IM INTERVIEW: LUC MATHYS, CREDIT SUISSE

"Die Zinsen bleiben strukturell tief"

Der Fixed-Income-Experte zweifelt an der Wirksamkeit der ultralockeren Geldpolitik

"Die Zinsen bleiben strukturell tief"

Nach rund acht Jahren ultralockerer Geldpolitik wachsen Luc Mathys’ Zweifel an deren Wirksamkeit. Sie habe es nicht geschafft, eine selbstragende Erholung zu erzeugen, sagte der Fixed-Income-Experte der Credit Suisse im Interview der Börsen-Zeitung.- Herr Mathys, wie stellt sich Ihnen als Fixed-Income-Investor das Notenbankumfeld aktuell dar?Wenn man aus dem aktuell volatilen Umfeld einen Schritt zurückgeht und das große Bild seit dem Jahr 2008 betrachtet, so sieht man, dass die Notenbanken massiv die Zinsen gesenkt und Programme der quantitativen Lockerung implementiert haben. Global haben inzwischen Staatsanleihen im Volumen von ungefähr 7 000 Mrd. Dollar eine negative Rendite. Zeitgleich sehen wir viele Krisenherde auf der Welt, es scheint, als habe die Geldpolitik den gewünschten Effekt einer selbsttragenden Erholung nicht erzielt.- Was heißt das für den Zinsausblick?Für mich sieht vieles nach einem Japan-Szenario mit lang anhaltendem schwachen Wachstum und deflatorischen Tendenzen aus. Die Zinsen bleiben strukturell tief, Anlageklassen können aber – wie der japanische Aktienmarkt zeigt – stark nach oben und unten schwanken. In solch einem Szenario liefern Investitionen einen immer geringeren Grenznutzen, aber die Geld- und Fiskalpolitik überdeckt dies. Die Probleme kehren zurück, es braucht ein Umdenken.- Ist diese Erkenntnis schon bei den Anlegern angekommen?Nun, wir sehen eine Extrempositionierung am Markt für Fixed-Income-Produkte, was das Verlustrisiko erhöht. Wir erlebten in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum bei Kreditprodukten. Zugleich werden die Banken immer mehr reguliert, weshalb sich die Liquidität im Cash-Markt verschlechtert hat. Sollte es zu einem Ausverkauf kommen, kann niemand das Angebot absorbieren. Hinzu kommt, dass die Zentralbanken der wichtigste Markttreiber sind, weshalb die negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen nicht mehr wirkt. Wenn die Zentralbanken nicht mehr aktiv sind, dann kann sich alles in die gleiche Richtung entwickeln.- Wie agieren Sie als Absolute-Return-Investor in diesem Umfeld?Wir sind auch agnostische Trendfolger, die deshalb etwas losgelöst von Markterwartungen agieren können. Eine Trendfolge muss regelbasiert sein, sonst kommt eine diskretionäre Meinung in die Anlageentscheidung hinein. Zusätzlich können wir Positionen dadurch etwas besser managen, dass wir auch billige Absicherungen gegen Worst-Case-Szenarien berücksichtigen.- Wie setzen Sie die Trendfolge um?Wir orientieren uns dabei am Moving Average, der uns in transparenter Weise hilft, Trends zu erkennen, und nicht so anfällig für Strukturbrüche ist wie komplexe Systeme. Wir konzentrieren uns zudem auf Quellen von Alpha, also Mehrerträgen, die mit reinen Strategien auf steigende Kurse – also Long-only-Strategien – kaum genutzt werden können. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Anleger wurden in den vergangenen Jahren in immer höhere Kredit- und Zinsrisiken getrieben und sind damit eine Short-Position auf Volatilität eingegangen. Eine Trendfolgestrategie ist im optimalen Fall genau das Gegenteil, nämlich eine Long-Position in Volatilität, kann also von stark fallenden und steigenden Märkten profitieren.- Wie sind Sie aktuell positioniert?Wir sind währungsseitig eine Long-Position im US-Dollar gegenüber den Währungen aus Australien, Kanada, Neuseeland sowie dem südafrikanischen Rand eingegangen, zugleich aber im US-Dollar short gegen Euro und Yen gegangen. Bei Zinsen setzen wir auf lange Duration in entwickelten Anleihemärkten. Im Credit-Bereich sind wir short bei High Yield und amerikanischen Investment-Grade-Bonds positioniert.—-Das Interview führte Stefan Schaaf.