Der ökonomische Rahmen für die Finanzmärkte bleibt positiv
Das gerade abgelaufene Jahr verdient das Motto: Politische Börsen haben manchmal doch längere Beine, als eine bekannte Börsenweisheit es will. Dagegen verläuft die wirtschaftliche Entwicklung in geordneten Bahnen. Über das Jahr gesehen zeigte sie sich weitestgehend wie von uns erwartet. Ein Abgleiten in eine Rezession fand nicht statt, das Wachstum war robust. Die USA überraschten mit einer positiveren Dynamik, Europa war schwächer als erwartet, wuchs aber über Potenzial.Auch die Notenbanken handelten wie erwartet: Die Fed erhöhte mehrfach ihre Leitzinsen, die EZB hat zum Jahresende ihre Nettokäufe und damit die Bilanzexpansion eingestellt. Die Inflation stieg aber, ohne aus Sicht der Notenbanken kritische Werte anzunehmen. Wachstumserschütterungen gab es als Folge landesspezifischer Entwicklungen in einigen Schwellenländern, allen voran Argentinien und der Türkei. Die Auswirkungen auf den globalen Wachstumstrend blieben vernachlässigbar. Die Unternehmensgewinne stiegen, in Europa einstellig, in den USA, auch bedingt durch die Steuerreform, deutlich zweistellig.Aber 2018 war auch, gemessen an der Performance, vor allem wegen belastender politischer Entwicklungen, ein in der Breite der Assetklassen unbefriedigendes Jahr. Geld war nur mit wenigen Safe-Haven-Assets wie US-Cash oder Bundesanleihen zu verdienen.Die wichtigsten politischen Störeinflüsse sind schnell aufgezählt: US-Zölle auf Aluminium und Stahl, US-Sanktionen gegen Russland, mehrere Runden an US-Zöllen auf chinesische Produkte, US-Sanktionen gegen einzelne chinesische Technologiefirmen, Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran, eine Regierungskoalition von linken und rechten Populisten in Italien und deren Konfrontationskurs mit der EU, wie auch ein schlecht gemanagter Brexit-Prozess in London. Politisches Störfeuer klingt abDiese politischen Risiken harren einer Lösung und dürften die Märkte auch 2019 in Atem halten, zumindest zu Beginn. Gerade im ersten Quartal kann es dramatisch werden, sowohl ein positives wie negatives Finale ist möglich. Amerikanisch-chinesische Handelsgespräche sollen mit einem Ergebnis bis zum 1. März neue Zollrunden verhindern, die Autozölle könnten erneut auf die Tagesordnung kommen, bis spätestens am 29. März wird klar, ob es einen Hard Brexit, eine Übergangsperiode oder eventuell doch “No Brexit” gibt. Im Vorfeld der Europawahlen im Mai dürften nochmals die politischen Risiken in der EU deutlich werden. Je nach Entwicklung sind sehr unterschiedliche Impulse zu erwarten. Wir gehen hier weder von einer Tragödie noch einem ausschließlich positiven Impuls aus, sondern eher von einem Durchwursteln, mit dem Trend zu einem Abklingen des politischen Störfeuers. Wachstum nahe am PotenzialDennoch sollte sich der Fokus wieder stärker auf den ökonomischen Rahmen ausrichten. Der bleibt aus unserer Sicht insgesamt positiv. Das Wachstum sollte zwar in diesem Jahr an Dynamik verlieren, wir gehen aber auf Basis der aktuellen Frühindikatoren von keiner Rezession, sondern von einem nahe am Potenzial liegenden und damit insgesamt befriedigenden Wachstum aus. Eine kleine Delle in der Entwicklung durch die starken Kursverluste am Aktienmarkt im vierten Quartal und deren Auswirkungen auf die Realwirtschaft ist zu Jahresbeginn wohl unvermeidlich. In den USA werden sich die positiven Einmaleffekte der Steuerreform nicht wiederholen. Wachstumsdämpfend wirken die gestiegenen Zinsen insbesondere für Unternehmensanleihen sowie die Handelszölle. Dagegen sollte sich in den meisten Industriestaaten die gestiegene Beschäftigung positiv auf Konsum und Einzelhandel auswirken. Beruhigend ist, dass die Deflation derzeit keine Gefahr darstellt und gleichzeitig – allerdings mit Ausnahme der USA – auch die Kerninflation moderat bleibt. Die Ende 2018 eingebrochenen Ölpreise werden dazu beitragen, dass die Gesamtinflation sich um die Kerninflation bewegt.Damit sind die Voraussetzungen für eine weiterhin moderate Geldpolitik gegeben. Wir erwarten von der Fed 2019 nur noch zwei Zinsanhebungen. Die EZB dürfte ihren Einlagenzins Richtung null anheben. Bei positivem Wachstum und moderater Inflation spiegelt dies lediglich einen kleinen Schritt Richtung Normalität wider, und es sollte zu keiner Marktbelastung kommen. Egal wer Nachfolger von EZB-Chef Mario Draghi wird: Die EZB hat kein Interesse, den konjunkturellen Aufwärtstrend abzuwürgen. Und die Fed hat den größten Teil ihres Zinsanhebungszyklus bereits hinter sich. Nachhaltiges Störfeuer von den Zentralbanken erwarten wir daher 2019 nicht. Mit dem geschilderten Rahmen für die Kapitalmärkte erwarten wir ein schwieriges Jahr 2019, aber ein deutlich besseres als 2018. Die Niedrigzinsphase wird anhalten. Die derzeitigen Renditen sind zwar gemessen an der ökonomischen Lage und den Erwartungen zu niedrig, aber moderates Wachstum und eine gemäßigte Inflation, Ängste vor einer Rezession und Unsicherheiten über die Lösung der politischen Krisen erlauben aus unserer Sicht nur moderate Anstiege bei den Renditen für sichere Anlagen wie Bundesanleihen. Ohne Beimischung von risikoreicheren Assets droht für stark von Anleihen dominierten Portfolios damit eine Niedrigreturnphase. Jagd nach Rendite geht weiter Die “Jagd nach Rendite” – oder besser das bewusste und gezielte Nehmen von Risiken – wird weitergehen. In der Spätphase des Aufwärtszyklus sehen wir im Bereich der Unternehmensanlagen Aktien als attraktiver an als entsprechende Anleihen. Höher verzinsliche Ersatzangebote für Unternehmensanleihen gibt es im Bereich ausgewählter Länder der Euro-Peripherie und der Schwellenländer. Allerdings zeigte bereits 2018, dass erhöhte Länderrisiken evaluiert werden müssen. Generell gilt für risikoreichere Anlagen, dass Diversifikation unabdingbar bleibt, weil es nicht möglich sein wird, sich allen Risiken zu entziehen. Zur Diversifikation bieten sich im beschriebenen ökonomischen Umfeld auch klassische reale Assets an, wie z. B. Immobilien oder Infrastrukturinvestments. Daneben bleibt US-Cash eine interessante Parkposition für Dollar-denominierte (Teil-)Portfolien.Das große Risiko für 2019 ist, dass sich die sich bislang widerstandsfähig zeigende Konjunktur den politischen Turbulenzen nicht entziehen kann. Das wäre das Negativszenario einer in die Rezession abgleitenden Welt mit negativen Effekten für risikoreichere Anlagen. Unser Hauptszenario ist aber, dass dies vermieden werden kann und die Märkte sich stärker an den fundamentalen Rahmenbedingungen orientieren, wenn die aktuelle “Angst” verflogen ist. Angesichts gestiegener Schwankungen an den Kapitalmärkten sind manche Absicherungsstrategien mittlerweile zu teuer. Daher sollte eine Portfoliostrukturierung möglichst robust erfolgen: Risikoreichere Anlagen sollten so mit sicheren Anlagen kombiniert werden, dass bestehende Zahlungsverpflichtungen auch bei schwankenden Märkten ohne Notverkäufe beglichen werden können. Die Devise für 2019 heißt aus unserer Sicht: Auf die Dominanz des Fundamentalen setzen bei gleichzeitiger Absicherung gegen politisch bedingte Verschlechterungen.—-Jürgen Callies, Leiter Research der Meag