses. Gemessen am Cash-flow ist das nicht unbedingt so.” Templeton: Korrektur drohtBond-Überläufer auf der Jagd nach besseren Erträgen hätten weltweit die Bewertungen weniger konjunkturabhängiger Aktien hochgetrieben und damit die Gefahr einer scharfen Korrektur heraufbeschworen, sagte Boersma von Templeton. Treibender Faktor dafür sei die Notwendigkeit, im Aktienmarkt engagiert zu sein, bei gleichzeitiger Angst vor dessen volatileren Bereichen, erklärte er. Für Snoddy dagegen zeigt sich nicht das ganze Bild, wenn man Unternehmen nur an ihren Gewinnen misst. In Zeiten negativer Zinsen sei der Wert defensiver und anderer Qualitätsaktien mit guter Dividende automatisch höher, daher sei es auch wichtig, sie an ihrem Cash-flow zu messen.