Technologiewerte

Die Ansprüche an Apple sind hoch

Der Aktienkurs von Apple hat 2022 deutlich nachgegeben, allerdings weniger als der Nasdaq Composite. Angesichts einiger Probleme ist noch nicht mit einer Bodenbildung des Aktienkurses zu rechnen.

Die Ansprüche an Apple sind hoch

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

Große amerikanische Technologiewerte haben den Anlegern im laufenden Jahr wenig Freude bereitet. Sie leiden unter den steigenden Zinsen und der sich abschwächenden Konsumnachfrage. Während aber beispielsweise der Nasdaq Composite im bisherigen Jahresverlauf etwa 33% eingebüßte, hat sich die Aktie des nach wie vor wertvollsten Konzerns der Welt deutlich besser geschlagen. Seit Anfang Januar schwächte sich der Kurs der Aktie von Apple lediglich um 22% ab. Allerdings hat sich die Perspektive aus Sicht der Anleger jüngst verschlechtert, denn binnen lediglich eines Monats brach der Kurs um rund 11% ein. Damit ist das Unternehmen aber nach wie vor mehr als 2 Bill. Dollar wert, nämlich 2,22 Bill. Dollar, es spielt insofern in seiner eigenen Liga. Allerdings sind, wie die jüngste Kursentwicklung gezeigt hat, die Ansprüche der Anleger an das Unternehmen immer noch hoch.

Die Zweifel, die die Anleger hinsichtlich Apple haben, hängen unter anderem mit der vergleichsweise schwachen Nachfrage nach dem neuesten iPhone-Modell 14 zusammen. So hat die amerikanische Finanznachrichtenagentur Bloomberg Ende September berichtet, dass Apple Pläne aufgegeben habe, die Produktion des neuen Smartphone-Modells auszuweiten, weil der erwartete starke Anstieg der Nachfrage ausgeblieben sei. Ursprünglich sei geplant gewesen, in der zweiten Hälfte des laufenden Jahres 6 Millionen Telefone mehr zu bauen. Nun soll es aber bei insgesamt lediglich 90 Millionen iPhones bleiben, was dem Niveau des Vergleichszeitraums des Vorjahres und der Prognose des Unternehmens vom Sommer entspricht.

Die Daten von professionellen Wiederverkäufern, die der Dienstleister Sellcell Ende September ermittelte, stimmen jedenfalls bedenklich. Das iPhone 14 und das iPhone 14 plus hätten ihre an­fänglich hohen Preise überraschend schlecht gehalten – deutlich schlechter jedenfalls als die Vor­gängermodelle iPhone 13 und iPhone13 Mini unmittelbar nach deren Verkaufsstart. So sei der Wert des Standardmodells iPhone 14 binnen zehn Tage um 40% gefallen. Vor einem Jahr habe der Wert des entsprechenden iPhone 13 nur um 18,2% nachgegeben.

Geringer Kaufanreiz

Dies hängt vor allem damit zusammen, dass selbst für hartgesottene Apple-Fans der Anreiz, auf das neue Modell zu wechseln, begrenzt ist. Das gilt vor allem für die Standardgeräte. So weist das iPhone 14 immer noch denselben A15-Bionic-Chip auf wie das iPhone 13. Bisher hatte Apple einer neuen Serie fast immer einen neuen Prozessor spendiert. Der neue A16-Chip ist hingegen nur den teuren Modellen iPhone 14 Pro und Pro max vorbehalten. Bei der Kamera des iPhone 14 handelt es sich um das Dual-Kamera-Modell mit 12 Megapixeln, das kaum verändert aus dem Vorgängermodell übernommen wurde. Besser sieht es nur bei den teuren Modellen aus. Ähnliches gilt für das Display. Bei Smartphones, auch denen von Apple, handelt es sich mittlerweile um eine ausgereifte Technologie. Daher wird der Anreiz für die Konsumenten, sich jedes Jahr ein neues Modell zu besorgen, immer kleiner. Dabei ist die berücksichtigen, dass der Absatz des iPhone für Apple immer noch eine zentrale Bedeutung hat, trug es doch in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 53% zu den Erlösen bei.

Die aktuellen Probleme mit dem neuen Modell kommen zur Unzeit, weil sich das Umfeld für das Unternehmen und seine vergleichsweise hochpreisigen Produkte eingetrübt hat. Zwar halten sich die USA noch vergleichsweise gut, im August haben die Ausgaben der Konsumenten sogar um 0,4% zugenommen. In Europa müssen sich die Konsumenten jedoch auf einen regelrechten Kollaps der Konjunktur und ihrer Einkommen einstellen. In China als dem wichtigsten Einzelmarkt gab es eine recht deutlich ausgeprägte Konjunkturdelle aufgrund der Covid-19-Lockdowns, und die Pandemie ist auch noch nicht ausgestanden. Zudem wendet sich die öffentliche Stimmung im Reich der Mitte zunehmend gegen die USA, und die Konsumenten neigen verstärkt zu einheimischen Produkten. Und sollte es wegen des Streits um Taiwan zu einem Wirtschaftskrieg zwischen China und den USA kommen, wäre Apple ein attraktives Ziel für Peking.

Trotz der aktuellen Probleme mit dem iPhone 14 sind die Analysten hinsichtlich der Apple-Aktie wie seit eh und je sehr positiv eingestellt. Von 41 Analysten raten 26 zum Kauf, und weitere sechs empfehlen, den Titel im Portfolio überzugewichten. Bei sechs Einstufungen mit „Hold“ gibt es nur ein einziges „Underweight“-Anlageurteil und gerade einmal zwei Verkaufsempfehlungen. Das durchschnittliche Kursziel wird bei 181,54 Dollar gesehen, was der Aktie gegenüber dem aktuellen Kurs auf Sicht von zwölf Monaten immerhin ein Potenzial von 33% geben würde. Die Bewertung der Aktie ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Erwartungen für die kommenden zwölf Monate von 22,5 nicht unbedingt billig, aber beispielsweise im Vergleich zu Tesla mit 75,5 geradezu bodenständig. Ähnlich bodenständig war zuletzt aber auch die Umsatz- und Gewinnentwicklung. Für sein dritten Quartal hat der Konzern zwar von einem Rekordumsatz von 83 Mrd. Dollar berichtet. Allerdings betrug das Wachstum gegenüber dem Vorjahreswert gerade einmal 2%. Der Nettogewinn gab sogar um 10,6% auf 19,44 Mrd. Dollar nach. Spannend wird es am 27. Oktober, wenn der Konzern seine Zahlen für das vierte Quartal vorlegt.

Probleme gibt es auch auf anderen Gebieten. So erwartet die Bank of America, dass sich die Verkäufe der iPad-Tablets rückläufig entwickeln, weil der Nachfrageschub der Pandemie vorbei sei. Die Experten der Bank gehen auch von einem schwachen Servicegeschäft aus. Nach Einschätzung von Morgan Stanley haben die Erlöse im Apple App Store im September im Vorjahresvergleich um 5% nachgegeben, was die bisher schwächste Entwicklung sei. Die Bank erwartet, dass die Entwicklung des App Stores auch weiter einen Mittelpunkt des Interesses der Investoren darstellt.

Mit dem deutlichen Kursrückgang ist zwar ein großer Teil der aktuellen Probleme bereits eingepreist. Angesichts der hohen Ansprüche der Investoren an die Produkte des Unternehmens und angesichts des sich weiter eintrübenden globalen konjunkturellen Umfelds darf bezweifelt werden, dass die Apple-Aktie bereits kurzfristig eine Bodenbildung vollzieht.

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