Dunkelgrün oder hellgrün, das ist hier die Frage
Wäre Hamlet ein ETF-Anleger mit sozialverantwortlichem Anlagestil gewesen, hätte er hinterfragt, inwieweit sich nachhaltige Konzepte für Aktienindizes in wesentlichen Punkten des Regelwerkes unterscheiden und daraus bedeutsame Renditeunterschiede resultieren können. Ein Gerücht, das sich hartnäckig hält, ist es, dass nachhaltige Geldanlagen ihren nichtnachhaltigen Pendants in puncto Performance hinterherhinken. Ein genauer Blick auf den sogenannten MSCI World SRI S-Series 5% Capped Index zeigt aber das Gegenteil: Seit vier Jahren in Folge weist dieser Nachhaltigkeitsindex eine höhere Wertentwicklung als sein Mutterindex, der MSCI World Index auf. Sowohl 2020 als auch das gerade neu gestartete Anlagejahr sind vor allem durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie geprägt. Im Jahr 2020 standen in der Nachhaltigkeitsvariante 22,56% Performance zu Buche, während der MSCI World Index lediglich 16,5% schaffte.
Das Nachhaltigkeitskonzept des Index zahlt sich aus. Grundsätzlich handelt es sich bei dem Index um einen globalen Aktienindex, der groß- und mittelkapitalisierte Aktien aus 23 Industrieländern umfasst. Der Index eignet sich vor allem für Anleger, die ein breit diversifiziertes Portfolio mit Berücksichtigung der ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Governance) anstreben. Die darin enthaltenen Unternehmen zeichnen sich durch ihre starken Nachhaltigkeitsprofile aus. Während der MSCI World Index 1585 Indexmitglieder enthält, sind es beim MSCI World SRI S-Series 5% Capped Index lediglich 359, die rund 25% der Marktkapitalisierung in jedem Sektor ausmachen und die höchsten ESG-Bewertungen aufweisen.
Reputationsrisiken im Blick
Das SRI-Indexkonzept von MSCI schließt im ersten Schritt grundsätzlich Unternehmen aus dem Investmentuniversum aus, die in den umstrittenen Geschäftsfeldern Alkohol, Glücksspiel, Tabak, Rüstung, Feuerwaffen, Pornografie, gentechnisch veränderte Organismen und Kernenergie aktiv sind. Im zweiten Schritt werden nach einem Best-in-Class-Ansatz alle Gesellschaften ergänzt, die hinsichtlich ihres ESG-Ratings (mindestens „BB“ auf einer siebenstufigen Skala zwischen „AAA“ und „CCC“), ihrer Sektorzugehörigkeit und Unternehmensgröße geeignet sind. Somit sollen materielle ESG-Risiken reduziert und Chancen identifiziert werden. Schließlich gelten Mindeststandards hinsichtlich der vom Research vergebenen Score-Werte bei der Analyse und Überwachung von Kontroversen wie Verstöße gegen internationale Normen von United Nations und relevanten Nichtregierungsorganisationen. Ziel ist die Minimierung von Reputationsrisiken bei Themen wie Umwelt, Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Lieferketten oder Unternehmensführung. Es gibt bereits einen Index – den MSCI World SRI – der das gleiche Prinzip verfolgt. Der Unterschied zum MSCI World SRI S-Series 5% Capped Index besteht darin, dass der Zusatz „S-Series“ für den Ausschluss von Unternehmen steht, deren Tätigkeit unmittelbar mit fossilen Brennstoffen zusammenhängt. Die Toleranzgrenzen beim Umsatz sind deutlich strenger festgelegt. Dies betrifft sowohl die Suche nach fossilen Energieträgern, deren Gewinnung, Verarbeitung, Transport und Lagerung als auch die Erzeugung von Strom aus solchen Rohstoffen. Der zweite Unterschied zum konventionellen SRI-Index: Das maximale Gewicht eines Unternehmens ist auf 5% begrenzt, um eine Konzentration des Indexportfolios zugunsten von Aktien mit der höchsten Marktkapitalisierung zu vermeiden.
Neben diesen beiden strengen SRI Indexkonzepten gibt es mit den MSCI World ESG Leaders Index auch eine Variante, die 50% der Marktkapitalisierung in jedem Sektor mit den höchsten ESG-Bewertungen auswählen, mit einem niedrigeren Mindestanspruch an das ESG-Rating, wenn es um die Aufnahme in den Index geht.
Der MSCI World ESG Screened Index entspricht sowohl in der Zusammensetzung als auch beim ESG-Rating weitgehend seinem Mutterindex. Lediglich umstrittene Sektoren wie Hersteller von kontroversen Waffen, zivilen Schusswaffen und Atomwaffen, Tabakhersteller oder Unternehmen, die Umsätze mit der Förderung von Kraftwerkskohle und Ölsand erzielen sowie Unternehmen, die sich nicht im Einklang mit den Prinzipien des United Nations Global Compact befinden, werden ausgeschlossen.
Zuletzt erschienen:
Irrationaler Überschwang: Game Over bei Gamestop? (157), M.M. Warburg
Aktien scheinen teuer, aber nicht überbewertet (156), Assenagon
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