DEVISENWOCHE

Devisenmarkt im Bann der Politik

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt Börsen-Zeitung, 1.10.2013 Die Politik hat den Devisenmarkt derzeit fest im Griff. Die beiden wichtigsten Währungen leiden derzeit unter neuen Krisen. Beim Euro ist es die vom Rücktritt der Minister der Partei des...

Devisenmarkt im Bann der Politik

Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtDie Politik hat den Devisenmarkt derzeit fest im Griff. Die beiden wichtigsten Währungen leiden derzeit unter neuen Krisen. Beim Euro ist es die vom Rücktritt der Minister der Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi verursachte Regierungskrise, beim Greenback der Umstand, dass der US-Regierung bereits heute aufgrund des Haushaltsstreits zwischen Republikanern und Demokraten das Geld ausgehen könnte und diese dann nach und nach ihre Aktivitäten zurückfahren muss. Diese beiden Themenbereiche drängen andere Aspekte wie die Zinssitzung der Europäischen Zentralbank vom Mittwoch in den Hintergrund.Am Devisenpaar Euro/Dollar ist die aktuelle Dramatik der Lage in Rom und in Washington natürlich nicht ablesbar, weil beide Währungen betroffen sind. Insofern hat sich die Kursbewegung zum Wochenauftakt trotz der Zuspitzung der Lage in engen Grenzen gehalten: Der Euro büßte 0,3 % gegenüber dem Dollar ein. Franken legt zuAnders sieht es aus, wenn man sich das Verhältnis Gemeinschaftswährung und Greenback zu anderen wichtigen Währungen ansieht. So ist der Euro gegenüber dem Schweizer Franken auf den niedrigsten Stand seit fünf Monaten gefallen. Der Dollar markiert mit 97,63 japanischen Yen ein Monatstief. Gegenüber dem Schweizer Franken hat sich der Dollar am Montag zwar kaum bewegt. Mit 0,9036 sfr je Dollar ist die US-Währung jedoch nicht weit von den in der vergangenen Woche markierten 0,9020 sfr entfernt. Dies war der schwächste Stand seit April 2012 gewesen.Nun ist es durchaus möglich, dass es in Washington quasi um fünf vor zwölf oder auch fünf nach zwölf zu einer Einigung kommt oder dass zumindest ein Aufschub gewährt wird. Im Rom ist es auch noch denkbar, dass nicht die gesamte Führung der Berlusconi-Partei dem kompromisslosen Kurs ihres Anführers folgt.Sollten die Dinge jedoch weiterlaufen wie bisher und sich die beide Krisen damit weiter zuspitzen, ist nach Meinung der meisten Analysten damit zu rechnen, dass Anleger die Flucht in sichere Häfen antreten. Davon würden in erster Linie Yen und Franken profitieren, die sich dann weiter befestigen dürften. Ebenfalls zu den Profiteuren könnte das britische Pfund gehören, das aber bereits als überkauft gilt.Mit einem Ereignis rechnen die meisten Marktbeobachter derzeit aber nicht: So hat fast niemand einen regelrechten Absturz des Dollars auf dem Radarschirm. So merken etwa die Währungsexperten der Commerzbank an: “Der Dollar leidet wieder einmal nicht unter Unsicherheitsschocks, die in den USA ihre Ursache haben.” Derzeit werde die Haushaltskrise vor allem als konjunkturelles Risiko gesehen, so die Analysten. Die systemischen Risiken würden ignoriert.Dass sich die Reaktionen an den Devisenmärkten noch in Grenzen halten, liegt unter anderem daran, dass die Konsequenzen des Entzugs der Finanzmittel erst langsam zu spüren sein werden. So erwartet Mark Zandi, Chefökonom von Moody’s Analytics, dass eine Finanzlücke von nur einigen Tagen das Land lediglich zwei Zehntel eines Prozentpunkts Wirtschaftswachstum im vierten Quartal kosten wird. Zudem setzen die Marktteilnehmer darauf, dass es in der Vergangenheit bei ähnlichen Konstellationen trotz der feindseligen Rhetorik stets doch noch eine Lösung in letzter Minute gegeben hat. So hatte es zuletzt vor 17 Jahren eine finanzierungslose Phase von 21 Tagen gegeben – seither nicht mehr. Die konjunkturellen Folgen dieser Zeitspanne waren rasch überwunden. Zudem darf erwartet werden, dass die US-Notenbank Fed notfalls in die Vollen gehen und alles Erdenkliche tun wird, um die Konjunktur zu stützen.Was die Regierungskrise in Rom betrifft, so wird mit Blick auf die Ereignisse zwar deutlich, dass die Schuldenkrise noch längst nicht vorüber ist – ein Fakt, der an den Märkten derzeit gerne ignoriert wird. Auf der anderen Seite lässt sich aber einwenden, dass Berlusconi zwar sein Land quasi in Geiselhaft nimmt. Ihm geht es jedoch nicht um eine Fundamentalopposition gegen die bisherige Sparpolitik – diese haben die Minister seiner Partei ja bislang mitgetragen -, sondern schlicht darum, seine Person und sein Vermögen dem Zugriff der Justiz zu entziehen.Bis zur Beilegung der aktuellen Krisen ist somit zwar nicht mit einem Absturz von Dollar oder Euro zu rechnen. Dennoch wird in den nächsten Tagen und Wochen die Risikoaversion vorherrschen. Dies könnte quasi als Kollateralschaden ganz woanders Probleme verursachen: Wenn Anleger die Krisen zum Anlass nehmen, weitere Mittel aus den Schwellenländern zu repatriieren, könnten die Emerging-Markets-Währungen unter neuen Druck geraten.