Deutsche bleiben trotz Niedrigzinsen Aktienmuffel

Studie von DAI und Börse Stuttgart: Nur 12 Prozent der Nichtaktienbesitzer ziehen Anlage in Betracht

Deutsche bleiben trotz Niedrigzinsen Aktienmuffel

ck Frankfurt – Trotz der bereits seit langem anhaltenden Phase extrem niedriger Sparzinsen bleiben die Deutschen Aktienmuffel. Das ist das traurige Ergebnis einer Studie des Deutschen Aktieninstituts (DAI) und der Börse Stuttgart, mit der die Einstellung der deutschen Bevölkerung zu Aktien beleuchtet wurde.Eine Umfrage unter rund 2 000 Personen ergab, dass die Nichtaktienbesitzer, immerhin rund 85 % der Bevölkerung, kaum Interesse an Dividendentiteln haben. Gerade einmal 12 % der Deutschen, die keine Aktien besitzen, haben in den zurückliegenden Jahren eine Anlage in Aktien bzw. Aktienfonds in Betracht gezogen. Ernsthafte KonsequenzenMichael Völter, Vorsitzender des Vorstands der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse e.V., sieht dringenden Handlungsbedarf. “Die Vorteile von Aktien liegen eigentlich auf der Hand – sei es beim langfristigen Vermögensaufbau oder bei der Altersvorsorge”, sagte er anlässlich der Vorstellung der Studie. Da die Deutschen dennoch nur in geringem Maße in Aktien investierten, seien die Ursachen genauer zu ergründen. Nur dann ließen sich geeignete Impulse für eine bessere Aktienkultur setzen. “Gelingt dies nicht, so befürchte ich ernsthafte Konsequenzen für viele Deutsche. Denn das umlagefinanzierte Rentensystem allein dürfte den Lebensstandard im Alter langfristig nicht auf heutigem Niveau halten können.” MissverständnisseIn der Studie ist von weit verbreiteten Missverständnissen, einem schlechten Bauchgefühl und Gleichgültigkeit die Rede. Nur 14 % der Nichtaktienbesitzer gaben in der Umfrage an, dass die Niedrigzinsphase ihr Interesse an Aktien erhöht habe. Dass eine Anlage in Aktien bzw. Aktienfonds auch für kleinere Anlagebeträge sinnvoll ist, glauben nur 19 %. Lediglich 29 % sind überzeugt, dass Dividendentitel langfristig mehr Rendite bringen als andere Anlageformen. Der Anteil der Nichtaktienbesitzer, die glauben, dass Aktien und Aktienfonds leicht zu erwerben sind, beschränkt sich auf 49 %. 61 % sind der Meinung, dass Dividendenpapiere unsicher und riskant sind, 76 % glauben, dass eine Anlage in Aktien gute wirtschaftliche Kenntnisse erfordert. Gefragt, was sie von der Aktienanlage abhält, erklärten 48 %, dass ihnen Aktienanlagen zu umständlich sind, und 64 %, zu wenig über Aktien zu wissen. 61 % gaben an, generell kein Geld für Aktien zu haben. Letzteres behaupten sogar rund 50 % der Nichtaktienbesitzer mit Nettoeinkommen von mehr als 3 000 Euro.Immerhin zeigt die Umfrage, dass ein relativ großer Anteil der Nichtaktienbesitzer investieren würde, wenn sie über entsprechende Mittel verfügen würden. 39 % erklärten, dass sie Aktienanlagen tätigen würden, wenn sie 10 000 Euro langfristig frei zur Verfügung hätten. “Es gilt, das Potenzial für die Gewinnung von mehr Aktionären auszuschöpfen, damit mehr Menschen von den Renditevorteilen der Aktienanlage profitieren”, sagte Christine Bortenlänger, Geschäftsführender Vorstand des DAI. Staatliche Förderung nötig “Vor allem die Politik muss sich für die Aktie einsetzen, damit die Deutschen Aktie und Kapitalmarkt stärker für den Vermögensaufbau und die Sicherung des Lebensstandards im Alter nutzen.” Fast jeder dritte Nichtaktienbesitzer gebe an, dass eine bessere staatliche Förderung sein Interesse an der Aktienanlage wecken könnte. “Viel wichtiger als staatliche Förderung ist jedoch, dass Aktien bei Reformen des staatlichen Altersvorsorgesystems eine deutlich stärkere Berücksichtigung finden”, so Bortenlänger. Hierin liege der größte Hebel für eine höhere Aktienquote in Deutschland.” Bortenlänger forderte unter anderem eine staatliche Förderung des Aktiensparens. So könnten Erträge aus lang gehaltenen Aktien abgeltungsteuerfrei gestellt werden. Der Freibetrag für Mitarbeiterbeteiligungen, der mit 360 Euro deutlich unter in anderen europäischen Ländern üblichen Beträgen von 3 000 bzw. 4 000 Euro liege, könne ohne weiteres auf 1 000 Euro erhöht werden. Zu reduzierende HürdenFerner müssten bestehende regulatorische Hürden in der Wertpapier- und Anlageberatung reduziert werden. Auf steuerliche Maßnahmen mit negativem Einfluss auf das Aktiensparen wie die immer wieder diskutierte Finanztransaktionssteuer müsse verzichtet werden, die steuerliche Diskriminierung der Aktien- gegenüber der Anleihenanlage müsse aufgehoben werden. Die ökonomische und die Finanzbildung an den Schulen müsse verstärkt werden.