"Die Inflation wird wieder anziehen"
Die Deutsche Asset Management rechnet damit, dass die Inflation im Euroraum bald wieder steigen und zum Jahresende bei 1 % liegen wird. Der Assetmanager rät von Staatsanleihen der Kernländer des Euroraums ab und empfiehlt Unternehmens- sowie Peripherieanleihen. Für den Aktienmarkt wird eine volatile Seitwärtsbewegung prognostiziert.ck Frankfurt – Nach Meinung der Deutschen Asset Management (Deutsche AM) müssen sich die Investoren darauf einstellen, dass die Inflation im Euroraum bald steigen wird. “Die Inflation wird wieder anziehen”, sagte Stefan Kreuzkamp, Chefanlagestratege des Assetmanagers, in einem Pressegespräch. “Die Deflationsangst spielt keine Rolle mehr. Die Talsohle ist durchschritten, die Eins vor dem Komma wird bald kommen.” Nach 0,2 % Ende 2015 wird die Jahresteuerung der Deutschen AM zufolge im Dezember 2016 aufgrund sich stabilisierender Rohstoffpreise einen Wert von 1 % erreichen und ein Jahr später bei 1,6 % liegen. Dabei werden für dieses und nächstes Jahr Ölpreise von 50 und 70 US-Dollar unterstellt. Moderates WachstumKreuzkamp sagte für die USA und den Euroraum ein moderates, vor allem von den Konsumenten getragenes Wachstum voraus. Der Markt erwarte für die kommenden zwölf Monate nur geringfügige Leitzinsanhebungen der US-Notenbank Fed. Dagegen geht die Deutsche AM von einer Anhebung der Fed Funds Rate in den nächsten neun bis zwölf Monaten auf 1 % aus. Kreuzkamp sagte eine weitere Erhöhung im September dieses Jahres voraus, an die sich eine weitere im Frühjahr 2017 anschließen werde. Die Wachstumsprognose für die USA und den Euroraum in diesem und nächsten Jahr lautet auf 1,8 % und 1,6 %.Ein Problem der Eurozone sei neben politischen Risiken die Tatsache, dass der Transmissionsmechanismus der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht funktioniere. Es gelinge nicht, die Kreditvergabe anzukurbeln, so Kreuzkamp, der die Geldpolitik der Euro-Währungshüter kritisierte. “Die Nullzinspolitik ist nicht mehr angemessen. Für Deutschland und Spanien wären Zinsen von 4 % und 1 % angemessen. Die EZB läuft Gefahr, hier hinter der Kurve zu hängen.” Kreuzkamp verwies auf nach seiner Ansicht bedenkliche Nebenwirkungen der ultralockeren Geldpolitik. “Wenn das höchstverzinsliche risikolose Instrument Bargeld ist, ist das befremdlich.” Zinsen gebe es nicht mehr, für Fonds falle der Risikopuffer weg. Hinzu kämen eine höhere Volatilität und schwindende Korrelationen. Die Anpassung der Portfolien an Veränderungen habe sich beschleunigt. Portfolios müssten schneller umgeschichtet werden, was zu höherer Volatilität führe. Investoren müssten heute höhere Risiken akzeptieren, um die Höhe erwarteter Erträge aufrechtzuerhalten. Für einen Total Return von 4 % habe im Jahr 2004 eine Allokation von 15 % Aktien und 85 % Anleihen gereicht. Dabei sei eine Volatilität von 2 % in Kauf zu nehmen gewesen. Heute sei für einen Total Return von 4 % eine Allokation von jeweils 50 % notwendig. Die zu akzeptierende Volatilität liege bei 11 %. “Auf der Suche nach Erträgen müssen die Anleger inzwischen gezielt Risiken eingehen und kurzfristig taktisch agieren. Den über Generationen als sicher betrachteten Zins gibt es nicht mehr”, so Kreuzkamp. Kernstaaten untergewichtetIm aktuellen Umfeld stelle sich die Frage, wo noch Gelegenheiten zu finden seien, erklärte Bill Chepolis, Leiter Anleihen für die Region EMEA. Derzeit gebe es an den europäischen Anleihemärkten ausstehende Papiere im Volumen von 8 Bill. Euro, die eine negative laufende Verzinsung aufwiesen. Chepolis riet dazu, “nicht im roten, sondern im grünen Bereich” zu investieren. Konkret empfahl er eine Untergewichtung der Anleihen der kerneuropäischen Staaten. Investoren sollten an den Anleihemärkten selektiv Risiken eingehen. Unter anderem riet Chepolis zur Übergewichtung von Peripherieanleihen, d.h. italienischer und spanischer Staatstitel. Zuflüsse in den DollarDarüber hinaus riet er zu auch Linker genannten inflationsgestützten Anleihen, um von einer anziehenden Inflation zu profitieren. Zur Übergewichtung empfahl er ferner Investment-Grade-Unternehmensanleihen. Sie seien nicht zu teuer, die Käufe der EZB würden zu einer weiteren Einengung der Risikoaufschläge führen. Auch Hochzinsanleihen böten Gelegenheiten. Zu bevorzugen seien hier Euro-Papiere und selektiv US-Titel außerhalb der Energiebranche, die auch eine Währungschance böten. Bei Währungsstrategien riet Chepolis insbesondere zum Dollar. Üblicherweise fließe Geld zu höher rentierlichen Assets gleicher Qualität. Der Zinsvorsprung amerikanischer Anleihen werde wahrscheinlich für Zuflüsse in den Dollar sorgen. Mit etwas Währungsrisiko ließen ich Zusatzrenditen erwirtschaften.Für den Aktienmarkt erwartet die Deutsche AM in den kommenden Monaten eine volatile Seitwärtsbewegung. Die Prognose für den Dax per März 2017 lautet auf 10 800 Punkte. “Wir erwarten in der zweiten Jahreshälfte eine Beschleunigung der Unternehmensgewinnentwicklung”, sagte Thomas Bucher, Aktienstratege der Deutschen AM. Der negative Effekt der Energiebranche au die Gewinnentwicklung wird sich Bucher zufolge “rauswaschen”. In den USA werde es im Jahr 2016 keine Gewinnrezession geben. Nach Rückgängen im Vergleich zum Vorjahr in den bei den ersten Quartalen von 5,2 % und 3,2 % werden die Gewinne je Aktie der S & P 500-Unternehmen im dritten und vierten Quartal nach Einschätzung der Deutschen AM um 2,7 % und 8,9 % steigen. Die Prognose für das Gesamtjahr beträgt 0,8 %. Für das Jahr 2017 wird ein Wachstum im moderaten einstelligen Prozentbereich erwartet. Belastungen für die Ergebnisentwicklung seien die bereits hohen Margen, die Abschwächung des Wachstums in den Schwellenländern und die mäßige Entwicklung der Industrieproduktion. Positive Treiber seien u.a. Innovationen sowie die Binnenwirtschaft in Europa und den USA. Es seien viele Unternehmen zu identifizieren, die unabhängig von der Konjunktur hohes Wachstumspotenzial hätten, sagte Bucher in Bezug auf Innovationen. Er verwies als Beispiele auf die Digitalisierung sowie die Onkologieforschung. Experten erklärten, dass sich Krebs in wenigen Jahren von einer tödlichen in eine chronische Krankheit verwandeln werde. Hinzu kämen positive Ergebnistreiber, die bis zu einem gewissen Grad auch fragwürdig seien: M & A und Aktienrückkäufe, die durch das niedrige Zinsniveau gefördert würden und stark zunähmen. Fusionen wirkten in den ersten Jahren über Kostensynergien positiv. Aktienrückkäufe trügen in den USA 1,5 % p. a. zum Wachstum der Ergebnisse je Aktie bei.Im Kernszenario geht die Deutsche AM davon aus, dass sich die Briten gegen den Brexit entscheiden werden. “Rein rational betrachtet kann es nicht geschehen”, so Kreuzkamp. Die Brexit-Frage werde aber auch emotional entschieden. Der Deutschen AM zufolge würde der Brexit aufgrund der starken Verflechtung mit den übrigen EU-Staaten Großbritannien am härtesten treffen. 53 % der Ein- und 45 % der Ausfuhren des Landes entfielen auf die EU. 4,2 Millionen britische Arbeitsplätze sind nach Einschätzung der Deutschen AM im Falle eines Austritts aus der EU gefährdet.