IM GESPRÄCH: KONRAD HAUNIT

"Den Kurssprung monetarisieren"

Währungsexperte der Deutschen Bank äußert sich zu den jüngsten Turbulenzen im Yuan-Handel

"Den Kurssprung monetarisieren"

Mit dem Handelskonflikt zwischen China und den USA sind auch die Risiken im Yuan-Handel gestiegen. Doch gegen die steigende Volatilität können sich Marktakteure absichern und sogar von Kurssprüngen profitieren. Wie das geht, erläutert im Gespräch mit der Börsen-Zeitung Konrad Haunit, Währungsexperte der Deutschen Bank in Frankfurt.Von Stefan Schaaf, FrankfurtDer “kleine Währungskrieg” um den Yuan hat Investoren kürzlich in Schrecken versetzt. Nicht nur, dass erstmals seit gut elf Jahren wieder mehr als sieben Yuan für einen Dollar gezahlt werden mussten, zur Volatilität, sprich Nervosität, trug auch bei, dass der Spread zwischen den in Schanghai (“Onshore”) und den in Hongkong (“Offshore”) gestellten Kursen deutlich auseinanderlief. Man kann das beklagen – oder als “phänomenale Opportunität” sehen. Für diese Interpretation hat sich Konrad Haunit entschieden. Bei der Deutschen Bank betreut er von Frankfurt aus Kunden des Bereichs Corporate und Investment Banking in Deutschland, Österreich und der Schweiz beim Risikomanagement von Währungen. Warum er Chancen aus dem Spread ableitet, erläutert er im Gespräch der Börsen-Zeitung.Um zu verstehen, warum Haunit von einer Chance spricht, muss man zwei Dinge berücksichtigen: zum einen die Struktur vieler Währungsmärkte in Asien, und zum zweiten die Stellung der Deutschen Bank dort.Zunächst zu den Märkten. Die Volksrepublik China ist das Paradebeispiel eines gesplitteten und kontrollierten Währungsmarktes. Der Kurs des Yuan zum Dollar – und damit implizit auch zum Euro – wird im Handel in Schanghai von den Behörden reguliert, sei es durch Interventionen oder Aktivitäten staatlicher Banken. Für diesen Onshore-Yuan legt die Notenbank, die People’s Bank of China (PBoC), täglich einen Mittelkurs fest, um den die Notierung nur in engem Rahmen schwanken darf. Im Handel in Hongkong, dem Offshore-Yuan, zählt hingegen der Markt stärker, der Kurs reagiert also auf Fundamentaldaten und politische Stimmungen. Über staatliche Banken greift China aber auch in Hongkong ein. Außerdem hat Peking in der Sonderwirtschaftszone Macao sowie in Singapur, London, Taipei und Frankfurt einen Handel mit Offshore-Yuan etabliert. “Verfälschtes Bild”Auch andere Länder wie Malaysia oder Indonesien kennen ähnliche Strukturen. Für nicht konvertierbare Währungen haben Marktteilnehmer in den Offshore-Märkten spezielle Derivate, sogenannte Non Deliverable Forwards (NDF) geschaffen. Regulierer können Haunit zufolge in den Offshore-Märkten nur begrenzt eingreifen bzw. greifen zu Maßnahmen, um ungewünschte Spekulationen in diesen zu unterbinden. Dies war beispielsweise im Herbst 2016 in Malaysia der Fall, als die dortige Notenbank gegen NDF vorging.Haunit spricht im Hinblick auf solche Maßnahmen von “einem durch Regulierer verfälschten Bild”. Für die Weltwirtschaft und die globalen Kapitalmärkte ist besonders wichtig, was beim Yuan passiert. Für deutsche Exportunternehmen können jedoch Markteingriffe in Indonesien oder Malaysia ähnlich relevant sein. “Die Länder betrachten schnelle Kapitalabflüsse als ebenso problematisch wie schnelle Zuflüsse”, sagt Haunit. “In ruhigem Fahrwasser gibt es kaum Unterschiede zwischen Marktkurs und offiziellem Kurs, in Krisenzeiten wird es schwierig.”So wie beim Yuan am 5. August. An diesem Tag griff China offenbar nicht in den Markt ein und ließ seine Währung über eine wichtige Marke absacken. Für einen Dollar mussten erstmals seit über zehn Jahren wieder mehr als sieben Yuan gezahlt werden. Als Nebeneffekt liefen auch die Kurse in Schanghai und Hongkong deutlich auseinander. Der Dollar kostete im Onshore-Handel bis zu 7,0514 Yuan, offshore waren es bis zu 7,1087 Yuan. Dies übertrug sich auf den Euro. Mit fast 0,06 Yuan erreichte der Onshore/Offshore-Spread laut Daten der Deutschen Bank einen Rekordwert.Was viele Marktteilnehmer an diesem Tag als Volatilität und damit Risiko wahrnahmen, verhalf Haunits Kunden zu einem besseren Euro-Yuan-Kurs. “Das war sehr positiv für deutsche Unternehmen”, sagt Haunit. Vorausgesetzt: Sie nutzen eine Kursabsicherung. Und das ist der zweite Baustein der Chancen. Die Deutsche Bank, die im Währungshandel in Asien Haunit zufolge “ganz vorne mitspielt”, hat im Frühjahr als erste Bank die Zulassung der PBoC bekommen, um über Hongkong konzernweit Spothandel und Absicherungen in Yuan anzubieten. Der Clou für die Kunden des Instituts in aller Welt: Sie bekommen den jeweils besseren Kurs.”Der Kunde kann den Kurssprung für sich monetarisieren”, sagt Haunit. “Das liegt darin, dass wir aus Hongkong heraus den Onshore-Markt bedienen können. Ähnliches können wir in Asien in fast allen wichtigen Märkten.” Im Ausbau sei derzeit das Produktangebot in VietnamZur Zulassung der Geschäfte im Frühjahr erklärte David Lynne, der bei der Deutschen Bank in der Region Asien/Pazifk den Bereich Anleihen, Währungen und globale Transaktionsbank leitet: “Mit der Gewährung dieser Zulassung erkennt die PBoC unser weltweites Netzwerk, unsere Konnektivität mit europäischen und US-Unternehmenskunden und unsere Expertise in lokalen asiatischen Märkten an, was zusammen die anhaltende Internationalisierung des Yuan unterstützt.” Zurück an die SpitzeDer Währungshandel der Deutschen Bank hatte sich in diesem Jahr an der globalen Spitze zurückgemeldet. In der viel beachteten jährlichen Erhebung des Magazins “Euromoney” zum Devisenhandel sprang das Institut auf von Platz 8 auf Platz 2 und liegt damit nur hinter J.P. Morgan. Dem Magazin zufolge liegt der Marktanteil der Frankfurter im Währungshandel bei 8,4 %, beim Spitzenreiter sind es 9,8 %. Auf Platz 3 folgt mit einem Anteil von 7,8 % die Citigroup, der langjährige Rivale der Deutschen Bank um die Krone im Währungshandel.Haunit nimmt die Rückkehr an die Spitze mit Gelassenheit auf. “Wir haben uns nie auf dem ermittelten Platz gesehen”, sagt er. “Der Währungsmarkt ist ein OTC-Markt, es gibt keine kompletten Daten, und die von Euromoney erstellten Ranglisten sind das Ergebnis einer Umfrage.” OTC steht für Over the Counter und meint bilaterale Geschäfte zwischen Banken oder Brokern.Haunit zufolge müsse man ohnehin “trennen zwischen Volumen und wertstiftenden Produkten”. Eine Befragung wie die von Euromoney differenziere da allerdings nicht. Mit dem reinen Volumen sei ohnehin kein Geld mehr zu verdienen, schließlich könnte jeder die den aktuellsten Kurs googeln.”Es gibt mehr Handelsplattformen, während die Banken ihre Risiken reduzieren mussten und weniger selbst auf das Buch nehmen können”, erläutert Haunit. Nachrichten, ob zu Konjunktur oder Politik, würden heute quasi sofort eingepreist. Um als Bank in diesem Wettbewerb zu bestehen, müsse man Zusatzleistungen anbieten, wie eben jene im Yuan-Geschäft.