DEVISENWOCHE

Euro-Anleger hoffen auf Exit-Auftrieb

Von Georg Blaha, Frankfurt Börsen-Zeitung, 3.4.2012 Nichts, aber auch gar nichts, scheint den Euro derzeit aus seinen Bahnen bringen zu können. Der Nachrichtenfluss bezüglich der Euroland-Krise ist reichhaltig, doch auf die Diskussion um die...

Euro-Anleger hoffen auf Exit-Auftrieb

Von Georg Blaha, FrankfurtNichts, aber auch gar nichts, scheint den Euro derzeit aus seinen Bahnen bringen zu können. Der Nachrichtenfluss bezüglich der Euroland-Krise ist reichhaltig, doch auf die Diskussion um die richtige Größe der Rettungsschirme ESM und EFSF reagiert die Devise wenig bis gar nicht. Sorgen um Spanien? Ein kurzes Abtauchen unter die Schwelle von 1,33 Dollar, doch am nächsten Handelstag notiert die Devise gleich wieder darüber. Auch auf Konjunkturdaten, die so wie die endgültigen Indizes der europäischen Einkaufsmanager durchaus Anlass zu Sorgen um die Wachstumsaussichten im Währungsgebiet bieten, will der Euro nicht reagieren. Hartnäckig hält sich das Gemeinschaftsgeld um die 1,33 Dollar. Analysten sehen aus charttechnischer Sicht feste Bandbreiten für Euro/Dollar, die je nach Haus zwischen etwa 1,30 und 1,35 oder 1,32 und 1,34 liegen.In der begonnenen Woche gibt es mit der Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Mittwoch ein Ereignis, das die Weichen für einen Ausbruch aus der vergleichsweise engen Handelsspanne von Euro/Dollar stellen könnte. Das Schlüsselwort lautet: Exit-Strategie. Nach fünf Jahren Finanzkrise und vier Jahren Niedrig- bzw. Nullzinspolitik der großen Notenbanken ist eine globale Zinswende und ein Ausstieg aus den liquiditätsspendenden Sondermaßnahmen zwar alles andere als unmittelbar bevorstehend.Doch Euro-Anleger sind gut beraten, die kommende Pressekonferenz der EZB auf Hinweise abzuhören, die auf einen Ausstieg der Notenbank aus ihrer Krisenpolitik hindeuten könnten. Zur Debatte stehen ein Drehen an der Zinsschraube, Änderungen bei der Vollzuteilung bei den Refinanzierungsoperationen sowie eine Erhöhung der Mindestreserve, die Banken bei der Notenbank hinterlegen müssen. All diese Maßnahmen würden die Liquidität im Euroraum beschränken bzw. verteuern und die Bilanzsumme der EZB verkürzen. Damit würden die Geldmarktzinsen ihren Abwärtstrend beenden und eine sich wieder ausweitende Zinsdifferenz dem Euro zum Dollar Auftrieb verleihen. Mit Blick zunächst auf die Leitzinsen als “Standard-Maßnahme” der Notenbank halten die meisten EZB-Beobachter eine Erhöhung oder Hinweise darauf in der kommenden Sitzung für unwahrscheinlich. Umfragen zufolge stuft eine Mehrheit von Volkswirten einen solchen Schritt als höchst schädlich für die schwache Konjunktur um Euroraum ein.Bei möglichen Änderungen der Geldmarktoperationen der EZB gibt es jedoch geteilte Meinungen. Die Analysten der Citigroup gehen davon aus, dass sich die EZB jeglicher “Exit”-Kommentare vorerst enthalten werden. Sie begründen ihre Einschätzung u. a. mit dem März-Statement der EZB, wonach der Notenbank alle Instrumente zur Verfügung stünden, Aufwärtsrisiken bei der Teuerung im Euroraum entgegenzutreten. Dies bedeute, auf steigende Inflationserwartungen könne die EZB immer noch reagieren – aber nicht jetzt. EZB unter ZeitdruckBei Barclays sieht man die Lage etwas anders. Den Geldmarktexperten des Hauses zufolge steht die EZB unter Zeitdruck, da die Notenbank ihre Vollzuteilung bei den Refinanzierungsgeschäften nur bis Mitte Juli zugesagt hat. Die Tatsache, dass sich die Notenbank zum Thema Vollzuteilung bis dato nicht geäußert hat, lasse darauf schließen, dass ähnlich wie im ersten Quartal 2010 einige Ratsmitglieder ein Ende der unbegrenzten Zuteilung favorisieren. Einige Gründe würden dafürsprechen. Nimmt man die sogenannte Benchmark-Zuteilung der EZB als Maß für die Überschussliquidität im Euroraum, so beträgt diese derzeit 939,5 Mrd. Euro. Nach den beiden Dreijahrestendern ist die Liquiditätslage vieler Banken mehr als komfortabel. Medienberichten zufolge will eine Reihe von Großbanken von der durch die EZB gegebenen Möglichkeit Gebrauch machen, die Dreijahresgelder schon nach Ablauf von zwölf Monaten zurückzuzahlen. Barclays zufolge spreche dies auch für Überlegungen, die Mindestreserve wieder hochzusetzen.Erste Exit-Überlegungen musste die EZB im Frühjahr 2010 vor dem Hintergrund der ersten Griechenlandkrise wieder aufgeben. Doch schon im Sommer lief die Exit-Debatte weiter, was dem Euro trotz aller Sorgen um die Peripheriestaaten im Herbst über 1,40 Dollar beförderte. Der Aufwärtsdruck erhöhte sich dann im ersten Quartal 2011, in dem die Währung dank angekündigter Zinserhöhung beinahe auf 1,50 Dollar kletterte – trotz damals schon absehbarer neuer Probleme. Die EZB dürfte nun zwar vorsichtiger agieren. Doch alles, was nach Exit aussieht, wird dem Euro Auftrieb in Richtung 1,40 geben. Auch der Umkehrschluss ist wahr: Hält sich die Notenbank zurück, dann haben eher die Prognosen der Banken Bestand, die den Euro zum Quartalsende bei 1,27 Dollar sehen.