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Die Risiken eines Währungskrieges

Von Holger Achnitz *) Börsen-Zeitung, 9.7.2019 Mit großer Erleichterung haben die Finanzmärkte auf den Ausgang des G20-Treffens in Japan reagiert. Das Ausbleiben einer weiteren Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und China und die...

Die Risiken eines Währungskrieges

Von Holger Achnitz *)Mit großer Erleichterung haben die Finanzmärkte auf den Ausgang des G20-Treffens in Japan reagiert. Das Ausbleiben einer weiteren Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und China und die Ankündigung weiterer Verhandlungen standen hierbei im Vordergrund. Die Bewertung der G10-Währungen sollte sich damit wieder nach Wachstums- und Zinsdifferenzen richten. Der Dollar sollte aufgrund des nachlassenden Wachstumseffekts der US-Steuerreform im letzten Jahr zumindest moderat an Wert verlieren – eine Erwartung, die nach den letzten Konjunkturindikatoren (z. B. Einkaufsmanagerindizes) und Daten zum Immobilienmarkt zumindest bis zur Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts für den Monat Juni auch durch den Ausblick auf bald fallende Leitzinsen gestützt wurde.Wie jede Medaille hat auch jedes Währungspaar zwei Seiten, und daher fand der Vortrag von Mario Draghi bei der Konferenz in Sintra große Beachtung, der von manchen Beobachtern in die Nähe der “Whatever it takes”-Rede des Jahres 2012 gerückt wurde. Sein Hinweis auf den möglichen Einsatz aller geldpolitischen Instrumente ohne die Bedingung einer weiteren Verschlechterung der aktuellen Konjunktur in der Eurozone weckte die Erinnerungen an den drastischen Rückgang des Euro seit dem Sommer 2014. Brisante GemengelageDamit stehen Akteure an den Währungsmärkten zu Beginn der zweiten Jahreshälfte vor einer brisanten Gemengelage. In der Eurozone, zuletzt besonders hier in Deutschland, verdichten sich die Signale für die baldige Notwendigkeit einer noch leichteren Geldpolitik. Daher besteht in den USA die verständliche Sorge, dass die EZB angesichts des jetzt schon sehr niedrigen Zinsniveaus wie schon 2015 wirtschaftlichen und inflationären Stimulus durch den Ankauf weiterer Vermögenswerte und somit über eine Abwertung des Euro generieren will, trotz eines bereits jetzt bestehenden beträchtlichen Überschusses in der Zahlungsbilanz. Die Situation in den USA ist weniger eindeutig. Trotz der durch die Futures für die kommenden Monate ausgedrückten Hoffnung auf niedrige Fed Funds ist es keineswegs klar, dass die Notenbank dieser Erwartung der Märkte in vollem Umfang entsprechen wird. Somit besteht die realistische Möglichkeit eines weiterhin den Dollar unterstützenden Zinsdifferentials, auf jetzigem Niveau oder sogar noch größer. An dieser Stelle kommt nun die Politik – sprich: die Trump-Administration – ins Spiel. Sie hat mehrfach auf ihre Sorgen mit Bezug auf die Stärke des Dollar hingewiesen. So stellt z. B. der “US Treasury FX Report” (Mai 2019) fest, dass der Dollar real nach einer 5 -prozentigen Aufwertung im letzten Jahr nunmehr 8 % oberhalb seines 20-jährigen Durchschnitts notiert. Weiterhin auf diesem Niveau handelnd, würde er das Handels- und Leistungsbilanzdefizit verstärken. Präsident Trump hat mehrfach kritisiert, dass der Dollar einen großen Nachteil für die USA gegenüber Ländern mit schwächeren Währungen darstellt.Dieser Bericht bereitet außerdem den Grund für die mögliche Bezeichnung eines Landes als “Währungsmanipulator” gemäß den 1988 und 2015 verabschiedeten Gesetzen vor. Eine solche Benennung bleibt außer einer einzuleitenden Konsultation zwar zunächst ohne Folgen. Der Report beschreibt aber auch die Bemühungen der Administration, unfaire Handelsbarrieren inklusive einer unfairen Währungspolitik abzuschaffen. Finanzminister Mnuchin zufolge will Amerika nicht durch Währungen verlieren, was es im Handel (sprich: mit Zöllen) gewinnt. Das Handelsministerium bereitet Gesetze vor, die eine unterbewertete Währung einer Subvention gleichsetzt und somit den Exporteur eines Drittlandes mit Zöllen belegen kann. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Welthandelsorganisation hierzu stellen wird, aber vermutlich wird dies die US-Regierung wenig interessieren. Für ihre Sichtweise erhalten Trump & Co. übrigens Unterstützung durch den IWF, der den Dollar als die am höchsten bewertete Währung weltweit bezeichnet und zu dem Schluss kommt, dass u. a. der Euro am stärksten unterbewertet ist. In diesem Zusammenhang und entsprechend den IWF-Richtlinien strebt die Administration eine Klausel zur Währungsmanipulation in neuen Handelsvereinbarungen mit der EU und Japan an, ebenso in der bald zu ratifizierenden Vereinbarung mit Mexiko und Kanada (USMCA). Maßnahmen zu erwartenWie die Grafik zeigt, führt unter allen Zentralbanken die EZB seit 2015 die mit Abstand größten Anleihekäufe durch – während sich die Fed schon lange auf umgekehrtem Kurs befindet. Eine erkennbar auf eine Schwächung des Euro abzielende Intensivierung dieser Politik wird auf der anderen Seite des Atlantiks scharfe Kritik und Maßnahmen auf den Plan rufen, um eine weitere Aufwertung des Dollar zu konterkarieren. Diese könnten sein: Aufgabe der “Strong Dollar Policy” – bereits 2018 sorgten Kommentare von Finanzminister Mnuchin diesbezüglich für großes Aufsehen -, Dollar-Verkäufe durch die Fed mittels Nutzung von Swap-Linien mit anderen Zentralbanken, Währungsinterventionen, höhere Besteuerung der Gewinne ausländischer Gesellschaften oder die Einschränkung von Dollar-Käufen durch “Manipulatoren” mit nicht frei handelbaren Währungen.Damit könnten die Zeiten fallender und niedriger Wechselkursvolatilität bald zu einem ungeordneten Ende kommen. *) Holger Achnitz leitet den Währungshandel bei der Citigroup in Deutschland.