IM INTERVIEW: HENRIK BLOHM, BANQUE DE LUXEMBOURG INVESTMENTS

"Es ist sehr schwierig, die nächste Apple-Aktie zu finden"

Mid Caps schlagen langfristig Small und Large Caps - US-Markt bietet interessante Perspektiven - Trumps Steuerreform stimuliert - Resmed als Aushängeschild

"Es ist sehr schwierig, die nächste Apple-Aktie zu finden"

Henrik Blohm, US-Aktienspezialist bei der Banque de Luxembourg Investments (BLI), legt Investoren insbesondere mittelgroße Aktienwerte (Mid Caps) des amerikanischen Aktienmarktes ans Herz. Denn Mid Caps würden auf lange Sicht eine bessere Performance hinlegen als die Small und Large Caps. Immerhin würden die mittelgroßen Aktientitel sich in der attraktivsten Phase des Unternehmenslebenszyklus befinden. Blohm stellt im Interview der Börsen-Zeitung dar, um welche einzelnen Aspekte es sich handelt, mit denen diese Unternehmen überzeugen. Darüber hinaus erläutert er, in welchen Bereichen des US-Aktienmarktes er gute Investitionsgelegenheiten sieht.- Herr Blohm, Sie investieren vorwiegend in Mid Caps, aber auch in kleinere Unternehmen. Wie schlagen sich Mid Caps im langfristigen Vergleich mit Small und Large Caps?In meinem Fonds, dem BL-American Smaller Companies, halte ich derzeit rund 80 % Mid Caps und nur 15 % Small Caps. Small Caps gelten fälschlicherweise als Renditespitzenreiter am Aktienmarkt. Denn Mid Caps schneiden langfristig besser ab als Small und Large Caps. Außerdem erzielen Mid Caps ihre Outperformance mit einer vergleichsweise geringeren Volatilität als Small Caps. Zudem haben Mid Caps die Large Caps nicht nur in Hausse-Phasen geschlagen, sondern bieten in Baisse-Phasen eine fast vergleichslose Verlustabsicherung. Sieht man sich das historische Rendite-Risiko-Verhältnis an – auch bekannt als Sharpe Ratio -, erzielen Mid Caps die besseren Sharpe Ratios im Vergleich zu Small und Large Caps.- Was sind die Gründe für das bessere Abschneiden der Mid Caps?Das Hauptargument ist sicherlich, dass sich Mid Caps in der attraktivsten Phase des Unternehmenslebenszyklus befinden. Nach Bewältigung der schwierigen Anlaufphase treten mittelgroße Unternehmen in eine Phase ein, in der sich ihr gesamtes Wachstumspotenzial entfaltet. Mit allem Respekt gegenüber Large Caps ist das Hauptargument für höheres Wachstum schlichtweg die Mathematik, denn relativ betrachtet ist es natürlich leichter, von einer niedrigen als von einer höheren Basis aus zu wachsen. Mid Caps bieten auch einen Vorteil gegenüber Small Caps, da sie in der Regel ausgereifter sind und deshalb höhere Cash-flows, solidere Bilanzen, erfahrenere Managementteams sowie bessere Marktpositionen und Produkte aufweisen. Mid Caps befinden sich in einer Phase des Geschäftszyklus, in der sie stabiles und rentables Wachstum und hohe Renditen für ihre Aktionäre generieren.- Aus einem Small Cap wird irgendwann vielleicht auch ein Mid Cap. Wie beurteilen Sie diese Phase des Lebenszyklus eines Unternehmens?Das ist richtig. Das Problem ist nur, dass sich oftmals nur sehr wenige Unternehmen durchsetzen können. Und von daher ist es auch sehr schwierig, die nächste Apple-Aktie zu finden. Die Firmen müssen sich noch etablieren, das Management ist weniger erfahren, und die Bilanzen sind weniger stabil. Darüber hinaus sind die Rentabilität und der freie Cash-flow niedriger. Das bedeutet insgesamt ein höheres Geschäftsrisiko. Der Small-Cap-Bereich am Aktienmarkt ist nicht ohne Gründe volatiler als der Mid-Cap- oder Large-Cap-Bereich. Wir investieren aber trotzdem auch in Small Caps, die unsere Qualitätskriterien erfüllen, da wir auf diese Weise schon frühzeitig an der Entwicklung interessanter Unternehmen partizipieren können. Zudem profitieren wir von einem breiteren Chancenspektrum von Anlagen. In diesem Marktsegment lassen sich aber auch gute Unternehmen finden, die beispielsweise in attraktiven Nischenmärkten tätig sind, rentabel arbeiten und ein gutes Wachstumspotenzial aufweisen.- Sie verfolgen den Ansatz, in Qualitätsunternehmen zu investieren. Welche langfristigen Erfahrungen haben Sie in Renditehinsicht bei Mid Caps gemacht?Bei großen Unternehmen ist die Qualitätsprämie gut dokumentiert. Gleiches gilt aber auch für mittelständische Gesellschaften, da erstklassige Mid Caps im Gegensatz zu Unternehmen minderer Qualität von langfristigen Performancevorteilen profitieren. Hochkarätige Mid Caps schnitten im Vergleich zu schwächeren Mid Caps in den meisten Zeiträumen und in den meisten Marktphasen besser ab. Des Weiteren ist Wachstum eine wichtige Determinante für langfristige Renditen. Die Erzielung eines überdurchschnittlichen Wachstums führt im Mittelstandssegment zu starken Performancevorteilen gegenüber langsamer wachsenden Unternehmen. Der historische Sweet Spot des US-Aktienmarktes liegt demzufolge in schnell wachsenden Qualitätsunternehmen aus dem Mid-Cap-Segment, und genau dort liegt unser Anlagefokus.- Warum sind Anleger in Mid Caps aber häufig unterinvestiert?Mid-Cap-Aktien sind vielerorts immer noch eine unterrepräsentierte Anlageklasse in vielen Investmentportfolios, da das Anlagevolumen deutlich geringer ist, als die Marktkapitalisierung vermuten lässt. Das Mid-Cap-Segment repräsentiert fast 26 % der gesamten Marktkapitalisierung von US-Aktien, ist in den Portfolios von US-Aktienfonds oder ETF aber nur mit 13 % vertreten. Diese Tatsache hat zur Folge, dass Mid Caps strukturell unterbewertet sind. Die meisten Investoren sind fälschlicherweise davon überzeugt, dass sie indirekt über US-Investmentfonds oder ETF ausreichend in Mid Caps investiert sind. Eine aggressivere Strategie in der Hoffnung, eine höhere Rendite zu erwirtschaften oder eine bessere Diversifikation zu erzielen, wird meistens über Small Caps gefahren und eben nicht über Mid Caps.- Wie sieht es mit der Abdeckung des Marktes durch Analysten aus, und was bedeutet das für Fondsmanager in diesem Segment?Das Universum von kleineren Unternehmen ist weniger gut von Analysten abgedeckt, als das im Vergleich dazu bei Indizes von Großunternehmen der Fall ist. Die fehlende Abdeckung durch Analysten hat zur Folge, dass der Markt mehr Zeit braucht, um den Wert von kleineren und mittleren Unternehmen zu beurteilen. Große Unternehmen, die vergleichsweise mehr Einschätzungen und Empfehlungen von Analysten erhalten, profitieren von einer hohen Markteffizienz, da Unternehmensmeldungen umgehend in die Aktienkurse eingepreist werden. Umgekehrt werden kleinere Unternehmen seltener von Analysten empfohlen, was zu einer langsameren Verbreitung der Informationen am Markt führt. Das bietet Fonds- und Portfoliomanagern aber gute Chancen für die Generierung von Alpha.- Wie sieht es mit dem Aspekt der Übernahmefantasie in diesem Bereich aus?Einige Small- und Mid-Cap-Aktien sind aufgrund ihrer Finanzkraft und Wachstumsmerkmale begehrte Übernahmeziele. Seit Auflegung des BL-American-Smaller-Companies-Fonds vor gut zwei Jahren wurden fünf Unternehmen aufgekauft. Dies waren Valspar, Whitewave, Mead Johnson Nutrition, C.R. Bard und Amplify Snack Brands. In dem aktuellen Umfeld der US-Steuerreform, in dem große Unternehmen nun niedrigere Steuern zahlen werden und ihre im Ausland befindlichen liquiden Mittel unter günstigen Konditionen zurück in die USA holen können, sollten die Unternehmensübernahmen bei kleineren Unternehmen eher zu- als abnehmen.- Sie investieren bekanntermaßen am US-Markt: Wie sind die amerikanischen Mid Caps und Small Caps 2017 gelaufen, und was waren die Haupteinflussfaktoren dieses Marktsegments?Die US-Aktien haben ein exzellentes Jahr hinter sich, das nicht nur durch hohe, sondern auch konstante Renditen mit einer sehr niedrigen Volatilität in die Geschichte eingehen wird. In jedem Monat des Jahres 2017 kannten die US-Aktien nur eine Richtung, und zwar nach oben. Das war das erste Mal seit dem Jahr 1958. In diesem Marktumfeld schnitten Mid Caps besser als Small Caps ab, blieben aber hinter den Large Caps zurück. Gründe für die gute Performance waren das synchrone Anziehen der weltweiten Konjunkturentwicklung sowie der Unternehmensgewinne, aber auch die US-Steuerreform, die dann kurz vor Weihnachten noch unterzeichnet wurde.- Wie schätzen Sie die konjunkturelle Entwicklung in den USA in diesem Jahr ein?2017 setzte US-Präsident Donald Trump seine erste große Reform durch, mit der sich die Besteuerung der Unternehmen ändert und die nominale Steuerbelastung für Privatpersonen und Unternehmen sinken wird. Die Körperschaftsteuer wird in den USA 2018 von 35 % auf 21 % zurückgehen, was sich deutlich auf das Gewinnwachstum der Unternehmen auswirken wird. Was die konjunkturelle Lage betrifft, so bleiben die Wachstumsaussichten in den USA ebenfalls gut. Die wichtigsten Frühindikatoren – wie die Einkaufsmanagerindizes – lassen darauf schließen, dass das Wirtschaftswachstum 2018 robust bleiben wird. Die steuerpolitischen Maßnahmen dürften dem Wachstum einen zusätzlichen Schub verleihen.- Wie sind die Perspektiven in diesem Umfeld für Mid und Small Caps in diesem Jahr?Der US-Aktienmarkt bietet Investoren zu jeder Zeit sehr interessante Perspektiven. An keinem anderen Aktienmarkt der Welt findet man eine derart hohe Anzahl an hochinnovativen und profitablen Unternehmen wie in den USA. Der Markt für kleinere US-Unternehmen ist in etwa so groß wie der gesamte europäische Aktienmarkt. Die amerikanischen Small und Mid Caps profitieren am stärksten von der größten und dynamischsten Volkswirtschaft der Welt. Mit ihrer höheren Abhängigkeit von der US-Binnenwirtschaft im Vergleich zu Large Caps sollten sie auch am meisten von der US-Steuerreform profitieren. Die Senkung der Steuersätze wird die Ergebnisse nach Steuern bei diesen Firmen am meisten beflügeln.- In welchen Branchen sind Sie derzeit am stärksten vertreten, und durch welche Vorzüge zeichnen sich diese aus?Bei der Aktienauswahl fahren wir einen Bottom-up-Ansatz. Wir versuchen, solche Firmen ausfindig zu machen, die einen klaren Wettbewerbsvorteil genießen und die sich in ihrem Marktsegment behaupten und wachsen können. Dank dieses Wettbewerbsvorteils weisen diese Firmen zumeist eine sehr solide Finanzstruktur auf, sind hochrentabel und generieren einen starken und regelmäßigen freien Cash-flow, der dem Aktionär zugutekommt. Auch wenn das makroökonomische Umfeld wichtig für die Entwicklung des Unternehmens ist, gilt unser Hauptaugenmerk den Risiken und Chancen des Geschäftsmodells des Unternehmens. Das Ergebnis unserer Aktienauswahl führt zurzeit zu einer stärkeren Gewichtung der defensiveren Sektoren. Dazu gehören der nichtzyklische Konsum und der Gesundheitssektor. Darüber hinaus stammen die meisten Unternehmen aus dem zyklischen Konsum, der Industrie und dem Technologiesektor. Unsere Sektorallokation ist ein Resultat unserer Aktienauswahl und nicht das Ergebnis einer Top-down-Entscheidung.- In welchen Branchen sind Sie dagegen eher unterrepräsentiert?Auch wenn wir per se von vornherein keine Branchen ausschließen, führt unser Investmentansatz doch eher dazu, dass einige Sektoren in unserem Fondsportfolio weniger stark gewichtet sind. Energietitel und Bankwerte kommen nur sehr selten in unseren Portfolios vor. Auch Versorger, die eine hohe Kapitalintensität haben und keine richtige Preissetzungsmacht genießen, findet man bei uns nicht vor. Der Ansatz bringt es mit sich, dass unsere Gewichtung stark von dem entsprechenden Referenzindex abweichen kann.- Welche Namen, die auch in Ihrem Fondsportfolio vertreten sind, legen Sie Anlegern besonders ans Herz?Der Fokus der Anleger sollte immer auf Qualitätsunternehmen mit einem nachhaltigen Wettbewerbsvorteil und starken Investmentthesen liegen. Zudem sollten die Unternehmen von langfristigen Trends profitieren wie etwa der Alterung der Bevölkerung, Automation, Digitalisierung, gesünderes Leben et cetera. Ein gutes Beispiel für ein solches Qualitätsunternehmen ist Resmed, die zurzeit größte Position im Fonds. Resmed ist der führende Anbieter von Therapielösungen für das Schlafapnoesyndrom. Das Unternehmen produziert medizinische Atemgeräte und Masken für die Schlaftherapie. In den USA, dem am stärksten gesättigten Markt der Welt, haben schätzungsweise ein Viertel aller Menschen dieses Problem; es befinden sich aber nur 10 % bis 15 % der Patienten in Behandlung. Ein größeres Bewusstsein und benutzerfreundlichere Testoptionen dürften eine stärkere Marktdurchdringung ermöglichen.- Welche Kandidaten sehen Sie sich als mögliche Ergänzungen Ihres Portfolios derzeit an, das heißt, wo sehen Sie also aussichtsreiche Perspektiven?Aktuell screenen wir den Markt nach einem Unternehmen, das im Bereich des gesünderen Essens aktiv ist. Wir suchen nach einem geeigneten Nachfolger für Amplify Snack Brands, die vor kurzem von Hershey aufgekauft wurde. Es sind die kleineren und stark wachsenden Unternehmen, mit Fokus auf natürlichere und gesündere Produkte, die den Großunternehmen ihre Marktanteile streitig machen. Das macht diese Unternehmen zu klaren Übernahmekandidaten. Des Weiteren schauen wir uns gerade Unternehmen an, die ganze Produktionsstraßen für Lebensmittelunternehmen anbieten, angefangen bei der Herstellung beziehungsweise Zubereitung des jeweiligen Produkts, über Abfüllanlagen bis hin zu Produktverpackungen. Dank ihrer neuen hoch effizienten Produktionslinien sind die Investitionskosten der Kunden bei diesen Unternehmen sehr schnell amortisiert.- Bei welchen Unternehmen tendieren Sie eher zu Gewinnmitnahmen, oder wo sind Sie vorsichtig?Solange die Investmentthese für ein Unternehmen stimmt, kommt es nur selten vor, dass wir gleich die gesamte Position verkaufen, wenn denn mal verkauft wird. Verkaufsentscheidungen basieren immer auf der aktuellen Unternehmensbewertung. Das war zuletzt bei Idexx Laboratories oder Align Technology der Fall, wo sich langfristig aber nichts an der Investmentthese geändert hat, wir aber trotzdem einen Teil der Position aus Bewertungsgründen verkauft haben. Idexx Laboratories ist ein globaler Marktführer im Bereich der Tiergesundheit. Das Unternehmen stellt Tierärzten ein integriertes Portfolio von IT-basierten Diagnoseprodukten und Dienstleistungen zur Verfügung und profitiert von der starken Nachfrage nach Haustieren. Align Technology wiederum gewinnt mit seinen nahezu unsichtbaren Verfahren zur Zahnbegradigung Marktanteile gegenüber herkömmlichen Zahnkorrekturverfahren hinzu.—-Das Interview führte Kai Johannsen.