Digitalisierungsstars der zweiten Reihe

Telekomnetzbetreiber wachsen durch das Internet der Dinge wieder etwas - Solide Dividendenrenditen

Digitalisierungsstars der zweiten Reihe

Als Schnittstelle zwischen digitalen Diensten und Endkunden stehen die Betreiber von Telekomnetzen nicht eben im Rampenlicht. Doch die steigende Datennachfrage über das “Internet der Dinge” verschafft den Netzbetreibern Mittelzuflüsse und Wachstumspotenzial. Das sichert ihre hohen Dividendenrenditen ab.Von Dietegen Müller, FrankfurtUltraschnelle Netze der fünften Mobilfunkgeneration (5G), Sim-Karten, die in allen möglichen mobilen Endgeräten verbaut sind und neue Möglichkeiten zwischen Diensten und Tarifen bieten – auch 2016 wird auf der noch bis Donnerstag stattfindenden Mobilfunkmesse in Barcelona (MWC) viel Zukunftsmusik gespielt.Während die Perspektiven für die Smartphone-Anbieter aber laut Analysten schon besser ausgesehen haben, mausern sich die europäischen Netzbetreiber zu den Stars der Branche in zweiter Reihe – getrieben durch rasant steigende Nachfrage nach Daten im Internet der Dinge.Bis 2020 werden laut dem Netzausrüster Cisco weltweit pro Kopf eineinhalb mobile Endgeräte genutzt werden. Die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation – die Übertragung zwischen intelligenten Geräten etwa zur Steuerung von Hausgeräten oder im Straßenverkehr – bietet für die Netzbetreiber Wachstumschancen. 2016 dürften das erste Mal seit über zehn Jahren die Erlöse im europäischen Festnetzgeschäft im Jahresvergleich steigen. Im Mobilfunkgeschäft wird laut der Großbank Credit Suisse im laufenden Jahr der Umsatz noch um 0,3 % sinken, was an regulatorisch begründeten Einschnitten in die Roaming-Gebühren liegt, aber 2017 soll dann die Trendwende geschafft sein. Neubewertung im GangDamit kommt die langjährige Erosion der operativen Margen zu einem Ende. Laut UBS etwa soll im deutschen Netz die Ebitda-Marge bis 2018 auf 39 % (2015: 35,5 %) steigen. Der Analystenkonsens von Bloomberg geht für 2016 ebenfalls von einem leichten Anstieg der Ebitda-Marge im Stoxx Europe 600 Telecom aus. Am Aktienmarkt ist dieser Trend nicht verborgen geblieben. Im historischen Vergleich hat die Bewertung des Sektors bereits kräftig zugelegt. Laut Bloomberg stieg der Unternehmenswert im Verhältnis zum operativen Ergebnis von 5,3 2012 auf derzeit rund 7,5. Parallel dazu wuchs die Nettoverschuldung vom 2,2-fachen auf das 2,6-fache Ebitda. Das Niedrigzinsumfeld animiert im investitions- und kapitalintensiven Netzgeschäft zur Vergrößerung der Schuldenlast. Trotz der Höherbewertung ist die Branche aber nicht zu teuer. Die Telekomaktien bieten oft hohe Dividendenrenditen, die durch das künftige Wachstum gut abgesichert sind. Anders als etwa im Versorgersektor sind kaum noch deflationäre Tendenzen auszumachen: Die Deutsche Telekom wird im April die Preise für Mobilfunk-Bündelangebote für Neukunden anheben. Schmale WertschöpfungTrotz aufgehellter Perspektiven ist die Wertschöpfung aber noch schmal: Laut Bloomberg übertraf die Telekom etwa 2014 ihre durchschnittlichen gewichteten Kapitalkosten von 6,2 % nur minimal. Immerhin: Erstmals seit 2005 geht es in die richtige Richtung. Eine weitere Ausweitung der Wertschöpfung dürfte derzeit aber an der Börse noch nicht vorweggenommen worden sein. Dank der hohen Dividenden ist der Sektor damit auch für defensive Investoren interessant.Nach wie vor steht die Branche aber unter Druck von Online-Riesen wie Google oder Facebook, die Konkurrenzangebote aufziehen und die Netze belasten. Und im Cloud-Geschäft sind derzeit laut Marktbeobachtern eher Überkapazitäten am Entstehen. Anekdotische Hinweise zeigen aber, dass es den Netzbetreibern gelingen dürfte, sich als unentbehrliches und in der Preissetzung machtvolles Bindeglied zwischen Endkunde und Diensteanbieter zu etablieren. Die Telekom etwa will jungen Digitalunternehmen Breitbandzugang gegen einen Anteil an deren Umsatz bieten. Der Regulierer ist zudem wegen der hohen Netzinvestitionen gegenüber den Ex-Monopolisten großzügiger geworden. Ein weiterer Faktor, der zu steigenden freien Mittelzuflüssen führen dürfte, ist die Umstellung der Netzinfrastruktur ganz auf das Internet-Protokoll. IP-Netze sind günstiger im Betrieb und einfacher zu modernisieren. Daraus leitet sich ein höheres Erlös- und Ergebnispotenzial ab. Die UBS schätzt für die Deutsche Telekom im besten Fall ein jährliches Einsparungspotenzial von bis zu 1 Mrd. Euro durch die Umstellung auf All-IP-Netze. Der Konzern, der am Donnerstag die Zahlen für 2015 vorlegen wird, will nach ersten Schritten in Zentraleuropa nun laut Technikchefin Claudia Nemat europaweit ein All-IP-Netz aufbauen.Abgesehen von der Telekom empfehlen die UBS-Analysten auch Telefónica Deutschland und Drillisch zum Kauf. Der deutsche Markt habe Aufholpotenzial, und die Nutzung konvergenter Produkte (Daten, Telefonie, Mobilfunk, TV) sei noch nicht so ausgeprägt wie andernorts. Telefónica Deutschland wird auch von Metzler und der Commerzbank favorisiert. Telecom Italia birgt dagegen Übernahmefantasie (vgl. Text links).