Der lange Marsch des Renminbi
Von Alwin Schenk und Liang Ding *)Chinas Aufstieg ist unaufhaltsam. Das Land, das 1979 für die Weltwirtschaft noch völlig unbedeutend war, ist mittlerweile zur größten Volkswirtschaft der Welt aufgestiegen. In Kaufkraftparitäten gerechnet hatte China bereits 2013 mit 16 % den gleichen Anteil an der Weltwirtschaft wie die USA. Mit dem Projekt “Neue Seidenstraße” wird Chinas Einfluss weiter steigen. China will im Ausland in Pipelines und Kraftwerke investieren, Straßen und Schienenwege bauen und mit einem gigantischen Investitionsvolumen von mehreren hundert Milliarden Dollar das größte Investitionsprogramm seit dem Marshallplan auflegen. SchattendaseinDie Bedeutung des Yuan kann jedoch mit dieser Entwicklung nicht mithalten. Zwar wurde die chinesische Währung im letzten Jahr in den Währungskorb der Sonderziehungsrechte des IWF aufgenommen, als Anlage- und Transaktionswährung fristet sie aber immer noch ein Schattendasein. Noch immer werden mehr als 80 % der weltweiten Devisenumsätze in Dollar getätigt und rangiert der Yuan bei den meistgehandelten Währungspaaren unter ferner liefen. Damit der Yuan tatsächlich eines Tages auf Augenhöhe mit dem Dollar agieren kann, sind in China noch viele Reformen nötig. Die seit 2015 eingeführten Kapitalverkehrskontrollen sind das falsche Signal.Wie sehr der Wechselkurs schwanken darf, darüber entscheidet zu einem großen Teil noch immer der Staat. Immerhin wurde in den vergangenen Jahren die Anbindung an den Dollar sukzessive gelöst und stattdessen ein handelsgewichteter Währungskorb als externer Anker gewählt. In diesem Korb spielen andere Währungen, wie der Euro und der Yen, aber auch viele Währungen aus Schwellenländern, eine wichtigere Rolle.Da der Dollar gegenüber den meisten Währungen im Korb eine Aufwertungstendenz aufweist, besteht auch ein latenter Abwertungsdruck auf den Yuan. Der hat seit 2013 mehr als 10 % gegenüber dem Dollar verloren. Hätte die Notenbank nicht massiv interveniert, wäre der Verlust noch viel höher ausgefallen. Das signalisieren zumindest die Devisenreserven, die innerhalb weniger Jahre von 4 000 Mrd. auf knapp 3 000 Mrd. Dollar gesunken sind. Diese Reserve würde sich in kürzester Zeit in Luft auflösen, wenn jeder Chinese sein Recht auf den Umtausch und Kapitalexport von jährlich 50 000 Dollar in Anspruch nehmen würde. Sinkende Währungsreserven sind letztlich eine Folge der mangelnden Attraktivität inländischer Kapitalanlagen. Viele Möglichkeiten haben die chinesischen Sparer nicht. In den großen Städten haben sich die Immobilien innerhalb von zwei Jahren um 25 % verteuert und sind damit für die breite Masse nahezu unerschwinglich geworden. Zudem dürfen Immobilienbesitzer nicht unbegrenzt weiterer Immobilien erwerben. Die Wertentwicklung der für inländische Investoren relevanten Aktienindizes ist unbefriedigend, da viele Bau-, Stahl- und Transportunternehmen hoch verschuldet sind und Überkapazitäten aufgebaut haben. Auf den Abbau dieser Überkapazitäten zielt wiederum das Projekt Seidenstraße.In diesem Kontext wird sicherlich auch die Bedeutung des Yuan als internationale Transaktionswährung steigen. Da Immobilien teuer sind und die Skepsis vor Aktienanlagen groß ist, konkurrieren viele Banken und Schattenbanken mit “Wealth-Management-Produkten” um die Gunst der Anleger. Deren Verzinsung liegt zwar über den staatlich verordneten Minizinsen; ihre Gestaltung ist aber intransparent, kompliziert und im Vergleich zu westlichen Standards wenig reglementiert. Die meisten chinesischen Sparer hegen ein tiefes Misstrauen gegenüber diesen Produkten. Letztendlich bleibt der Renminbi als Anlagewährung unattraktiv. Der Marktzugang für Ausländer ist stark reglementiert, heimische Anlageprodukte sind für Inländer wenig interessant. Eine globale Transaktions- und Anlagewährung sollte zudem die Kursbildung durch die Märkte akzeptieren und starke Schwankungen aushalten. Kapitalverkehrskontrollen und kaum prognostizierbare Notenbankinterventionen stehen dem entgegen. Mit dem Abbau bzw. dem Wegfall dieser Kontrollen würden jedoch die Währungsreserven wieder sinken und der Abwertungsdruck auf die chinesische Währung steigen. Dollar-SchwächeDie Erholung der chinesischen Währung im laufenden Jahr ist denn auch weniger eine Renminbi-Stärke als vielmehr eine Dollar-Schwäche. Die wiederum basiert vor allem auf der schwachen Performance der Regierung Trump und weniger auf realwirtschaftlichen Entwicklungen. Sollten diese wieder stärker in den Fokus der Anleger geraten und insbesondere die US-Geldpolitik zum bestimmenden Thema an den Devisenmärkten avancieren, dürfte der Renminbi tendenziell abwerten. Auf lange Sicht wird die Verbreitung und Relevanz des Renminbi dagegen steigen. Aber das wird ein langer Marsch.—-*) Alwin Schenk und Liang Ding sind Portfoliomanager bei Sal. Oppenheim.