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Ein Jahr im Bann der Dollar-Rally

Von Stefan Schaaf, Frankfurt Börsen-Zeitung, 29.12.2015 Wer vor zwölf Monaten eine Position auf einen steigenden Dollar nahm, der erlebte im Jahr 2015 ein Wechselbad der Gefühle: Euphorie in den ersten Monaten, banges Hoffen im Frühsommer,...

Ein Jahr im Bann der Dollar-Rally

Von Stefan Schaaf, FrankfurtWer vor zwölf Monaten eine Position auf einen steigenden Dollar nahm, der erlebte im Jahr 2015 ein Wechselbad der Gefühle: Euphorie in den ersten Monaten, banges Hoffen im Frühsommer, Verzweiflung im August und dann langsame Rückkehr des Optimismus – und schließlich zum Jahresende eine ordentliche Rendite von 8,5 %. Um diesen Wert ist der Dollar-Index gestiegen, der den Wert des Greenback zu sechs anderen Industrieländerwährungen abbildet.Eine Long-Position auf den Dollar erscheint im Nachhinein eine vollkommen logische Anlage. Aber: Vor zwölf Monaten dürfte dies für Kopfschütteln gesorgt haben. Zur Erinnerung: Mitte Dezember 2014 lautete die Reuters-Prognose für den Euro-Kurs mit Sicht von zwölf Monaten im Median auf 1,20 Dollar. Dies entsprach in etwa dem Jahresschlussstand, wobei zu erwähnen ist, dass die Europäische Zentralbank (EZB) schon zu dieser Zeit begann, den Euro verbal zu schwächen. Start mit Euro-SchwächeEs kam jedoch anders: Insbesondere die ersten Monate des Jahres waren von einer deutlichen Euro-Abwertung und einer breiten Dollar-Rally gekennzeichnet, die auch Yen und Schwellenländerwährungen belasteten. Grund dafür, dass die Marktteilnehmer gleich zu Jahresbeginn mit ihrer Prognose danebenlagen, waren die falschen Erwartungen an die beiden global wichtigsten Notenbanken: Die EZB lockerte – insbesondere über Anleihekäufe – ihre Geldpolitik zunächst weit stärker, als dies die Marktteilnehmer antizipiert hatten. Aber auch mit ihrer Erwartung an die Federal Reserve lagen die Akteure im ersten Quartal falsch: Sie setzten auf eine frühe Zinserhöhung in den USA, weshalb der Dollar so stark aufwertete. In diesem Umfeld stürzte der Euro-Kurs regelrecht ab, von 1,2097 Dollar zum Jahresschluss 2014 auf sein am 15. März erreichtes Jahrestief von 1,0458 Dollar. Die Parität der beiden Währungen schien erstmals seit Dezember 2002 wieder möglich.Doch dazu kam es nicht, insbesondere weil die Erwartungen an die Fed zu weit gelaufen waren. Sie machte im März einen verbalen Rückzieher von einer frühzeitigen Zinserhöhung, ebenso wie auch im Juni und September, und ließ die Märkte bis Mitte Dezember diesbezüglich schmoren. Die Folge waren starke Kursausschläge im Euro-Kurs, der am 24. August wieder auf 1,1711 Dollar anstieg. Mit dem aktuellen Niveau bei rund 1,0968 Dollar hat der Euro im Jahresverlauf 10,4 % an Wert verloren. Der Greenback hatte im Herbst wieder begonnen seinen Aufwärtstrend aufzunehmen, als sich die Signale für eine Zinserhöhung in den USA mehrten. Als Fed-Chefin Janet Yellen am 16. Dezember die historische Entscheidung bekannt gab, immerhin hatte die US-Notenbank zuletzt im Juni 2006 die Zinsen angehoben, war das bereits mehr oder weniger in den Dollar-Kurs eingepreist, der Greenback läuft seither weitgehend seitwärts. US-Konjunktur eher mauMit einer Wiederaufnahme seiner Rally rechnen inzwischen auch immer weniger Marktteilnehmer, da die Konjunktur in den USA eher mau verläuft. Hingegen ist das Potenzial für eine weitere Euro-Abwertung begrenzt, da die Wirtschaft in der Währungsunion moderat auf Wachstumskurs bleibt und der Basiseffekt aus den billigen Rohstoffen bei der Inflationsrate langsam auslaufen dürfte. Damit schrumpft der Spielraum der EZB für eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik. Im zu Ende gehenden Jahr werteten jedoch nicht nur die Industrieländer-Währungen in der Breite zum Dollar ab, was sich an dem deutlichen Zugewinn des Dollar-Index ablesen lässt. Noch stärker unter Druck standen die Valuten aus Schwellenländern, die unter anderem unter der Erwartung einer sinkenden Zinsdifferenz zu den USA litten. Ein von J. P. Morgan berechneter Index für die Anlageklasse büßte 2015 bislang 15,3 % an Wert ein. Ölpreis sackt abBesonders schlimm erwischte es Währungen von Ländern mit internen politischen und makroökonomischen Schwierigkeiten wie etwa Brasilien, dessen Real in den vergangenen zwölf Monaten rund ein Drittel an Wert zum Dollar verlor. Aus ähnlichen Gründen wertete der südafrikanische Rand um 24 % ab. Unter Druck standen aber auch Rohstoffwährungen wie der australische und kanadische Dollar sowie die norwegische Krone, die deutlich stärker als der Euro an Wert gegenüber dem Dollar verlor. Grund dafür ist der drastische Preisrückgang bei Rohöl: Die global führende Sorte Brent verbilligte sich 2015 um 36 % auf nur noch 36,75 Dollar je Fass. Infolge der Turbulenzen gaben einige Länder ihre Dollar-Bindung auf wie jüngst das rohstoffreiche Aserbaidschan.