Helaba-Studie

Dynamik am Schuldschein­markt

Der Schuldscheinmarkt entwickelt sich dynamisch. Dies zeigt eine Studie der Helaba, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Ein starkes Interesse an dem Produkt, das mit schlanker Dokumentation überzeugt, zeigen ausländische Adressen.

Dynamik am Schuldschein­markt

kjo Frankfurt

Die dynamische Entwicklung des Schuldscheinmarktes wird weiterhin von einer hohen Anzahl an Debüt-Emittenten befeuert. Noch nie hatten Investoren so viele Möglichkeiten, ihre Anlagen weiter zu diversifizieren und ihre Portfolien zu optimieren, wird in einer Studie der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) zum Markt der Schuldscheindarlehen (SSD) festgehalten, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. „Wir erwarten, dass der Emittentenkreis und die Gesamtvolumina auch in Zukunft weiter wachsen werden. So interessieren sich nicht zuletzt auch immer mehr Corporates aus dem Ausland für das Segment. Unsere Analyse zeigt, dass bereits im SSD-Markt vertretene Firmen das Segment unterschiedlich oft nutzen“, hält Ulrich Kirschner, Senior Analyst bei der Helaba, fest.

Branchen von Interesse

Eine wichtige Rolle scheine dabei die Branchenzugehörigkeit zu spielen. Zudem würden größere, börsennotierte Emittenten mit mehr Finanzverbindlichkeiten häufiger dazu neigen, erneut am Schuldscheinmarkt aktiv zu sein, während sich kleinere Akteure mit niedrigen Finanzverbindlichkeiten in privater Hand tendenziell eher selten zeigen. „Auswahlkriterien, die angesichts der steigenden Vielfalt an Investitionsmöglichkeiten bei der Anlageentscheidung unterstützen können, dürften unseres Erachtens daher immer wichtiger werden“, so Kirschner. Die Gesamtzahl der am Schuldscheinmarkt aktiven Emittenten habe sich auch im vergangenen Jahr weiter erhöht.

Nicht zuletzt das rege Interesse aus dem Ausland führe unverändert dazu, dass jedes Jahr eine beachtliche Anzahl neuer Unternehmen an den Markt komme. Im abgelaufenen Jahr habe die Newcomer-Quote immerhin bei knapp 25% gelegen. In Summe sei das Emittenten-Universum seit 2008 gerechnet von rund 70 auf über 700 Adressen angeschwollen, wenngleich einige Unternehmen bis dato nur eine, manchmal lange zurückliegende Transaktion begeben hätten und daher nicht unbedingt als aktive Emittenten bezeichnet werden könnten.

Optimierung der Portfolios

Dennoch erleichtere die inzwischen erreichte Breite des Universums Investoren eine Optimierung ihrer Portfolios. „So kann unter anderem die relative Häufigkeit einer Transaktion als eines der Selektionskriterien für die Anlageentscheidung herangezogen werden. Wir haben daher die Schuldscheinemittenten der vergangenen 15 Jahre anhand der Faktoren Sektorzugehörigkeit, Umsatzgröße, Niveau der Verschuldung sowie Börsennotiz kategorisiert. Die Analyse zeigt deutliche Unterschiede in der Marktaktivität in den einzelnen Clustern“, sagt Kirschner.

Bei der Auswertung nach Branchen zeige sich, dass einige Sektoren überdurchschnittlich häufig vertreten seien. Allein aus den Bereichen industrielle Güter und Dienstleistungen, Versorger, Immobilien, Automotive und Handel stamme die Hälfte aller Emittenten. Dagegen seien Firmen aus den Branchen Erneuerbare Energie, Haushaltsprodukte und Öl & Gas eher selten zu Gast am Schuldscheinmarkt. Bei der durchschnittlichen Anzahl der durchgeführten Platzierungen pro Emittent würden die Sektoren Gesundheit, Handel, industrielle Dienstleistungen und Telekommunikation die Spitzenplätze einnehmen. Gleichzeitig liege in diesen Branchen der Anteil der Einmalemittenten unter der 50%-Marke – ein Beleg dafür, dass die höheren Durchschnittswerte nicht nur auf einzelne Frequent Borrower zurückzuführen seien. „Dies könnte etwa für Investoren von Interesse sein, die ihre begrenzten Analysekapazitäten auf Unternehmensgruppen fokussieren müssen, die mit höherer Wahrscheinlichkeit häufiger am Markt auftreten.

Dagegen waren Adressen aus kleineren Branchen mit weniger Emittenten in der Vergangenheit tendenziell auch seltener am Markt“, führt Kirschner aus. So liege die Emissionsrate der zehn SSD-Emittenten im Bereich Erneuerbarer Energie bei nur 1,2x verglichen mit einem Gesamtdurchschnitt von 2,1x. Somit eigne sich diese Gruppe besonders gut dazu, den Diversifizierungsgrad von Portfolios weiter zu verbessern.

Schlanke Dokumentation

Auch die Unternehmensgröße sowie die Summe der Finanzverbindlichkeiten könne Einfluss auf die Häufigkeit des Kapitalmarktgangs haben. Günstige Eigenschaften wie die geringeren Mindestvolumina, die schlanke Dokumentation und die Möglichkeiten, eine Platzierung auch ohne Emittentenrating durchführen zu können, würden den Schuldschein zwar vor allem für Mid Caps interessant machen. „In der Tat wies mehr als jeder dritte Emittent bei seinem SSD-Debüt nur ein Umsatzvolumen von unter 1 Mrd. Euro auf. Allerdings hält sich der Refinanzierungsbedarf in diesem Segment häufig in Grenzen. Die Unternehmen zeigen sich daher weniger oft am Markt.“

Erst bei Umsätzen von mehr als 1 Mrd. Euro steige die Wahrscheinlichkeit für mehrfache Gänge an den Schuldscheinmarkt deutlich. Bei den Finanzverbindlichkeiten lasse sich ein ähnlicher Zusammenhang feststellen. „Wer mehr als 500 Mill. Euro Schulden aufweist, wird den Markt mit höherer Wahrscheinlichkeit erneut nutzen. Auch im Segment der großen Frequent Borrower, die in der Regel über einen recht guten Zugang zu anderen Kapitalmarktsegmenten verfügen und daher opportunistisch agieren können, ist der Schuldschein in der Regel keine Eintagsfliege“, weiß Analyst Kirschner. Firmen, die hingegen nur einen geringen Gesamtfinanzierungsbedarf hätten, blieben auch am Schuldscheinmarkt eine tendenziell seltenere Erscheinung.

„Die Kombination der bisherigen Ergebnisse erlaubt noch tiefergehende Einblicke in die DNA des Schuldscheinmarktes. So sind insbesondere große Emittenten mit höherer Verschuldung aus den Sektoren mit einer Emissionsrate von mehr als 2,1 im Schnitt deutlich häufiger am Markt aktiv. Unternehmen mit relativ niedrigem Umsatzvolumen oder begrenztem Verschuldungsniveau aus den unteren Quartilen sind dagegen in der Regel weniger präsent“, weiß der Experte.

Signifikante Unterschiede im Emissionsverhalten würden sich hingegen bei der Einbeziehung der Eigentümerstruktur zeigen. So wiesen Unternehmen, die über eine Börsennotierung verfügen, höhere Platzierungsraten auf. Im Schnitt seien diese 2,5-mal am Schuldscheinmarkt aktiv, Unternehmen in privater Hand dagegen nur 2,1-mal. „Unseres Erachtens dürfte hierbei die höhere Kapitalmarkt-Affinität notierter Firmen eine Rolle spielen. Zudem stellen gelistete Corporates in der Regel eine größere Menge an öffentlich zugänglichen Finanzinformationen zur Verfügung. Dies erleichtert Investoren sowohl die Erstanalyse als auch das dauerhafte Monitoring“, führt Experte Kirschner hierzu weiter aus.

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