Der Euro trotzt der Krise
Von Thorsten Kramer, FrankfurtDer Euro hat zum Wochenbeginn gleich aus drei Richtungen Unterstützung erhalten. Waren es zunächst unerwartet positive Wirtschaftsdaten aus China, die zu einem Anstieg der Risikobereitschaft führten, profitierte die Gemeinschaftswährung anschließend auch von der Hoffnung auf Fortschritte im Kampf gegen die Staatsschuldenkrise innerhalb der Eurozone. So unterbreitete Griechenland den Gläubigern am Morgen ein unerwartet großzügiges Angebot zum Rückkauf von Altschulden, was die Chance auf einen Erfolg des Rückkaufprogramms erhöhen dürfte. Mittags rief Spanien dann formell nach Finanzhilfe durch den Bankenrettungsfonds der Europäischen Union. Der Euro, der sich schon zuvor über 1,30 Euro gezeigt hatte, rückte daraufhin bis auf 1,3073 Dollar vor und markierte damit ein Sechswochenhoch.Das Geschehen zum Wochenbeginn unterstreicht damit eindrucksvoll, was im Devisenhandel aktuell weiterhin maßgeblich ist: Die Relevanz fundamentaler Entwicklungen ist im historischen Vergleich eher gering, stattdessen stellen sich die Akteure verstärkt die Frage, wie es aktuell um die Sicherheit ihrer Anlagegelder bestellt ist. Dabei profitiert stets der Euro, wenn die Risikobereitschaft am Markt wächst, der Dollar wird dagegen weiterhin als sicherer Hafen gesehen, der dann gesucht wird, wenn die Risiken für die globale Konjunktur zunehmen. Nach Einschätzung der DZ Bank wird sich daran nichts Wesentliches verändern, solange die Krise in Europa weiter schwelt. US-Wachstum ohne EffektDie in der Vorwoche deutlich auf 2,7 % angehobene Wachstumsprognose des US-Handelsministeriums für das dritte Quartal blieb deshalb ohne nachhaltigen Effekt auf den Euro-Dollar-Wechselkurs. Und dies wird nach Überzeugung von Beobachtern auch so bleiben. “Von nun an lautet die alles entscheidende Frage also nicht, wie stark sich das Wachstumsgefälle zwischen den USA und der Eurozone ausweiten wird. Vielmehr konzentriert sich das Interesse darauf, ob eine Verbesserung der Aussichten für die US-Konjunktur reichen wird, um nicht nur die Anleger von Treasuries in andere Dollar-denominierte Assets zu locken, sondern auch netto eine Zunahme der Kapitalflüsse in die USA auslösen wird”, heißt es bei der DZ Bank. “Denn nur eine Nettozunahme der Auslandsnachfrage nach US-Werten kann den Dollar stärken.”Die Projektionen für das Jahr 2014, die am Donnerstag von der Europäischen Zentralbank (EZB) erstmals veröffentlicht werden, stoßen dennoch auf hohes Interesse. Nach Auffassung der Unicredit sollte davon allerdings kein Signal für eine baldige Leitzinssenkung der Notenbank ausgehen. Einen Zinsschritt erwarten die meisten Banken auch in dieser Woche nicht – selbst wenn es innerhalb des Rates durchaus die Bereitschaft gibt, noch einmal am Zins zu drehen. Die EZB charakterisiere ihre Geldpolitik bereits als “äußerst akkomodierend”, argumentiert die Unicredit. Zudem “scheinen die Stimmungsindikatoren ihren Abwärtstrend der vergangenen Monate gebrochen” zu haben.Sehr ähnlich lautend liest sich eine aktuelle Einschätzung der Commerzbank. Analysten von HSBC Trinkaus verwiesen zudem auf das zuletzt gestiegene Wachstum der Geldmenge M 3, welches auf verbesserte Finanzierungsbedingungen hinweist.Eine Belastung für den Dollar ist es zudem, dass in den USA die Positionen sowohl in der Politik als auch in der Geldpolitik stark polarisieren. So reflektiert die Uneinigkeit lokaler Fed-Präsidenten wie Charles Evans (Chicago) und Charles Posser (Philadelphia) laut Ulrich Leuchtmann, Devisenstratege bei der Commerzbank, den Riss innerhalb des für die Zinspolitik zuständigen Offenmarktausschusses FOMC.Auf politischer Ebene hält zugleich der Haushaltsstreit zwischen Demokraten und Republikanern an. Marktanalysten stimmen zwar in der Einschätzung überein, dass keine der beiden Seiten daran ein Interesse hat, von der fiskalischen Klippe zu stürzen; sie gehen deshalb von einer baldigen Einigung aus, mit der die zum Jahreswechsel drohenden Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen im Volumen von mehr als 600 Mrd. Dollar noch abgewendet werden. Die ideologischen Grabenkämpfe, so die Befürchtung, dürften aber weiterhin eine langfristig angelegte und nachhaltige Haushaltspolitik in den USA unwahrscheinlich machen.Der unerwartete Rückgang des Einkaufsmanagerindex für die US-Industrie drückte den Euro nachmittags wieder auf ein Niveau um 1,3040 Dollar. Technisch orientierte Analysten gehen davon aus, dass er auf diesem Niveau in etwa in der Mitte der kurzfristig zu erwartenden Handelsspanne notiert. Diese beginnt bei 1,2880 Dollar und reicht am oberen Rand bis exakt 1,32 Dollar.