Der Euro gibt so schnell nicht klein bei
Von Sandra Striffler *)
Euro-Dollar ist zwar zuversichtlich mit Höchstwerten von knapp 1,1500 Dollar in das Jahr 2022 gestartet. Nachhaltig verteidigen konnte die europäische Gemeinschaftswährung diese Niveaus allerdings nicht. Stattdessen geriet sie bereits in den ersten Monaten des Jahres gegenüber der US-Devise unter zunehmenden Abgabedruck. Mit Tiefstwerten von rund 0,9530 Dollar markierte der Euro schließlich Ende September seinen bisherigen Jahrestiefststand, welcher zugleich das niedrigste Niveau seit Mitte 2002 darstellte. Alles in allem führte die in den vergangenen Monaten zu beobachtende Abwärtsbewegung von Euro-Dollar zur Ausbildung eines Abwärtstrendkanals, welcher aktuell zwischen etwa 0,9130 und 0,9710 Dollar auszumachen wäre. Doch der Euro wäre nicht der Euro, würde er sich so ohne Weiteres in sein Schicksal fügen. Vielmehr kämpfte er sich in den vergangenen Tagen wieder gen Norden aus dem eben genannten Abwärtstrendkanal heraus und streckte hierbei seine Fühler in der vergangenen Woche in der Spitze sogar bis in den Bereich um 1,0500 Dollar aus. Derzeit harrt die Gemeinschaftswährung bei wieder etwas niedrigeren Kursen der Dinge, die da kommen mögen. Doch welchen Weg wird Euro-Dollar in den kommenden Tagen einschlagen? Wagt die Gemeinschaftswährung einen erneuten Blick in Richtung ihres markanten Höchststandes vom 15. November bei 1,0481 Dollar? Oder üben die Parität und der etwas unterhalb dieser wichtigen Marke anzutreffende Abwärtstrendkanal eine stärkere Anziehungskraft auf das Währungspaar aus?
Nimmt man zunächst die kurzfristigen Tagesindikatoren näher unter die Lupe, kommt man zu dem Schluss, dass die Vorzeichen für neuerliche Kursgewinne von Euro-Dollar aus charttechnischer Sicht nicht schlecht stehen. So stärken in diesem Zeitfenster zum einen der MACD sowie die Stochastik, welche beide oberhalb ihrer jeweiligen Signallinie anzutreffen sind, dem Euro den Rücken. Zum anderen sind hier auch das Momentum sowie der ADX als Euro-Fürsprecher zu nennen. Während Erstgenanntes deutlich oberhalb seiner Nulllinie anzutreffen ist, weist der zuletzt genannte Indikator auf einen Euro-positiven Trendmarkt hin. Dass der RSI auf Tagessicht keine Stellung bezieht und sich auf neutralem Terrain bewegt, dürfte für Euro-Dollar angesichts der breiten charttechnischen Rückendeckung verschmerzbar sein. Folgt das Währungspaar auf kurze Sicht den mehrheitlich Euro-freundlichen Tagesindikatoren und entwickelt zur Wochenmitte hin Anstiegsdynamik, so dürfte es letztendlich im Bereich von 1,0400 Dollar auf nennenswerten Widerstand stoßen und diesen nicht nachhaltig überwinden. Neben der 200-Tage-Linie sind hier auch die Hochs vom 17. und 18. November auszumachen. Gen Süden sollte letztendlich die Marke von 1,0100 Dollar dem Euro ausreichend Support bieten.
Moderate Gewinne erwartet
Lässt man den Blick nun etwas weiter in die Ferne schweifen und schaut auf die entsprechenden charttechnischen Wochenindikatoren, so sieht die Sache auch hier für die Gemeinschaftswährung gar nicht schlecht aus. Wie im Tageschart halten auch hier sowohl der MACD als auch die Stochastik und das Momentum dem Euro die Treue, sind sie doch allesamt oberhalb ihrer jeweiligen Trigger- bzw. Nulllinie auszumachen. Was den ADX betrifft, so weist dieser immerhin auf einen nachlassenden Euro-negativen Trendmarkt hin, während der RSI auch in diesem übergeordneten Zeitfenster auf neutralen Niveaus auszumachen ist.
Hat die Gemeinschaftswährung die Marke von 1,0400 Dollar hinter sich gelassen, rückt bereits bei 1,0438 Dollar der nächste Widerstand in Form des Hochs vom 16. November in den Fokus. Hat Euro-Dollar auch diese Hürde gemeistert, will der markante Tageshöchststand vom 15. November bei 1,0481 Dollar überwunden werden, bevor es dann gilt, das Hoch vom 29. Juni bei 1,0535 Dollar hinter sich zu lassen. Unserer Einschätzung zufolge sollte die Luft für den Euro auf Wochensicht in diesem Bereich schließlich dünner werden.
Neigt das Währungspaar jedoch ungeachtet der recht freundlichen technischen Vorgaben auf Wochensicht erneut zur Schwäche und hat hierbei den Bereich um 1,0100 Dollar unterschritten, rücken Werte um die Parität und damit auch die aktuell bei rund 1,0025 Dollar auszumachende 100-Tage-Linie in den Blickpunkt. Die Abwärtsrisiken sehen wir für Euro-Dollar schließlich auf Wochensicht bei 0,9936 Dollar, dem Tagestiefststand vom 10. November, begrenzt. Nachdem Euro-Dollar in den vergangenen Monaten einem Abwärtstrendkanal gen Süden gefolgt ist, konnte sich das Währungspaar zuletzt aus dessen Fängen befreien und wieder Anstiegsdynamik entwickeln.
Aus Sicht der charttechnischen Tages- und Wochenindikatoren stehen die Vorzeichen für weitere Kursgewinne des Währungspaares vergleichsweise gut. Daher gehen wir davon aus, dass sich die Gemeinschaftswährung in den nächsten Tagen wieder gen Norden strecken sollte. Das Aufwärtspotenzial sehen wir hierbei im Bereich von 1,0535 Dollar, dem Hoch vom 15. November, begrenzt. Neigt die Gemeinschaftswährung jedoch entgegen den charttechnischen Vorgaben zur Schwäche, so erwarten wir keinen Rückfall in den langfristigen Abwärtstrendkanal. Vielmehr sollte sie in diesem Fall knapp unter der Parität ausreichend Halt finden.
*) Sandra Striffler ist Senior-Devisenanalystin der DZ Bank.