Embargo treibt Ölpreis an
ku Frankfurt
Die Verhängung eines weitgehenden Ölembargos gegen Russland durch die Europäische Union (EU) hat am Dienstag den Ölpreis weiter nach oben getrieben. Die Notierung der wichtigsten Rohölsorte Brent Crude legte um 1,5% auf 123,45 Dollar je Barrel zu. Noch deutlich stärker fiel der Anstieg der wichtigsten amerikanischen Sorte aus. West Texas Intermediate (WTI) verteuerte sich um 3,1% auf 118,57 Dollar. Gemäß den Beschlüssen der Regierungen der Mitgliedstaaten will die EU bis Ende des Jahres auf die 65% der Ölimporte aus Russland verzichten, die über den Seeweg und nicht über Pipelines erfolgen. Ausgenommen sind lediglich Importe über die Druschba-Pipeline. Deutschland und Polen verpflichten sich zusätzlich, bis Ende des Jahres auch über diese Pipeline kein Öl mehr aus Russland zu beziehen, so dass die EU dann auf 90% der Ölimporte aus Russland verzichten würde. Die dann noch verbleibenden 10% des bisherigen Volumens entfallen auf Pipeline-Importe Ungarns, der Slowakei und Tschechiens. Nach den Zahlen der Internationalen Energieagentur hat die Europäische Union im April noch 3,4 Mill. Barrel Öl pro Tag (bpd) aus Russland importiert. Das bedeutet, dass die EU neue Anbieter für 3 Mill. bpd finden muss.
Nach Einschätzung der Analysten der Commerzbank wird diese Aussicht für steigende Preise sorgen. Sie erwarten, dass sich die EU verstärkt in Westafrika umschauen wird, und verweisen in diesem Zusammenhang auf Daten, die erhöhte Öllieferungen von 660000 bpd aus Nigeria, Angola und Kamerun ausweisen. Gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 ergebe sich für den April bereits ein Anstieg um 17%. Zudem sei verstärkt Öl aus den Vereinigten Arabischen Emiraten in die EU transportiert worden.
Noch fehlen viele Details zu den EU-Beschlüssen. Bislang war es so, dass die EU entgegen ihren eigenen Deklamationen russisches Öl importiert hat, das durch Vermischung mit Sorten aus anderen Ländern quasi umetikettiert wurde. Ob dies künftig ebenfalls unterbunden werden soll, ist noch nicht klar. Erwartet wird, dass Russland nur wenig Schwierigkeiten haben wird, die betreffenden Ölmengen in Asien abzusetzen. Der weiter steigende Ölpreis dürfte dabei die Preisnachlässe, die Russland möglicherweise gewähren muss, mehr als ausgleichen.
Der russische Gasexporteur Gazprom hat am Dienstag die Lieferungen an den größten niederländischen Gashändler Gasterra eingestellt, da sich dieser weigert, in Rubel zu bezahlen. Erwartet wird auch, dass Lieferungen an den größten dänischen Importeur Ørsted aus demselben Grund eingestellt werden.