SERIE: ANLAGETHEMA IM BRENNPUNKT (9)

Dynamische Multi-Asset-Allokation bringt Vorteile

Börsen-Zeitung, 21.3.2018 Im Mittelpunkt der modernen Kapitalmarktforschung steht die Erklärung von Preisen risikobehafteter Wertpapiere im Marktgleichgewicht. Während die Forschung viele Jahrzehnte versuchte, allgemeingültige Entscheidungsregeln...

Dynamische Multi-Asset-Allokation bringt Vorteile

Im Mittelpunkt der modernen Kapitalmarktforschung steht die Erklärung von Preisen risikobehafteter Wertpapiere im Marktgleichgewicht. Während die Forschung viele Jahrzehnte versuchte, allgemeingültige Entscheidungsregeln basierend auf Erfahrungswerten zu formulieren, gehen aus der neoklassischen Kapitalmarkttheorie (unter der Annahme homogener Erwartungen und rationalen Verhaltens) Modelle zur Preisbildung, zur Wertpapierselektion und zur Portfoliokonstruktion hervor. Dagegen bilden Verhaltensmuster wie etwa die Annahme eingeschränkt rationaler Marktteilnehmer und von Verhaltensanomalien das Grundgerüst der Behavioral Finance (Verhaltensökonomik). Den Unterschied zwischen den beiden Theorien zeigen am besten die beiden Nobelpreisgewinner Eugene Fama und Robert Shiller auf. Beide Forscher haben Methoden zur Determinierung von Asset-Preisen entwickelt – jedoch unter verschiedenen Annahmen. Fama demonstrierte, dass sich neue Informationen sehr schnell in Aktienpreisen wiederfinden, welche bezogen auf einen kurzen Horizont sehr schwer zu prognostizieren sind. Er unterstützt die Annahme rationalen Verhaltens der Kapitalmarktteilnehmer. Robert Shiller hingegen fand heraus, dass eine hohe (bzw. niedrige) Dividendenrendite über einen längeren Zeitraum hinweg fällt (bzw. steigt). Irrationale ErwartungenDies macht Asset-Preise über einen längeren Horizont prognostizierbar. Shiller bindet in seine Modelle irrationale Erwartungen der Marktteilnehmer ein. Beide Wissenschaftler sind sich einig, dass die erwartete Rendite einer Aktie als Preis für die Übernahme von Risiken zu bewerten ist und dass diese Rendite zeitvariant ist. Nur basiert die Preisbildung einmal auf rationalem und einmal auf irrationalem Verhalten. Ein weiterer Zusammenhang zwischen Rendite und Preis wird durch das Minimum-Varianz-Prinzip beschrieben. Dabei geht es um die Minimierung des Risikos (Varianz) bei einer vorgegebenen Rendite. Tatsächlich konnten sich diversifizierte Portfolios nach dem Platzen der Technologie-Blase 2003 besser entwickeln als weniger oder nicht diversifizierte Portfolien. Mit der Subprime-Krise im Jahr 2008 wurde aber schnell klar, dass statische, breit diversifizierte Mischportfolios aufgrund des Kursrückgangs über alle Assetklassen hinweg und einer Annäherung der Korrelationen nicht vor hohen Verlusten schützen. Basierend auf dieser Beobachtung haben wir bei Hauck & Aufhäuser einen dynamischen Multi-Asset-Allocation-Prozess etabliert, welcher die Erkenntnisse der modernen Finanzmarkttheorie und der Behavioral Finance kombiniert, um ein asymmetrisches Rendite-Risiko-Profil zu generieren. Dazu nutzen wir die Faktoren Bewertung und Momentum, um Assetklassen flexibel zu selektieren. So ist der Faktor Bewertung geeignet, um die Renditen von Aktien zu determinieren. Damit gehen wir in Anlehnung an Fama auf den Zusammenhang zwischen der Überrendite von unterbewerteten Wertpapieren und ihrem erhöhten Risiko ein. Der Faktor Momentum hingegen wird hauptsächlich als Finanzmarktanomalie angesehen und findet daher seinen Erklärungsansatz in der Behavioral Finance. Die Wissenschaftler Nicholas Barberis, Andrei Shleifer und Robert Vishny (1998) sowie Harrison Hong und Jeremy Stein (1999) führen diese Anomalie auf Über- und Unterreaktionen der Marktteilnehmer auf neue Informationen zurück. Multi-Asset-Fonds werden häufig mit klassischen Mischfonds oder auch mit Absolute-Return-Produkten verglichen. Aber im Gegensatz zu statischen Mischfonds steht Multi-Asset-Fonds eine Vielzahl verschiedener Assetklassen zur Verfügung. Neben den traditionellen Anlageklassen Aktien und Anleihen sind dies unter anderem auch Rohstoffe, Geldmarkt, Gold und Währungen. Insgesamt greift die Multi-Asset-Strategie von Hauck & Aufhäuser auf 20 unterschiedliche Assetklassen zurück. Basierend auf den Faktoren Bewertung und Momentum werden heftige Kursausschläge mittels einer dynamischen Allokation vermieden, welche auf die aktuelle Marktlage ausgerichtet und nicht durch starre Risikomanagementsysteme konditioniert ist. In Zeiten des Abschwungs werden risikoärmere Klassen wie Staatsanleihen oder Geldmarktpapiere aufgestockt. In Aufwärtsphasen verfolgt das Management eine risikofreudige Strategie mit einer höheren Gewichtung von Aktien und Rohstoffen. Die Anlageklassen können dabei Investitionsquoten zwischen 0 % und 100 % einnehmen. Ziel unserer Multi-Asset-Strategie ist eine stabile, im besten Falle zum Aktien- und Rentenmarkt schwach korrelierte Wertentwicklung, welche insgesamt eine attraktive Rendite-Risiko-Struktur aufweist: Bei einer Volatilität von 6 % bis 8 % soll eine Rendite von 3 % bis 5 % generiert werden. Gerade in schwankungsreichen Märkten sowie im aktuellen Niedrigzinsniveau eigenen sich flexible Multi-Asset-Fonds gut als Beimischung, um die Schwankungsbreite und Marktabhängigkeit eines Portfolios zu reduzieren. Die niedrige Korrelation unserer Multi-Asset-Strategie relativ zu den Aktien- und Rentenmärkten (gemessen am MSCI World und am Barclays EuroAggregate Index) unterstreicht dies. Dazu teilen wir den Faktor Bewertung in Carry und Mean Reversion auf. Carry besitzt Prognosegüte für alle Assetklassen und ist ein veritables Instrument zur Verbesserung der Renditen im Querschnittsvergleich verschiedener Assetklassen. Ralph Koijen et al. (2013) definiert Carry als erwartete Rendite bei gleichbleibendem Börsenkurs. Für Aktien wären demnach Werte mit hoher Dividendenrendite einer Investition in Aktien mit niedriger Dividendenrendite vorzuziehen. Mean Reversion hingegen profitiert davon, dass Marktineffizienzen zu Unterbewertungen einzelner Assetklassen im Vergleich zur eigenen Historie führen können. Auch hier gehen wir davon aus, dass sich die Unter- beziehungsweise Überbewertung eines Wertpapiers langfristig auflöst. Flexible KombinationDer zweite Faktor, Momentum, bemisst die absolute Wertentwicklung einer Anlage. Anlagen können im Zeitverlauf Trends in ihrer Wertentwicklung ausbilden. Der Momentum-Faktor führt zurück ins 18. Jahrhundert zu David Ricardo. Er erkannte bereits damals, dass Wertpapiere, die in der Vergangenheit eine positive (negative) Rendite generiert haben, auch in Zukunft tendenziell eine positive (negative) Rendite erwirtschaften werden. Märkte mit einer stabilen, positiven Wertentwicklung und einer attraktiven Bewertung werden somit bevorzugt. Die flexible Kombination der beiden Faktoren Bewertung und Momentum ermöglicht ein Rendite-Risiko-Profil, das der statischen Diversifikation – wissenschaftlich belegt – überlegen ist. —-Achim BackhausLeiter Portfoliomanagement Multi Asset Hauck & Aufhäuser Privatbankiers