Deutscher IPO-Markt "bleibt traurig"
wbr Frankfurt – Der Investmentexperte und langjährige DWS-Fondsmanager Henning Gebhardt ist enttäuscht vom heimischen IPO-Markt. “Was Deutschland angeht, ist es traurig und wird es traurig bleiben. Die vier Börsengänge des laufenden Jahres zu überbieten, wird nicht schwerfallen.” In Deutschland würden viele Unternehmen vor dem regulatorischen Umfeld eines Börsengangs zurückweichen. Ungeachtet dessen setzt Gebhardt weiter auf Aktien. “Die Aussichten sind positiv. Wir haben in den vergangenen Monaten einen Anstieg der Bewertungen gesehen. Die müssen natürlich noch durch einen Rebound der Gewinne gestützt werden”, sagt Gebhardt. Wenn die Corona-Impfstoffe kämen, dann sei davon auszugehen, dass sich die Gewinne erholen.Die dauerhafte Nullzinsphase führe dazu, dass Kapital nicht nur in finanzielle Assets, sondern auch andere Anlageklassen wie Immobilien fließe. “Auch in den USA läuft der Immobilienmarkt sehr gut”, sagt der Gründer von Gebhardt Advisory & Portfolio Services im Interview der Börsen-Zeitung.Der Börsenexperte warnt angesichts der ultralockeren Fiskalpolitik vor den langfristigen Folgen. “De facto sind die staatlichen Haushalte aus dem Ruder gelaufen. Vielleicht nicht in Deutschland, aber zum Beispiel in Belgien, Spanien oder Italien.” Dort werde es einen erheblichen Druck geben, Schulden zu reduzieren.Die niedrigen Zinsen würden, so Gebhardt, zu einer dauerhaft veränderten Anlage führen. “Es wird eine Reallokation von Kapital geben. Interessanterweise investieren auch in Deutschland immer mehr Anleger in Aktien. Das hätte ich nicht mehr für möglich gehalten.”Wenig überzeugt zeigt sich Gebhardt von der Indexreform. “Ich glaube, die Börse tut nicht gut daran, aus dem Dax 30 einen Dax 40 zu machen. Dadurch wird der MDax stark geschwächt.” Er verweist auf den Dax 100, der derzeit eher ein Spielball von Indexreformen sei. “Ich denke, es ist der beste Index, den die Börse hat. Der Dax 100 ist breit diversifiziert, er hat viele Wachstumstitel und bietet kleinen Unternehmen bessere Chancen aufzusteigen.” – Interview Seite 13