Der Yen scheidet die Anleger-Geister

Japanischer Aktienmarkt wird nach Trump-Wahl zum Favoriten - Gewichtige Gegenstimmen

Der Yen scheidet die Anleger-Geister

Japanische Aktien gelten in den Augen einiger Anlagestrategen als sehr attraktives Investment für 2017. Ein Grund sei der schwache Yen. Nicht alle teilen diese Ansicht, UBS und J.P. Morgan erwarten einen höheren Yen.Von Martin Fritz, TokioJapans Aktienmarkt zählt zu den größten Nutznießern der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Nach einem kräftigen Einbruch während der Stimmenauszählung zogen Nikkei 225 und Topix binnen drei Wochen um 14 % an. Erst ab dem 2. Dezember wurden vor dem Italien-Referendum Gewinne mitgenommen. Formal sind beide Indizes mit einem Plus von mehr als 20 % seit Ende Juni in den “Bullen-Modus” gewechselt. Allerdings liegen die Indizes auf Jahressicht noch im Minus. Höherer RenditeabstandHaupttreiber dieser Trump-Rally war die Abwertung des Yen um fast 9 % von 105 Yen/Dollar auf bis zu 114 Yen/Dollar. Diese kräftigste Abwertung innerhalb von drei Wochen seit 1995 wurde in erster Linie durch den höheren Renditeabstand zwischen japanischen und US-Staatsanleihen ausgelöst. Dieser stieg auf ein Fünfeinhalb-Jahres-Hoch. Dadurch wird eine Anlage in Dollar gegenüber Yen attraktiver. Denn in den USA werden durch den möglichen Anstieg der Inflationsrate wegen höherer Staatsausgaben auch höhere Renditen erwartet. Dagegen will die Bank of Japan die Rendite der zehnjährigen Staatstitel bei 0 % halten.Der schwache Yen wirkt als Gewinnturbo bei Exporteuren. Der Anteil der Auslandsumsätze von japanischen Unternehmen ist nach Angaben der Großbank HBSC im Schnitt von 33 % (2010) auf fast 40 % (2015) gewachsen. Das erhöht die Korrelation zwischen Yen und Aktienkursen. Im abgelaufenen Quartal hatten die Unternehmen ihre Gewinnprognosen in Erwartung einer Yen-Aufwertung im Schnitt um 1 % gesenkt. Laut Credit Suisse (CS) kalkulieren drei Viertel der Firmen mit 100 bis 105 Yen/Dollar und 93 % mit weniger als 110 Yen/Dollar. Die kräftige Abwertung nach der Präsidentenwahl macht daher positive Gewinnrevisionen wahrscheinlich.Vor diesem Hintergrund haben die Brokerhäuser Nomura und Morgan Stanley bereits einen Bullenmarkt für japanische Aktien ausgerufen. Anleger sollten Kapital von US-Aktien nach Japan umschichten. In Erwartung eines Gewinnsprungs der Firmen sagt Nomura-Analyst Norikazu Akedo für 2017 einen Nikkei-Anstieg auf bis zu 21 000 Punkte voraus. Morgan Stanley rechnet bis Ende 2017 mit einem Topix-Zuwachs auf 1 800. Solche Prognosen dürften helfen, dass ausländische Investoren in Scharen an die Tokioter Börse zurückkehren. Diese hatten bis Ende September laut Bloomberg-Daten japanische Aktien für netto 56 Mrd. Dollar verkauft. Aber seit dem 10. November flossen 14,9 Mrd. Dollar zurück. UBS erwartet höheren YenEs gibt aber auch die konträre Sicht, wonach die Folgen der Wirtschaftspolitik von Trump falsch eingeschätzt werden. Die derzeitige Blase werde daher platzen. So sagt die Vermögensverwaltung der UBS eine Aufwertung des Yen auf bis zu 98 Yen/Dollar bis Ende 2017 voraus. Als Ursache nennt die Großbank die Folgen einer protektionistischen US-Handelspolitik. Die Firmengewinne würden 2016 nur um 4 % wachsen und 2017 stagnieren. “Mr. Yen” Eisuke Sakakibara rechnet mit einem Anstieg auf 90 Yen/Dollar und Toru Sasaki von J.P. Morgan Japan auf 99 Yen/Dollar. Der starke Dollar schade der US-Wirtschaft und sei politisch unerwünscht, sagen diese Querdenker. Im Wahlkampf hatte Trump gegen die Yen-Abwertung durch die japanische Geldpolitik gewettert. Chefökonom Takuji Okubo von Japan Macro Advisors warnte vor einem Vergleich mit der Reagan-Ära. Bei dessen Amtsantritt sei der Dollar schwach gewesen. Dagegen liege die US-Währung jetzt 10 % über ihrem 45-Jahres-Mittel. Das sei schlecht für die Schaffung von US-Jobs.Die Analysten von BNY Mellon ziehen eine Parallele zur Periode zwischen November 1992 und August 1993. Nach der Wahl von Bill Clinton zum US-Präsidenten blieb der Dollar zunächst stark. Dann wünschte sich Clinton bei einem Treffen mit Premier Kiichi Miyazawa einen stärkeren Yen. Prompt wertete der Dollar in sechs Monaten um 20 % zum Yen ab.Zu denken gibt auch, dass selbst die Optimisten von Morgan Stanley ausländischen Anlegern ein Hedging ihres Japan-Engagements empfehlen. CS fordert die Investoren zum Abwarten auf. Eine Schwankung von 11 Yen zum Dollar läute in der Regel einen 16 Monate dauernden Trend nur ein, wenn sie länger als zwei Monate anhalte (siehe Grafik). Aber auch CS stuft Japan auf “Übergewichten” hoch und gibt ein Nikkei-Kursziel von 20 000 für Mitte 2017 aus. Im Autosektor empfiehlt die Schweizer Bank Fuji Heavy, Toyota und Yamaha Motor. UBS setzt vor allem auf Finanztitel (MUFG, SMFG), Immobilien (Mitsubishi Estate, Orix), Nissan sowie Japan Tobacco.